Im leeren Zentrum des Museumsraums ist Platz zu feiern und zu tanzen, das Geviert um die tragenden Stahlsteher des Pavillons von Karl Schwanzer ist mit gleich langen und hohen vier Wänden umgeben. Sie sind von Gerwald Rockenschaub anthrazit gefärbt, auf ihnen sind je sechs Screens mit sich ständig bewegenden Bildern. Davor zwei grellgrüne Bänke und ein langes Pult in Pink – sofort als Schreibpult zu nutzen. Das Publikum baut sich also gleich selbst mit ein. Das partizipative Konzept, das der Künstler schon während seiner Studienzeit an der Angewandten von Herbert Tasquil und Helga Philipp mit anderen weiterentwickelte, ging dann als “Neue Geometrie” der 1980er Jahre aus österreichischen Landen in die World-Art ein. Der Künstler verließ Wien früh Richtung Berlin und New York.
Flimmernde Unruhe
Eine Sechserreihe von Screens ist zum Eingang hingedreht, empfängt die Besucher mit flimmernder Unruhe und bewegten Formen in teils kräftigen Farben, zuweilen aber auch Schwarzweiß. An den offenen Ecken gibt es Durchsicht zum Glaskörper des Baus und hinaus in den Schweizergarten – von außen sind nur die drei leeren grauen Wände zu sehen, alles als streng orthogonale Installation zu erfassen. Es ist ein wie immer perfektionistisches Gesamtkonzept, mit ein paar Irritationen – irgendwie ironisch, denn die ersten Neo-Geo-Gemälde des Künstlers waren ähnlich konzipiert. Doch seit 1987 malt Rockenschaub nicht mehr. Seit 1994 gibt es die Arbeit am Screen, nun ist die digitale Technik rhythmisch animiert und macht auf seine Nähe zur Musik seit den Anfängen aufmerksam: Schon mit Kollegen wie Gunter Damisch und Herbert Brandl spielte er in mehreren Bands, dazu arbeitete er als DJ. Das Wandern über Grenzen und Schmähführen mit Kunst war aber auch immer sehr ernst gemeint.
Rotweißrot tanzen die Streifen, ein weißer Kopf taucht vor schwarzem Hintergrund auf. Kurator Axel Köhne sagt, es passiere leicht, dass emblematisch die österreichische Flagge oder ein Selbstbildnis oder sonst eine banale Erinnerung aufkommt. Gestattet ist neben diesen Assoziationen auch, dass man eine Komposition von Kasimir Malewitsch im digitalen Tanztaumel erlebt. Aber eigentlich stoßen nur zwei Dreiecke mittig zusammen, werden zum Windrad, fegen sich aus dem Bild und kommen wieder zurück – hier in Weiß, Blau und Schwarz. Es gibt auch Anflüge von Popallüren mit einem roten Punkt, der in einen gelben Kreis wandert und zum Blüte-Kürzel aufkeimt. Zudem ist eine Animation Zitat und Erinnerung an Sigmar Polkes Befehlsempfang von höheren Wesen, die obere Ecke im Bild schwarz zu malen; hier wird das mit einer oben rechts einwandernden und sich wieder zurückziehenden Ecke gespielt. Man fühlt sich zwar in der Wahrnehmung gefordert, in Dynamik gehalten, aber erheitert, nicht nervös gemacht: Auch wenn es wie immer ein perfektionistisches Abspulen von kunsthistorischen Playbacks ist, was der Künstler hier ohne Sound abhandelt, kommt er (wie Köhne sagt) auf den Punkt. Das gilt zudem für den Umgang mit dem Museumsraum.
Geometrischen Bildgewalt
Rockenschaub wird beim Winterfest vor Ort am 21. Jänner auch mit Musik, die ebenso am Computer entsteht, und als DJ agieren, inmitten seiner abstrakten Dramaturgie eine Doppelstrategie für einen Abend. Einer der Autoren im Katalog, Sven Beckstette, wird am 23. Februar einen Vortrag über die Doppelstrategien zwischen Musik und bildender Kunst, Computeranimation und Malerei und auch über die Bezüge zurück bis zum Konstruktivismus sprechen. Der Künstler hatte Österreich 1993 auf der Biennale in Venedig im Team mit Andrea Frazer und Christian Philipp Müller vertreten, 1994 gab es eine Spezialschau unter dem Beethovenfries von Gustav Klimt in der Secession. 2004 bekam er seine erste Retrospektive im Mumok, um dann 2007 auf der documenta in Kassel aufzutreten, die ja selten mit österreichischen Beiträgen protzt. Im Hamburger Kunstverein war schon 1998 die Rede von “Funky Minimal”. Diese typisch doppelbödige Mischung hat der sich ständig selbst Hinterfragende mit geometrischen Bildgewalt und Signalwirkung zum Glück wieder einmal von Berlin nach Wien gebracht.