Halim (Saleh Bakri) und Mina (Lubna Azabal) betreiben schon eine halbe Ewigkeit eine Kaftan-Schneiderei in der Medina von Salé in Marokko. Es ist eine erfüllende Arbeit, Hand an die Prunkstücke zu legen, das wird in “Das Blau des Kaftan” von Regisseurin Maryam Touzani in visueller Weise voll ausgekostet. Aber das beschauliche Dasein der beiden Protagonisten ist getrübt durch einen Schatten. Denn Halim hat ein großes Geheimnis: Er unterdrückt seine Homosexualität, die er im islamischen Königreich Marokko nicht offen ausleben kann. Bislang konnte das Paar Halims Neigung jedoch gut geheim halten. Als Mina allerdings Krebs bekommt und in der Schneiderei ausfällt, holt Halim den jungen Lehrling Youssef (Ayoub Missioui) zu sich, der ihm zur Hand gehen soll. Das bringt das Gleichgewicht zwischen den Eheleuten zunächst durcheinander, doch die Liebe, die sich zwischen Youssef und Halim anbahnt, führt auch dazu, dass alle drei bald sehr klar über ihre Probleme und Ängste sprechen können.
Große Sinnlichkeit
“Das Blau des Kaftans” wurde in Cannes mit dem Sieg in der Reihe “Un certain regard” belohnt – verdient, denn Regisseurin Touzani gelingt ein intimer Blick auf eine versteckte Homosexualität, die es so in diesem Umfeld einfach nicht geben darf. “Das Blau des Kaftan” ist ein sehr sinnlich gestalteter Film, der von einer durch die Bilder transportierten Haptik fast so greifbar wird, wie der wunderbare Stoff, aus dem ein Kaftan geschneidert ist.