Wiener Zeitung – Harte Kritik wegen Aus der “Wiener Zeitung”

0
79

Am Vortag des letztmaligen Erscheinens der “Wiener Zeitung” hagelt es noch einmal harte Kritik von Seiten der Gewerkschaft, des Presseclubs Concordia sowie der Opposition. Die Umsetzung des neuen Gesetzes zur “Wiener Zeitung”, das von der türkis-grünen Regierung allen Bedenken zum Trotz kürzlich beschlossen wurde und am 1. Juli in Kraft tritt, gestalte sich “noch schlimmer als erwartet”, heißt es in einer Aussendung der Concordia. Die Gewerkschaft prangert den personellen Kahlschlag sowie das Unter-Druck-Setzen von Belegschaftsvertretern an und ortet Konzeptlosigkeit.

“Die Politik hat die Belegschaft und die Öffentlichkeit in dieser Frage schlicht belogen. Besonders empörend ist, dass ausgerechnet jene, die sich für die Kolleginnen und Kollegen eingesetzt haben und für den Weiterbestand gekämpft haben, jetzt massiv unter Druck gesetzt werden. Wir werden diese Kündigungen mit allen rechtlichen Mitteln bekämpfen,” sagt die Vorsitzende der Gewerkschaft GPA, Barbara Teiber.

“Die Gleichgültigkeit, wie hier über Betroffene hinweg gegangen wird und wie hier über Monate falsche Versprechungen gemacht wurden, ist ein Tiefpunkt der politischen Kultur im Land. Dass ausgerechnet die Repräsentanten der Republik Österreich als Eigentümer sich so verhalten, ist sehr beschämend. Dass nun auch die Beschäftigten der Druckerei Herold in Wien ihre Arbeit verlieren, ist nur eine Draufgabe in einem traurigen Kapitel der österreichischen Medienpolitik”, so Teiber.

“Zerstörung der Redaktion”

Die Concordia verweist auf Aussagen von Medienministerin Susanne Raab, die noch vor kurzem erklärt hatte, mit dem von der Regierung geplanten Umbau der Zeitung von einer Tageszeitung zu einer Mischung aus Online-Medium, Ausbildungszentrum, Verlautbarungsplattform und Content Agentur würde kein nennenswerter Stellenabbau einhergehen. “Heute wissen wir, dass dieser Beschwichtigungsversuch nicht der Wahrheit entsprach. Mit der Einstellung der Tageszeitung wird es auch zu einer Zerstörung der bisherigen Redaktion und zu einer Kündigungswelle im Unternehmen kommen. Bisher wurden mindestens 63 Verträge aufgelöst. Unter den Mitarbeiter*innen, die gehen müssen, ist das gesamte Team für Grafik und Layout, die Chefredaktion und sämtliche Ressortleiter*innen. Auch die seit 1995 erscheinende Online-Ausgabe ist somit Geschichte. Die Möglichkeit, dass das geplante Nachfolgemedium, das bereits im Juli starten soll, in derselben journalistischen Liga mitspielen kann, ist auszuschließen”, heißt es.

“Dieses Gesetz ist ein Tiefpunkt in der schon bisher nicht sehr hochstehenden Medienpolitik unseres Landes”, stellt dazu Concordia-Präsident Andreas Koller fest. Die Abwürgung der “Wiener Zeitung” sei eine kultur- und medienpolitische Schande ersten Ranges. Die Republik als Eigentümerin der Zeitung hätte die moralische Verpflichtung gehabt, für dieses hervorragende Medium ein tragfähiges Zukunftskonzept zu entwickeln.” Bedauerlich findet Koller, dass die Regierung “sämtliche konstruktiven Vorschläge von Expertinnen und Branchenkennern, wie die ,Wiener Zeitung‘ in die Zukunft zu führen sei, ignorierte und unbeirrbar ihren fatalen Kurs beibehielt.

Scharfe Kritik kam auch von den Neos. “Das Ende der ältesten Zeitung der Welt ist ein Totalversagen dieser Regierung, denn es wäre vermeidbar gewesen”, sagte Mediensprecherin Henrike Brandstötter, während die Redaktion der Wiener Zeitung die letzte Ausgabe finalisiert und ihre Schreibtische räumt. “Den Grünen, aber absurderweise auch der angeblichen Wirtschaftspartei ÖVP ist Privatisierung offenbar derart zuwider, dass sie die Wiener Zeitung lieber vernichtet beziehungsweise sich einnäht, statt sie einfach zu verkaufen oder etwa ein Genossenschaftsmodell zu entwickeln.”

Die älteste Tageszeitung der Welt sei gestorben, “um als PR-Maschine der Regierung Wiederauferstehung zu feiern. Das ist ein weiterer großer Schritt in Richtung Mediensystem à la Orbán. Mit dem Ergebnis, dass die Steuerzahlerinnen und Steuerzahler mehr denn je dafür zahlen und Dutzende Menschen nun ohne Job dastehen – in einer Zeit, in der es alles andere als rosig aussieht auf dem Medienmarkt.”

SPÖ-Chef Andreas Babler indessen erneuerte sein Versprechen, “Mittel und Wege” zu suchen, “um die ,Wiener Zeitung‘ als gedruckte Tageszeitung zurückzuholen, wenn die Sozialdemokratie in die Regierung kommt.

Kommentieren Sie den Artikel

Bitte geben Sie Ihren Kommentar ein!
Bitte geben Sie hier Ihren Namen ein