Breitbeinig wie bis vor Kurzem Ronaldo beim Freistoß in der Fußball-Championsleague steht Klaus Mäkelä zu Beginn am Pult der Wiener Symphoniker. Es gilt im Konzerthaus, Beethovens Neunte Symphonie zu (be)spielen. Und der erst 26-jährige Finne, im Mai bereits mit den Osloer Philharmonikern und Sibelius in Wien zu Gast, macht ihn, um im Bild zu bleiben, auch gleich rein.
Im Kopfsatz dieses visionären Alterswerks keinerlei Abtasten, Mäkelä spielt auf Sieg – ohne indes hirnlos nach vorne stürmen zu lassen. Stattdessen herrscht kontrollierte Wucht und, Schluss mit Fußball-Metaphern, elegantes Dahingleiten, das viel Platz für Zwischentöne lässt. Am Ende des Satzes wird das sogar mit vereinzeltem Applaus bedacht, wie nach den folgenden ebenso. Das Allegro präsentiert Mäkelä gleichfalls sehr genau und hochkonzentriert, das Orchester steht ihm in nichts nach. Doch dann verliert sich beider Brillanz. Das Adagio ist zwar ordentlich, doch es etwas zarter, gefühlvoller, ohne deswegen gleich schwelgerisch wiederzugeben, wäre durchaus möglich gewesen. Mäkelä lässt zudem so manche Kontur vermissen, was den Sound ein wenig breiig werden lässt.
Je triumphaler, desto verschwaschener
Kurzer Umkehrtrend zu Beginn des Schlusssatzes: Exakter Fokus, der erste Durchgang des Götterfunkenthemas durch die Kontrabässe dürfte für einige Gänsehauterlebnisse gesorgt haben. Doch je triumphaler die Komposition wird, der große Chor der Wiener Singakademie (Einstudierung: Heinz Ferlesch) sich ins recht verwaschene Fortissimo erhebt und die vier wenig zueinander passenden Solisten Chen Reiss (Sopran), Hanna Hipp (Mezzo), Tuomas Katajala (Tenor) sowie der respektable Shenyang (Bass) ihr Bestes geben, desto klanglich wie strukturell unübersichtlicher gerät das Ganze. So kann Mäkalä, damit nochmals zurück zum Sportjargon, nur eine Halbzeit lang überzeugen – für einen glanzvollen Abend reicht das zwar nicht, aber Pfiffe musste er ebensowenig befürchten.