Sowohl in ÖVP als auch SPÖ zeichnet sich eine immer deutlichere Mehrheit gegen ein Weiterführen der Koalitions-Verhandlungen ab. Insider: “Alles läuft Richtung Neuwahl.” 

Um 13 Uhr trafen sich ÖVP und SPÖ im Bundeskanzleramt, um die Verhandlungen über eine mögliche Koalition weiterzuführen, nachdem die NEOS am Freitag ausgestiegen waren. Die Stimmung war jedenfalls alles andere als gut. Ein SPÖ-Verhandler: „Es ist eine Frechheit, wie die ÖVP und Generalsekretär Stocker uns am Freitag attackiert haben. So kann man nicht zusammenarbeiten!“

Fest steht: In beiden Parteien gibt es mittlerweile eine breite Ablehnung gegen ein Weiterführen der Koalitionsgespräche. Die burgenländische SPÖ – die sich in der heißen Wahlkampfphase für die Wahl am 19. Jänner befindet – schießt ganz offen gegen eine Koalition mit der ÖVP. Der burgenländische SPÖ-Klubobmann Roland Fürst forderte Bundespräsident Alexander Van der Bellen unmissverständlich auf, „die Reißleine zu ziehen“.

Ähnlich scharfe Töne sind auf den ÖVP-Bundesländern – wenn auch vorerst hinter vorgehaltener Hand – zu hören. In Oberösterreich, Niederösterreich, Salzburg und Vorarlberg sei die Stimmung längst gekippt, berichten mehrere Landesvertreter oe24. Auch in der Steiermark und dem Burgenland sind die ÖVP-Landesparteien mehrheitlich für ein Aus der Koalitionsgespräche. „Eine Zweier-Koalition mit der SPÖ mit einem Mandat Überhang ist Harakiri und eine Dreier-Koalition mit den Grünen ist ohnehin denkunmöglich, da würde uns die ÖVP-Basis die Tür einrennen“, bringt es ein hochrangiger ÖVP-Politiker aus einem Flächenbundesland auf den Punkt.

Einzig in Wien dürfte die Landesparteispitze noch hinter Nehammers Verhandlungsentscheidung stehen. Allerdings gibt es rund um die Parteirebellen Laura Sachslehner und Manfred Juraczka auch hier immer mehr Stimmen, die für einen Verhandlungsstopp eintreten.

In den ÖVP-Ländern rechnet man mittlerweile damit, dass die Verhandlungen mit der SPÖ im Lauf der nächsten Woche platzen. „Das sind Pro-Forma-Verhandlungen, weil Nehammer versucht, doch noch irgendwie in eine Regierung zu kommen. Aber mit dieser SPÖ ist kein Staat zu machen. Das gleiche SPÖ-Team hat schon die Verhandlungen in Niederösterreich an die Wand gefahren und in der Steiermark haben sie auch keine Koalition mit der FPÖ zustande gebracht“, so ein ÖVP-Landespolitiker.

Hinzu kommt, dass die SPÖ in den heutigen Verhandlungen dem Vernehmen nach vorschlagen wird, die Grünen als „dritten Parten mit an Bord zu holen“. Eine Provokation für die ÖVP – insbesondere die Bundesländer, Wirtschafts- und Bauernbund. „Nur über unsere Leiche“, heißt es dazu unisono aus den beiden wichtigsten ÖVP-Bundesländern Niederösterreich und Oberösterreich.

Scheitern die Gespräche, gibt es zwei Möglichkeiten: Die ÖVP geht in Verhandlungen mit der FPÖ über eine mögliche blau-schwarze Koalition. Dazu müsste Karl Nehammer zurücktreten, er hatte ja eine Koalition mit Herbert Kickl bisher ausgeschlossen. Immer mehr in der ÖVP wünschen sich ein Comeback von Sebastian Kurz, der die ÖVP in diesem Fall aber nur als Juniorpartner in die Regierung führen würde. Möglich wäre dann, dass Kickl Kanzler wird, Kurz den Finanzminister macht und die ÖVP das Justizministerium bekommt. Als Alternativ-Kandidaten für eine blau-schwarze Koalition werden auf ÖVP-Seite der Wirtschaftskammer-Generalsekretär Wolfgang Hattmannsdorfer und NÖ-Vize-Landeshauptmann Stephan Pernkopf genannt.

Das realistischere Szenario ist aber, dass es zu Neuwahlen kommt: „Mit Sebastian Kurz würden wir dann wieder um den ersten Platz mitspielen. Dann sind die Karten neu gemischt“, so ein ÖVP-Insider. Und auch in der SPÖ rechnet man in diesem Fall mit einem neuen Spitzenkandidaten: Dem Wiener Finanzstadtrat Peter Hanke, Ex-Kanzler Christian Kern oder einem Gewerkschafts-Vertreter.

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