Josef Hader – “Print ist gar nicht tot!”

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Er wuchs in den vergangenen Jahrzehnten zu einem der renommiertesten Kabarettisten im gesamten deutschen Sprachraum. Mit Preisen überhäuft, hat der 61 Jahre alte Sprach-, Bühnen- und Filmkünstler Josef Hader vom kleinen Waldviertler Nöchling aus die Filmleinwände und Bretter der Welt in Deutschland, Österreich und der Schweiz erobert. Seine Hintergründigkeit und der von ihm perfekt beherrschte und abgestimmte Wechsel zwischen Subtilität und ganz direkter Sprache lassen im Publikum oft ein allzu oberflächliches Lachen schnell gefrieren. Oft sausen die Pointen wie ein Hammer herunter, dann will Hader so gar nicht im Ha-ha-Stil unterhalten.

Hader verweist ganz in napoleonischem Stil mit der "Wiener Zeitung" noch ein letztes Mal auf den richtigen Weg. 
- © Robert Newald

Hader verweist ganz in napoleonischem Stil mit der “Wiener Zeitung” noch ein letztes Mal auf den richtigen Weg.

– © Robert Newald

Zudem überzeugt der Vielfachkünstler und begeisterte Drehbuchautor mit sensibler, vielschichtiger Schauspielkunst, wie etwa als Stefan Zweig in der Verfilmung “Vor der Morgenröte”. Der gemeinsame Film mit Alfred Dorfer “Indien” wurde wie auch das Stück inzwischen zur Legende. Mit dem Programm “Hader on Ice” tourt er derzeit erfolgreich durch die Lande zwischen Hamburg, Zürich und Wien. Sein nächster Film mit Birgit Minichmayr in der weiblichen Hauptrolle ist schon fertig gedreht. Und wie fast immer bei Hader ist die Story eine Tragikkomödie. “Andrea lässt sich scheiden” kommt in den nächsten Monaten in die Kinos.

Zum ordentlichen Austrocknen der Schuhe . . . - © Robert Newald
Zum ordentlichen Austrocknen der Schuhe . . . – © Robert Newald

Ein Kämpfer für die “Wiener Zeitung”

Besonders lautstark und aktiv hat sich Hader in den vergangenen Monaten für die Erhaltung der von der Einstellung bedrohten “Wiener Zeitung” in gedruckter, tagesaktueller Form eingesetzt. Er gab letztlich auch den Anstoß zu einem großen Solidaritätsabend in der Wiener “Kulisse” am 24. Jänner, der den einschlägigen Beschluss von Türkis-Grün im Parlament noch verhindern hätte sollen.

. . . als elegantes Einpackpapier . . . - © Robert Newald
. . . als elegantes Einpackpapier . . . – © Robert Newald

Dafür marschierte sogar ein überzeugter Altbundespräsident Heinz Fischer mit deutlichen Aussagen und ungehörten Mahnungen an die Politik auf. An diesem Abend konnte Hader viele seiner Kolleginnen und Kollegen ebenfalls zu einem Bühnenauftritt bewegen: Erika Pluhar, Peter Klien, Severin Groebner, Thomas Maurer, Florian Scheuba, Paul Pizzera & Otto Jaus waren nur einige davon. Literaturnobelpreisträgerin Elfriede Jelinek und Schriftsteller Robert Menasse schickten Videobotschaften. Doron Rabinovici hielt eine Brandrede.

Das Unterzünden mit Papier hat sich Josef Hader aus Umweltgründen abgewöhnt. Jetzt verwendet er feinstaubfreies Zündmaterial. - © Robert Newald
Das Unterzünden mit Papier hat sich Josef Hader aus Umweltgründen abgewöhnt. Jetzt verwendet er feinstaubfreies Zündmaterial. – © Robert Newald

Allein, das half unterm Strich alles nichts. Mit der heutigen Ausgabe vom 30. Juni 2023 wird die “Wiener Zeitung” als gedrucktes Tagesmedium nach 320 Jahren endgültig eingestellt. Etwas, was Hader noch immer in Rage versetzt: “Das ist ein politisches Systemversagen der Regierung – von der Schande für die demokratische Kultur erst gar nicht zu reden.” Die heimische Politik wolle “aus der Geschichte nicht lernen”. Denn sie benutze den Begriff Kultur “vorwiegend als Dekoration und zum Schmücken”. Aber im Bewusstsein “für die österreichische Nation ist die ,Wiener Zeitung‘ mindestens so wichtig wie Staatsoper und Burgtheater”. Dazu fehle der Politik jedoch eben “jede Fantasie”, ärgert sich Hader.

