Morgen entscheidet sich die Zukunft von KTM in Österreich. Die Gläubiger stimmen ab, die größte Rolle haben die Banken – ein Insider warnt mit drastischen Worten.
Showdown am Landesgericht Ried im Innkreis: Am Dienstagmorgen entscheidet sich die Zukunft des insolventen Motorradherstellers KTM. Am Vormittag stimmen die Gläubiger über den Sanierungsplan ab, der ihnen eine 30-prozentige Barquote in Aussicht stellt.
Gegenüber oe24 nennt Creditreform-Chef Mag. Gerhard Weinhofer die Quote fair. “Wir werden dem angebotenen Sanierungsplan zustimmen, auch weil das Fortbestehen dieses Leitbetriebes für viele Lieferanten in der Region und für den Wirtschaftsstandort wichtig ist.”
Die Höhe der Forderungen liegt bei mehr als 2 Mrd. Euro. Die Banken stehen mit 1,2 Milliarden Euro in der Kreide.
Geld soll bis Ende Mai fließen
Das Geld aus der Quote soll bis Ende Mai ausbezahlt werden. Würde der Sanierungsplan aber abgelehnt, wären ein Konkurs und vermutlich die Zerschlagung die Folge, warnte Sanierungsverwalter Dr. Peter Vogl im Vorfeld. Er prognostiziert für diesen Fall eine Zerschlagungsquote von nur 14,9 Prozent.
Sanierung noch nicht in trockenen Tüchern
Am Dienstag um 9 Uhr müssen alle potentiellen Investoren dem Insolvenzverwalter der insolventen KTM AG nachweisen, dass sie die notwendigen € 580 Mio. für die 30% Quote bis Ende Mai finanzieren können. Weiters braucht KTM € 200 Mio., um den Betrieb ab 17.3.2025 wieder aufzunehmen.
Neben Stephan Zöchling, dem neuen Aufsichtsratschef der KTM-Mutter Pierer Mobility, und dem indischen KTM-Partner Bajaj wurden unter anderem auch die CF Moto aus China und FountainVest aus Hongkong kolportiert. Aus der Eigentümersphäre sollen rund 150 Mio. Euro aufgestellt werden, um das Wiederanlaufen der Produktion im derzeit stillstehenden Werk in Mattighofen (Oberösterreich) zu finanzieren.
Banken murren
Trotz optimistischer Signale im Vorfeld dürfte die KTM-Rettung aber noch nicht in trockenen Tüchern sein. So soll es vor allem bei den Banken ein Murren geben, dass die Quote zu gering sei.
Ein Insider brachte am Sonntag in Zusammenhang mit der Oberbank auch BMW ins Spiel: “Wird BMW Motorrad jetzt schon € 780 Mio. an Dr Peter Vogl überweisen?” Dann legt er in oe24 am Montag nach: “Brancheninsider und Anwälte widersprechen dieser Idee, muss es doch erst eine Genehmigung aller BMW Gremien geben; dem Vernehmen nach tagt der Aufsichtsrat der börsennotierten BMW AG erst am 15.3., bis dahin kann es weder Verträge noch Zahlungen an KTM oder an den Insolvenzverwalter geben!”
Produktion in Indien: “BMW, TVS, Bajaj”
“Dass zwischen BMW und TVS und Bajaj offensichtlich geplante Joint Venture, um KTM gemeinsam nach Indien zu verlagern und in Indien zu führen, würde auch noch eine Genehmigung des europäischen Kartellgerichts sowie der Übernahmekommission in Österreich und der Schweiz benötigen – die Dauer beider Verfahren ist ungewiss, jedoch wird sie bei Anwälten und Experten mit 9-12 Monaten angenommen”, sagt der Insider, der mit dem Sanierungsverfahren bestens betraut ist.
