Eine Oper von Nino Rota? – Tatsächlich! Das Label Capriccio legt “Il Cappello di Paglia di Firenze” (Der Florentiner Strohhut) vor – und das als Mitschnitt von Aufführungen der Grazer Oper. Eine Kuriosität?
Vielleicht. – Aber eine, auf die man sich unbedingt einlassen sollte.
Liebhabern der Filmklassiker ist Rota eher ein Begriff als Konzert- und Opernbesuchern: Nino Rota veredelte Federico Fellinis “I vitelloni”, “La strada”, “Il dolce vita”, “Satyricon” und “Amarcord”, Luchino Viscontis “Il Gattopardo”, Franco Zeffirellis “Romeo e Julia” und John Guillermins “Death on the Nile”. Für die Musik zu Francis Ford Coppolas “Der Pate” war er für den Oscar nominiert, für “Der Pate II” bekam er ihn. All diese außergewöhnlich gelungenen Filmmusiken machten ihn zu dem, neben Bernard Herrmann, wichtigsten Komponisten des Metiers in der zweiten Hälfte des 20. Jahrhunderts.

Was indessen kaum ins Bewusstsein gedrungen ist: Nino Rotas eigentlich wesentliches uvre besteht aus sinfonischer Musik, beispielsweise drei Sinfonien, Konzerten, u. a. eines für Harfe, und Kammermusik. Auch Opern komponierte Rota, darunter die Einakter “I due timidi” (Die beiden Schüchternen) und “La notte di un nevrastenico” (Die Nacht eines Neurasthenikers). “Aladino e la lampada magica” (Aladin und die Wunderlampe) fand, zur Kinderoper heruntergetaktet, seinen Weg an die Wiener Staatsoper.

Seine Komödie “Il Cappello di Paglia di Firenze”, eine “Farsa musicale” nach Eugène Labiche, 1955 in Palermo uraufgeführt, ist ein seltsamer Fall: In Italien ist sie erfolgreich. Sie wurde etwa in Rom gespielt, wo Rota selbst dirigierte und das Werk für Schallplatte aufnahm (leider nie auf CD umgeschnitten) und fand ihren Weg sogar an die Mailänder Scala, wo Diego Flórez die Tenor-Hauptrolle sang. Außerhalb von Italien gab es eine Aufführung an der Griechischen Nationaloper in Athen, in Brüssel war Magda Olivero der Star des hochkarätigen Ensembles.
Die Handlung? Ein Pferd frisst den Strohhut einer Frau. Der Besitzer des Pferdes steht knapp vor seiner Hochzeit. Schnell muss er Ersatz für den Strohhut besorgen – und schleppt die ganze Hochzeitsgesellschaft von einer bizarren Situation in die nächste.
Das Werk ist ein Wurf sonder gleichen: “Il Cappello di Paglia di Firenze” ist die witzigste und eleganteste komische Oper des ganzen 20. Jahrhunderts. Gerade Benjamin Brittens “Albert Herring” kann noch Paroli bieten. Rota ist eine Musikkomödie gelungen, als wäre er ein moderner Rossini: Es ist eine betont melodiöse Oper mit flotten Tempi, gepfefferter Harmonik und prickelnden Rhythmen. Sie hat ihre zirkushaften Elemente, und sie hat Arien und Ensembles von beispiellosem Erfindungsreichtum. Gleich den schrägen Marsch der Ouvertüre möchte man am liebsten mitpfeifen. Und dass die Singstimmen wirklich etwas zu singen und nicht nur zu deklamieren bekommen haben, ist in der Oper ein nicht zu verachtender Pluspunkt.
In der Grazer Aufführung sorgt Daniele Squeo am Pult der Grazer Philharmoniker für das rechte Brio, das glänzende internationale Ensemble gibt sich einer Italianità hin, als kämen sie alle aus Neapel oder Mailand. Es ist die reine Freude, die vom glänzenden Booklet noch gesteigert wird! Natürlich möchte man auch Rotas eigene Einspielung haben. Aber selbst, wenn sie endlich auf CD herauskäme, wollte man die aus Graz nicht missen. Auf DVD würde man das halt auch gerne sehen können. . .