. . . und nochmals alles in Sachen "Wiener Zeitung" abgewogen. - © Robert Newald
. . . und nochmals alles in Sachen “Wiener Zeitung” abgewogen. – © Robert Newald

Er zeigt sich dabei vor allem von der Haltung der Grünen im Parlament enttäuscht. Buchdruck, Flugschriften und erste Zeitungen hätten wesentlichen Anteil an der Entwicklung immer demokratischerer Staatsformen gehabt, so Hader. “Ich glaube, es ist kein Zufall, dass sich die moderne Demokratie parallel zum modernen Zeitungswesen entwickelt hat.” Der Verlust von Qualitätszeitungen “gefährdet diese Staatsform daher existenziell”, warnt er. Hader selbst ist ein vielfältiger Fan von gedruckten Tageszeitungen. Am meisten geärgert haben ihn unqualifizierte Politikeraussagen zum Thema. “Print ist gar nicht tot. Das ist ein echter Blödsinn.” Ihm gefällt vor allem, “dass sie keine lästige Posting-Funktion haben”. Er brauche keine Foren, “weil schlecht aufgelegt bin i selber”.

Die “Wiener Zeitung” hat der Kabarettist früh kennen und schätzen gelernt: “Die druckte früher das beste und anspruchsvollste Radioprogramm ab.” Als langjähriger Fan des Kulturradiosenders Ö1 kaufte er die Zeitung schon seit seiner Studienzeit. Der Preis dafür – zuletzt 1 Euro – “war schon immer sehr günstig”. Außerdem hat das Blatt am Anfang von Haders Karriere früh dessen künstlerische Entwicklung gefördert und erste, gute Kabarettrezensionen abgedruckt.

Ganz ernst kann ein Gespräch mit dem Kabarettisten Hader über die Nachhaltigkeit der “Wiener Zeitung” bis zum Ende natürlich nicht bleiben. Er verweist auf einen riesigen Stapel unserer Ausgaben in seiner Wohnung. Nicht nur das Papier sei von besonderer Qualität, sagt er. Für die Nutzung nach dem Lesen sei es ganz besonders gut einsetzbar. Er benutzt es beispielsweise schon immer zum Putzen und Ausstopfen und Trocknen nass gewordener Schuhe. Eine weitere Verwendung: “Als elegantes Einwickelpapier für Geschenke ist es ebenso geeignet.” Nur zum Unterzünden des Kachelofens wird die Zeitung im Gegensatz zu früher in seinem Haus nicht mehr verwendet. Aufenthalte bei Freunden in Graz haben hier sein Umweltbewusstsein besonders stark beeinflusst. “Dafür sollte man bitte überall nur noch feinstaubfreie Anzünder verwenden”, erklärt er.

Eine stille Hoffnung für die Zukunft

Schon vor Jahren hat der Kabarettist für eine Sonderausgabe zu einem runden Geburtstag der “Wiener Zeitung” diese sehr sinnvollen Nachnutzungen unseres Zeitungspapiers für den Fotografen Robert Newald dokumentiert. Aus dem damaligen Heft zum 310. Geburtstag der “Wiener Zeitung” stammen auch die nebenstehenden Fotos. “An der Qualität und guten Verwendungsfähigkeit der ,Wiener Zeitung‘ hat sich ja schließlich überhaupt nichts geändert”, stellt Hader fest.

Mit dem Ende nach 320 Jahren sieht er nun auch für sich selbst ein ganz persönliches Problem: “Wenn mein Stapel einmal aufgebraucht ist, womit putze ich dann eines Tages meine Schuhe?” Der Stoß scheint aber doch noch recht hoch, und es scheint, er könne noch eine gute eine Weile halten. Deshalb gibt uns Österreichs großer Kleinkünstler zum Abschied noch einen kleinen Hoffnungsschimmer mit: “Beim Wiedererstehen der ,Wiener Zeitung‘ möchte ich unbedingt dabei sein. Die Politik wird schon noch draufkommen, dass man so ein Blatt im Land wirklich braucht. Vielleicht hält ja mein Zeitungsstoß bis dahin doch noch aus.”

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