Der französische Kulturmanager Stephane Lissner wehrt sich gegen den Beschluss der italienischen Regierung, ihn zwei Jahre vor Ende seines Vertrags als Intendant von Neapels Opernhaus San Carlo abzusetzen. Lissner reichte Einspruch gegen den Regierungsbeschluss bei einem Arbeitsgericht ein, berichteten italienische Medien am Dienstag. Sollte das Gericht seinen Rekurs annehmen, wäre dies eine schwere Blamage für die Regierung um Premierministerin Giorgia Meloni.
Der Fall sorgt für Aufsehen in Italiens Kulturwelt. Der Ministerrat in Rom hatte am Donnerstag ein Dekret verabschiedet, laut dem Intendanten von Opernhäusern mit Vollendung des 70. Lebensjahres aus dem Amt ausscheiden müssen. Die derzeit amtierenden Intendanten, die zum Zeitpunkt des Inkrafttretens der Neuregelung das 70. Lebensjahr vollendet haben, werden am 10. Juni aus dem Amt ausscheiden müssen, beschloss die Regierung. Diese Neuregelung hat sofortige Auswirkungen für Lissner, der am 23. Jänner 70 Jahre alt geworden ist und daher am 10. Juni den Posten verlassen muss.
Italienische Medien berichteten, dass die Neuregelung von der Regierung um Premierministerin Giorgia Meloni ausgerechnet dafür verabschiedet worden sei, um den Intendantenposten in Neapel frei zu machen. Die Stelle beansprucht laut Insidern der am Montag zurückgetretene Geschäftsführer der Rai, der Kulturmanager Carlo Fuortes, den Meloni an der Spitze der öffentlich-rechtlichen TV-Anstalt mit einer Vertrauensperson aus dem eigenen Rechtslager ersetzen will. “Die Rechte will die Rai besetzen”, kritisierte die Oppositionspartei PD (Partito Democratico).
Lissner, der unter anderem Musikdirektor der Wiener Festwochen und Intendant der Pariser Oper war, ist seit 2019 Intendant des Teatro San Carlo in Neapel. Sein Vertrag läuft noch bis 2025. Von 2005 bis 2015 war er Intendant und künstlerischer Leiter der Scala und damit der erste Nicht-Italiener in dieser Position in der Geschichte des Mailänder Operntempels.
Die neue Regel der Regierung betrifft nicht den Intendanten der Mailänder Scala, Dominique Meyer, der 67 Jahre alt ist. Der Vertrag des Ex-Chefs der Wiener Staatsoper in Mailand läuft 2025 aus. Noch unklar ist, ob er verlängert wird. (apa)