“Wer KTM in der Zwischenzeit finanziert, kann nur damit beantwortet werden, dass BMW offenbar KTM zerschlagen möchte, um sich zumindest die Gehaltszahlungen an die 4.500 Mitarbeiter zu ersparen und die Kosten von € 225 Millionen an den Insolvenzlastenausgleichsfonds, also an alle Steuerzahler, zu übertragen!”, wettert der Insider.
“Pierer geht als Gewinner aus dem Spiel hervor!”
“Die oberösterreichischen Banken, Bajaj und Stefan Pierer gehen in diesem Szenario als Gewinner aus diesem Spiel hervor! Alle anderen Gläubiger verlieren 70% ihrer Forderungen, die Mitarbeiter ihre Jobs und 4.500 oberösterreichische Familien ihre Zukunft! BMW und die Oberbank nehmen dies jedoch offenbar auf dem Altar der Gewinnmaximierung in Kauf?”, fragt der Insider und wünscht sich Aktivität von der oberösterreichischen Landespolitik.
“Was macht der Wirtschaftslandesrat und wo versteckt sich der Landeshauptmann ? Eine oberösterreichische Industrie-Ikone steht vor der Zerschlagung und Übersiedlung nach Indien, der Präsident der oberösterreichischen IV, Stefan Pierer, räumt sich die Taschen voll, Politik und Landesbanken schauen zu und profitieren?”
Aufsichtsrats-Chef gibt keinen Kommentar
oe24 brachte in Erfahrung, dass am Montagvormittag eine Sitzung des Aufsichtsrates der Pierer Mobility AG startete! oe24 erreichte Stephan Zöchling, den Vorsitzenden des Aufsichtsrates der börsennotierten Pierer Mobility AG, am Vormittag am Telefon und bat ihn um eine Stellungnahme zu BMW und fragte nach, ob der Deal heute Vormittag abgesegnet wird?
Stephan Zöchling sagte: „Ich darf zu dem laufenden Verfahren nichts sagen und bitte um Verständnis, dass ich mit Blick auf die Kapitalmarktregeln und -gesetze keinen Kommentar abgeben werde. Darüber hinaus kommentiere ich potentielle Aufsichtsratssitzungen nicht.“ Auf die Frage, wo sich Zöchling zum Zeitpunkt des Telefonats befindet, gab es keine Antwort.
Aktie der Pierer Mobility AG stieg um 40 %
Gleichzeitig rückt der Aktienwert der Pierer Mobility AG in den Blick. Die Aktie ist in den letzten drei Monaten um sagenhafte 40% gestiegen – “dass hier Insider am Markt tätig waren, ist wohl offensichtlich!”, sagt der Insider. Die Deutschen, Schweizer und österreichischen Finanzmarktaufsichten sowie die zuständigen Staatsanwaltschaften würden wegen Insiderhandels zu ermitteln haben.
Oberbank: “Beste für den Standort”, BMW: “Kein Kommentar”
oe24 berichtete bereits am Sonntag über BMW Motorrad als Investor: BMW möchte demnach die Marke KTM kaufen und fortführen. Allerdings wolle man die Forschung und Entwicklung nach Deutschland und die Produktion nach Indien verlegen sowie alle Mitarbeitenden in Österreich kündigen.
Oberbank-Generaldirektor Franz Gasselsberger soll laut Insider den Plan unterstützen. Gegenüber oe24 heißt es heute aus der Oberbank äußerst knapp: “Die Oberbank als Bank der Industrie und des Mittelstands wird nur Vorhaben unterstützen, die einer Stärkung des Standorts dienen.” Vonseiten BMW hieß es “kein Kommentar”.
Insolvenzstiftung für bereits gekündigte Mitarbeiter
Die gesamte KTM-Gruppe hat nach mehreren Kündigungswellen aktuell noch rund 4.400 Beschäftigte, davon knapp 2.000 bei der KTM AG. Bei Insolvenzeröffnung hatte die KTM AG noch etwa 2.500 Dienstnehmerinnen und Dienstnehmer. Für die Betroffenen der Kündigungswellen wurde vom AMS und vom Land Oberösterreich eine Insolvenzstiftung eingerichtet.