Der Online-Riese Amazon gerät erneut ins Blickfeld der deutschen Wettbewerbsbehörde. Im Zentrum steht diesmal die Preisgestaltung auf dem Marktplatz des Unternehmens.
Händler berichten von undurchsichtigen Vorgaben, die sich direkt auf die Sichtbarkeit ihrer Angebote auswirken. Das Bundeskartellamt hat deshalb eine Prüfung eingeleitet und spricht von einem möglichen Verstoß gegen geltendes Wettbewerbsrecht. Besonders betroffen sind kleinere Händler – aber auch der gesamte Onlinehandel könnte beeinflusst werden.
Verdacht auf unzulässige Preisvorgaben an Händler
Amazon betreibt einen Marktplatz, auf dem externe Händler ihre Produkte anbieten können. Doch offenbar gibt das Unternehmen intern bestimmte Preisobergrenzen vor, an die sich Händler halten müssen, wenn sie ihre Produkte prominent sichtbar anbieten wollen. Überschreiten die Preise diese Grenze, verschwinden Artikel nicht nur aus der sogenannten „Buy Box“ – also dem Bereich, in dem Kundinnen und Kunden bevorzugt kaufen – sondern oft auch komplett aus den Suchergebnissen. In manchen Fällen werden die Angebote sogar entfernt.
Diese Eingriffe seien laut dem Bundeskartellamt nicht nachvollziehbar. Das Unternehmen nutze dynamische Systeme, sogenannte Algorithmen, um Schwellenwerte für Preise zu berechnen. Diese orientieren sich oft an den jeweils niedrigsten verfügbaren Preisen auf dem Markt. Händler, die teurer sind, werden entsprechend abgestraft.
Preisdruck trifft vor allem kleine Anbieter
Die Wettbewerbshüter betonen, dass dieser Mechanismus besonders kleinere Anbieter stark unter Druck setzt. Diese Unternehmen könnten ihre Kosten oft nicht decken, wenn sie gezwungen seien, sich an den von Amazon gesetzten Preisen zu orientieren. Die Konsequenz: Viele kleinere Händler ziehen sich zurück oder scheitern an der Preisgrenze. Das reduziert das Angebot auf dem Marktplatz und stärkt die Stellung von Amazon weiter.
Problematisch ist zudem, dass Amazon selbst als Verkäufer auf dem Marktplatz aktiv ist. Das bedeutet, das Unternehmen konkurriert direkt mit den Händlern, deren Preise es gleichzeitig kontrolliert. Ein möglicher Interessenkonflikt steht im Raum.
Auswirkungen über Amazon hinaus
Laut Einschätzung des Bundeskartellamts hat das Verhalten von Amazon nicht nur Auswirkungen auf die Plattform selbst. Auch der gesamte Onlinehandel könnte unter Druck geraten. Wenn Händler außerhalb von Amazon versuchen, mit besonders günstigen Preisen Kundschaft zu gewinnen, kann Amazon diese Preise unterbieten oder den betreffenden Anbieter auf der eigenen Plattform unter Druck setzen. Dies hemmt laut Behörde den freien Wettbewerb im Netz und schreckt Händler ab, auf eigene Preisstrategien zu setzen.
Amazon selbst wurde vom Bundeskartellamt nun dazu aufgefordert, zu den Vorwürfen Stellung zu nehmen. Wie es weitergeht, hängt auch davon ab, wie der Konzern die Vorwürfe kommentiert. Weitere Schritte der Behörde sind denkbar, wenn Amazon keine überzeugenden Gegenargumente liefert.


