Die rund siebenstündigen Verhandlungen an einem geheimen Ort sind fürs Erste zu Ende gegangen und werden am Freitag fortgesetzt. 

Die Parteispitzen von ÖVP, SPÖ und NEOS sind am Donnerstag erneut zu einem nicht medienöffentlichen Verhandlungsmarathon zur Bildung einer Regierungskoalition zusammengekommen. Die Verhandlungen laufen “auf Hochdruck”, hieß es um 23 Uhr nach Ende der rund siebenstündigen Gespräche zwischen Karl Nehammer (ÖVP), Andreas Babler (SPÖ) und Beate Meinl-Reisinger (NEOS) aus den Parteien. Am Freitag sollen die Verhandlungen auf Chefebene fortgesetzt werden.

Über mögliche inhaltliche Fortschritte, gab es am Donnerstagabend keine Informationen. Am Freitag soll erneut ab dem Nachmittag und open-end an einem geheimen Ort verhandelt werden. Bereits am Montag hatten sich die Parteispitzen mehrere Stunden lang über das Budget sowie über “Leuchtturmprojekte” einer möglichen Dreierkoalition ausgetauscht. Auch am Silvestertag arbeiteten Budgetexperten am grundsätzlich vereinbarten Doppelbudget 2025/26.

Budgetsanierung weiter Knackpunkt

Wie das Budget saniert werden soll, dürfte weiterhin den Knackpunkt der Verhandlungen darstellen. ÖVP und NEOS wollen bekanntlich nur bei den Ausgaben sparen, die Sozialdemokraten auch über Steuern sprechen. Als Minimalkompromiss konnten sich ÖVP, SPÖ und NEOS kurz vor Weihnachten nur darauf einigen, dass das Budget über sieben und nicht über vier Jahre saniert werden soll.

SPÖ-Sozialsprecher Josef Muchitsch erklärte im Vorfeld der Gespräche, dass die Bekämpfung der Arbeitslosigkeit “eine der wichtigsten Aufgaben” für die neue Regierung sei. “Österreich braucht ein Programm für Aufschwung, Wachstum und Beschäftigung”, sagte er in einer Aussendung, dies sei in der angespannten Budgetlage “eine besondere Herausforderung”. Als erstes müsse eine neue Regierung “alles tun”, um die Konjunktur und den Arbeitsmarkt “wieder in Schwung zu bringen”. Die notwendige Konsolidierung müsse daher so ausgestaltet werden, “dass sie die Konjunktur möglichst wenig beeinträchtigt”.

Defizit muss gesenkt werden

Weiter offen ist die Frage, ob die Budgetsanierung im Rahmen eines EU-Defizitverfahrens erfolgen soll oder weitgehend selbstständig. Ersteres wird von der SPÖ oder auch den Wirtschaftsforschern von Wifo und IHS befürwortet. Der Unterschied zwischen den beiden Varianten ist groß, mit EU-Defizitverfahren wären im nächsten Jahr 3,9 Milliarden einzusparen, ohne hingegen 6,3 Milliarden. Seitens der NEOS hieß es dazu im Vorfeld der Verhandlungsrunde gestern, man wolle weiterhin ein Defizitverfahren verhindern.

Hintergrund des möglichen Defizitverfahrens ist das hohe Budgetdefizit Österreichs. Prognosen gehen für 2025 von 3,8 bis 4,2 Prozent aus, das ist deutlich über der Maastricht-Grenze von drei Prozent. Bis Mitte Jänner muss ein abgestimmtes Maßnahmenpaket nach Brüssel übermittelt werden, das eine Senkung des Defizits im Jahr 2025 auf unter drei Prozent skizziert.

Ob sich die Verhandler mit ihren Verhandlungen bereits auf der Zielgerade befinden, ist offen. Medienberichte von “Presse” und “Kronen Zeitung”, wonach ein “Durchbruch” bereits rund um das kommende Wochenende möglich sein könnte, wollte seitens der Parteien auf APA-Anfrage niemand kommentieren.

Caritas & Co. warnen vor Einschnitten bei Pflege

Hilfsorganisationen warnten unterdessen vor “Sparen mit dem Rasenmäher”. Caritas, Diakonie, Hilfswerk, Rotes Kreuz und Volkshilfe zeigten sich am Donnerstag im Vorfeld der Gespräche “angesichts der Diskussionen zum Stopfen des Budgetlochs” “zutiefst beunruhigt”. “Eine künftige Bundesregierung darf nicht mit dem Rasenmäher über den Sozialbereich drüberfahren”, warnte Diakonie-Direktorin Maria Katharina Moser, derzeit Vorsitzende der Bundesarbeitsgemeinschaft Freie Wohlfahrt (BAG). Auch seien Investitionen in die Langzeitpflege ein wichtiger Wirtschaftsmotor, denn Pflege schaffe gerade in Krisenzeiten sichere Arbeitsplätze, hieß es in einer Aussendung.

Die Versorgung in diesem Bereich lasse sich auf Grund des demografischen Wandels “nicht kürzen oder einfrieren, im Gegenteil”, sagte Elisabeth Anselm, Geschäftsführerin des Hilfswerk Österreich. Anna Parr (Caritas) verwies darauf, dass die öffentlichen Gesundheitsausgaben 2023 8,5 Prozent des BIP ausgemacht hätten. In Langzeitpflege sowie Betreuung investierte Österreich (2022) hingegen nur 1,50 Prozent des BIP – “vergleichbare Länder mit besseren Pflege- und Betreuungsstrukturen investieren nahezu zwei Drittel mehr.” Schwäche man die Langzeitpflege, würden Krankenhäuser in Zukunft noch mehr belastet und in Anspruch genommen sein, sagte sie.

Auch Rotkreuz-Bundesrettungskommandant Gerry Foitik betonte, jeder Tag, den Menschen im Alter nicht im Krankenhaus, sondern zu Hause oder auch in einem Pflegeheim versorgt werden, spare Geld. Auf die Notwendigkeit von Investitionen in die mobile Pflege wies Volkshilfe-Direktor Erich Fenninger hin. Mangel an Betreuung zu Hause führe zur Aufnahme “ins wesentlich teurere Krankenhaus oder ins Alten- und Pflegeheim”.

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