Kresiah Mukwazhi Kirawa – Diverses Trio

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Es ist die erste Schau dreier international bekannter Künstlerinnen, die vom neuen Vorstand der Secession ausgewählt wurden – und es gibt Überraschendes zu erleben mit den Arbeiten von Christine Sun Kim im Hauptraum, einer rituellen Widerstandsinstallation von Kresiah Mukwazhi in der Galerie und dem Videofilm “Loophole” im Grafischen Kabinett von Jordan Strafer, der sich mit Amerikanismus, Geschlecht und ethnischer Identität meist fiktional auseinandersetzt.

Mittels Gebärdensprache

Christine Sun Kim wurde in Kalifornien geboren und lebt in Berlin, ihre Kunst entführt mit viel Dynamik in eine besondere Welt des Kampfes mittels der Kunst: Sie fordert mit Sprache, Sound und mittels Malerei, Zeichnung und Körperzeichen in einer Zweikanal-Videoarbeit mehr Sichtbarkeit für Taube ein. Mittels Gebärdensprache, die auch ihr formalästhetisches Hautthema ist, stellt sie eine Verbindung her – nicht nur zu uns, sondern auch zu anderen Notationssystemen in Musik und Tanz, um mit ihren Übersetzungen Hierarchisierung, Diaspora und Ausschlussprinzipien unserer eingeübten gesellschaftlichen Normen zu durchbrechen. Das Echo ist wesentlich für die besondere Schönheit fluider Zeichen, mit denen sie ihren beschränkten wie beengten Lebensraum mittels Gebärdensprache durchschreitet. Die Pausen, das Warten und die Ungewissheit, eine Botschaft korrekt zu übersetzen, bleibt als Struktur der offenen Möglichkeiten, die sie in reduzierten Zeichnungen grafisch festlegt oder auch einem monumentalen schwarz-weißen Wandbild in der Apsis des Hauptraumes der Secession, das von einer Kohlezeichnung “Long Echo” von 2022 ausgeht.

Videostill aus Jordan Strafers “Loophole”. – © Jordan Strafer

Berge oder auch nur Wellen verwandeln die Wände in ein dynamisches Gebilde, das sehr intensiv physisch präsent, an lautes Anschwellen der Sprache oder von Musik erinnert. Die Zeichnungen an den Seitenwänden aus der Serie “Echo Trap” zeigen das Pulsieren rhythmischer Bewegung in schwarzen Flächen dick aufgetragener Kohle, die sich öffnende weiße Löcher freilassen, in die sie Sprache einsetzt. Das Verschmieren durch die Hand bleibt sichtbar, zuweilen stehen sich Worte wie “Sign” und “Sing” gegenüber, die aus den TikTok-Kommunikationskanälen stammen und von ihr aufgezeichnet werden, um auch die Probleme der Verständigung aufzuzeichnen, die zu der hörenden Dominanzgesellschaft entstehen. “Palm” und “Hand” zeigen uns die Komponenten der Gebärdensprache auf, es geht aber auch um soziologische Phänomene und die Unterschiede zwischen den Behinderten in den USA und in Deutschland, wobei sie die Ambivalenzen aufzeigt und nicht einseitig auf Fragen von Schuld und Schulden verweist. Im Zweikanalvideo “Cues on Point” wird die Darbietung der Künstlerin beim Super Bowl 2020 behandelt, wo die Künstlerin vor dem Finalspiel in Gebärdensprache die Nationalhymne parallel zu Sängerinnen performen sollte, was nicht funktionierte: Taube konnten den Liedern nicht folgen, die Synchronisierung versagte – hier führen die Zeichencodes ein Enttäuschungsdrama vor, das sich zwischen Tauben und Hörenden abspielt.

In der Galerie hat die in Harare, Simbabwe, geborene Künstlerin Kresiah Mukwazhi, die als einziges Mädchen neben vier Brüdern aufwuchs und heute auch in Köln lebt und arbeitet, neben Malerei und Videos einen Kultplatz, eine “Kirawa”, aufgebaut. Vor zwei Bäumen ist auf einem Steinhaufen eine Schale mit Wasser platziert, ein Ort der Heilung einerseits, aber auch des afrikanischen Widerstands wie ihn Frauen in der Türkei ebenso im ländlichen Raum in die Natur mit einfachen Mitteln einbauen. Ein Kampf gegen patriarchale und gewaltsame Strukturen, die körperlich magisch und hier mittels Kunst vollzogen werden.

Mukwazhis Ironie

Die Unterdrücker mit ihren (kolonialen) Fahnen trickst Mukwazhi auch in ihren Videos mittels Ironie aus: Die Fahnen, die eine als Bankräuberin verkleidete Künstlerin schwingt, sind weiße Quirl geworden. Diebstahl und Korruption prägen ihre Heimat, Armut und Sexarbeit werden aufgedeckt, festgefahrene Systeme lächerlich gemacht. Die ganz andere Art von Erhebung ohne moralische Zeigefinger, auch wenn ein Gemälde die Tortur und den Mord an einem politischen Aktivisten thematisiert und der matriarchale Traum ihre Welt durchdrungen hat, der streng historisch gesehen so auch nie existierte, bevor das Christentum den männlichen Gott einbrachte. Widerstand durch die Kunst ist jedenfalls eine heilende Aussage, die wir alle immer dringender benötigen.

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