Musikrundschau Österreich – Zuversichtlich und souverän

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Als Name dürfte Sibylle Kefer vielen dunkel geläufig sein. Sie war Sängerin bei den Amadeus-gekrönten Ausseer Hardbradlern, die zu den feinsten Protagonisten der sogenannten Neuen Volksmusik gehörten. Später zog es die ausgebildete und noch heute als solche aktive Musiktherapeutin mit dem Schwerpunkt Kinder und Jugendliche in den Dunstkreis Ernst Moldens. Sie ist fixes Mitglied in Moldens Frauenorchester und hat auch mit Willi Resetarits kooperiert.

Eigene Werke hat Kefer über die Jahre ebenfalls veröffentlicht. Diese noch ziemlich experimentellen, hochdeutsch und in einem Fall englisch intonierten Platten vertrieb sie unter dem Pseudonym SiE, das sie gleich auch ihrem eigenem Label sie-records überstülpte. Mit ihrem 2017 bei Bader Molden Recordings erschienenen vierten Album “Hob i di” fand sie, unter eigenem Namen und im Dialekt vortragend, zu einer kanalisierteren, weitläufig folkbasierten Musiksprache und damit auch ihre Wegrichtung. “Hoid” (Bader Molden Recordings), dieser Tage erschienen, heißt jetzt ihr neues Album.

Innenansichten

Sibylle Kefer singt nicht in Wiener, sondern oberösterreichischer Mundart. Sie ist in Bad Goisern aufgewachsen, wo so unterschiedliche Persönlichkeiten wie Jörg Haider, Hubert von Goisern oder Wilfried Scheutz herkamen/-kommen. Der Titel “Hoid” entspricht dem leicht resignativen deutschen Modalpartikel “halt” (“ist halt so”), doch Kefer legt ihn deutlich großzügiger aus: “Ein Dialektbegriff, der vieles beschreibt, einen Zustand des Einschätzens des Gegenwärtigen, ebenso ein Erkennen, vielleicht Akzeptieren, Hinnehmen, Gewähren, auch ein Begriff, der Raum schafft für eine aktualisierte Definition der Ausgangslage.”

Das legt eine gewisse Gelassenheit nahe. Jedenfalls ist das Album, obwohl die Arbeit daran mitten in der Pandemie begonnen und in weiterer Folge bekanntlich auch nicht von optimistisch stimmenden Zeitumständen begleitet wurde, nicht das typische “Krisenalbum”, wie wir es die letzten gut zwei Jahre gewohnt waren. Zwar beschwört es – das ist ja auch ein Charakteristikum dieses Typus – Hoffnung, aber weniger als “trotzdem” als aus einer grundsätzlichen Zuversicht heraus. “Weltgeschehen” kommt darin eher wenig vor, Zwischenmenschliches und Innenansichten dafür umso mehr.

Manchmal kann Kefers Ton durchaus harsch sein wie gleich zum Einstieg in die Platte: “Geh schleich di mit innere Werte.” Sie zeigt sich indes auch konstruktiv, indem sie eine partnerschaftliche Verstimmung mit einem guten Essen zu reparieren verspricht, dann wieder anlehnungsbedürftig. Und bisweilen brilliert sie als Wort-Jongleurin: “I bin am Friedhof und schlog di Zeit tot”.

Das Ganze ist vordergründig behutsam als Kammermusik aufgezogen, offenbart aber auch eine gewisse Quirligkeit, ja sogar einen unterschwelligen Witz durch Intensitätsverschiebungen, eine latente Sprunghaftigkeit in Kefers vokalem Vortrag und viele unvermittelte Wendungen: Burleskes Flötenspiel interpunktiert ein perlendes Piano-Motiv, wie als spöttisches Echo erschallen geisterhafte Chöre, eine E-Gitarre baut subtil Spannung auf, dann wieder schiebt sich ein grantig brummender Synthesizer ins Klangbild. “Hoid” ist schon vorab der Ruf eines Opus magnum vorausgeeilt, und ganz falsch ist das nicht … Wovon man sich am 23. März auch live im Wiener Radiokulturhaus überzeugen kann.

Ein Naturereignis

Einen großen Wurf landet auch die junge Steirerin Zelda Weber. “Crude”(Monkey Music) ist ganz streng genommen nicht ihr Debüt, denn bereits als Teenagerin hat sie zwei CDs aufgenommen, die aber nicht auf offiziellen Wegen vertrieben wurden – hier geht es nun in der Produktion von Bob Gutdeutsch und Patrick Pulsinger in die Vollen. Webers Stimme, die durchwegs selbstkreierten Szenarien von Einsamkeit, kommunikativen Missverständnissen und dem Aufbau von Schutzschildern um die verletzte Seele Ausdruck verleiht, ist jedenfalls ein Naturereignis: souverän in allen Höhen und Tiefen, ungemein kraftvoll und dabei auch subtil und ausdrucksstark in leiseren, verletzlicheren Bereichen.

Es tut nicht not, alle schon bemühten Vergleiche mit Amy Winehouse & Co wiederzukäuen – Zelda Weber ist Zelda Weber. Punkt. Und ihre klavierbasierte, leichthändig in Szene gesetzte Mischung aus Soul und leichtem Jazz ist natürlich in keinster Weise “neu”, aber in ihrer Art einzigartig.

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