Morgen ab 10 Uhr tagt der ÖVP-Parteivorstand. Kommt jetzt Blau-Schwarz mit Herbert Kickl als Kanzler? 

Am Samstagnachmittag zeichnete es sich bereits ab, am Abend platzte dann die Polit-Bombe: Die ÖVP bricht die Koalitionsverhandlungen mit der SPÖ ab, Karl Nehammer tritt als ÖVP-Chef und Bundeskanzler zurück. Er werde für einen „geordneten Übergang“ sorgen, erklärte Nehammer in seinem Rücktritts-Statement. Sprich: Erst wenn es einen Nachfolger gibt, wird sich Nehammer komplett zurückziehen. Schon morgen in der Früh (10 Uhr) findet ein ÖVP-Parteivorstand statt, bei dem die weitere Vorgehensweise festgelegt werden soll – und dementsprechend auch, wer neuer ÖVP-Chef wird.

Aus der ÖVP ist zu hören, dass jetzt vieles für Blau-Schwarz spricht – mit einem Kanzler Herbert Kickl. Hintergrund: Bei einer Neuwahl würde das Land die nächsten sechs Monate de facto stillstehen. Denn eine Neuwahl kann aufgrund der Fristen frühestens im April stattfinden, die neue Regierung würde damit wohl erst im Juni stehen.

Bundespräsident Alexander Van der Bellen müsste bis dahin eine Expertenregierung einsetzen, die im Parlament aber keine Mehrheit hätte, also nur verwalten könnte. Vor allem der ÖVP-Wirtschaftsflügel und die Industrie, aber auch einige ÖVP-Landeschefs wollen ein solches „Machtvakuum“ verhindern und sind daher für Blau-Schwarz.

Die ÖVP würde einen Kanzler Herbert Kickl in diesem Fall akzeptieren, im Gegenzug aber auf das Finanz- und Justizministerium bestehen. „Inhaltlich werden wir uns mit der FPÖ schnell einigen, bei Wirtschaft und Migration sind die Programme ohnehin fast deckungsgleich“, so ein ÖVP-Verhandler. Sowohl in ÖVP als auch FPÖ geht man jedenfalls davon aus, dass sich die beiden Parteien innerhalb von drei Wochen auf eine Regierung einigen können.

Spannend wird, wer die ÖVP in eine solche Koalition führt. In der ÖVP kursieren mehrere Namen: Viele in der Partei wünschen sich ein Comeback von Ex-Kanzler Sebastian Kurz. Ob Kurz aber bereit ist, als Vizekanzler in eine blau-schwarze Koalition zu gehen, ist offen. In seinem Umfeld rechnet man eher damit, dass Kurz im Fall einer Neuwahl für ein Comeback bereitstehen würde. Möglich wäre auch, dass Kurz den Parteichef macht und jemand anderer den Vizekanzler. 

Wer Nehammer jetzt folgen könnte 

Gute Karten bei Blau-Schwarz hat der Wirtschaftskammer-Generalsekretär Wolfgang Hattmannsdorfer, der sowohl die Unterstützung des Wirtschaftsbunds als auch seiner oberösterreichischen ÖVP hat. Hattmannsdorfer gilt als „schwarz-blauer Verbindungsmann“ und saß in Oberösterreich als Landesrat bereits in einer schwarz-blauen Koalition.

 

Aus Niederösterreich werden Vize-Landeshauptmann Stephan Pernkopf (der dem Vernehmen nach aber lieber in Niederösterreich bleiben will) und ÖVP-Klubobmann Jochen Danninger als potenzielle Vizekanzler-Kandidaten für eine blau-schwarze Koalition genannt. Auch Verfassungs-Ministerin Karoline Edtstadler sei eine Option, hört man aus der ÖVP. Sie ist allerdings in der Partei wenig verankert. Hauptproblem: Edtstadler und Kickl können dem Vernehmen nach „gar nicht miteinander“, keine guten Voraussetzungen für eine Zusammenarbeit.

Spannend wird, ob Bundespräsident Alexander Van der Bellen einen Kanzler Herbert Kickl akzeptiert oder ob der Bundespräsident nach dem Verhandlungs-Chaos der letzten Wochen Neuwahlen favorisiert – und das auch öffentlich fordert. Dann sind die Karten neu gemischt.

Exit mobile version