Von Tyrion Lannister in „Game of Thrones“ bis Gimli in „Herr der Ringe“– auffällig viele der taffen Charaktere in Film und Fernsehen sind klein gewachsen, aber durchsetzungsstark.  

Dieses Muster ist längst mehr als nur ein filmisches Klischee: Der sogenannte „Napoleon-Komplex“ oder das „Short-Man-Syndrom“ beschreibt das Verhalten kleiner Männer, die durch gesteigerte Aggressivität oder Konkurrenzdenken versuchen, ihre Körpergröße zu kompensieren.

Nun bestätigt eine neue Studie australischer Forscher: Dieses Verhalten lässt sich auch im echten Leben beobachten.

Wissenschaftler der Australian Catholic University befragten über 300 Personen zu Themen wie Körpergröße, Selbstwahrnehmung und zwischenmenschlicher Konkurrenz – genauer gesagt zur sogenannten intrasexuellen Konkurrenz, also dem Wettbewerb zwischen Personen gleichen Geschlechts, etwa bei der Partnerwahl. Die Ergebnisse zeigen einen klaren Zusammenhang: Kleinere Männer neigen stärker zu Neid, Eifersucht und Konkurrenzdenken als ihre größeren Geschlechtsgenossen.

Größe beeinflusst Verhalten

„Diese Studie hebt die Verbindung zwischen Unzufriedenheit mit der eigenen Körpergröße und verstärktem Konkurrenzverhalten hervor“, so die Forscher. Psychologische Wahrnehmungen von Körpergröße haben demnach messbare Auswirkungen auf das soziale Verhalten. Wer sich als zu klein empfindet, fühlt sich eher benachteiligt – und reagiert mit verstärktem Durchsetzungswillen oder Rivalitätsdenken.

Interessant ist dabei: Nicht nur die tatsächliche Körpergröße spielt eine Rolle, sondern vor allem die Wahrnehmung derselben. Männer und Frauen, die angaben, sich größer zu wünschen, zeigten unabhängig von ihrer tatsächlichen Größe mehr wettbewerbsorientiertes Verhalten als jene, die mit ihrer Größe zufrieden waren.

Ein uraltes Konzept in neuem Licht

Der Begriff „Short-Man-Syndrom“ geht in seinen Ursprüngen auf den österreichischen Psychoanalytiker Alfred Adler zurück, der bereits 1926 den sogenannten Minderwertigkeitskomplex beschrieb. Demnach neigen Menschen, die sich in bestimmten Bereichen als unterlegen empfinden – sei es körperlich oder sozial – dazu, dies durch übertriebenes Verhalten zu kompensieren.

Seitdem ist das Thema unter Psychologen umstritten. Während manche das Syndrom für ein reales, psychologisch erklärbares Phänomen halten, sehen andere darin nur ein Klischee ohne wissenschaftliche Basis. Die aktuelle Studie – veröffentlicht in der Fachzeitschrift Evolutionary Behavioral Sciences – liefert nun neue Belege dafür, dass Körpergröße in der Tat einen Einfluss auf zwischenmenschliches Verhalten und soziale Hierarchien haben kann.

Folgen für Gesellschaft und Selbstbild

„Die Erkenntnisse dieser Untersuchung leisten einen Beitrag zu einem besseren Verständnis darüber, wie physische Merkmale soziale Strukturen und Konkurrenzverhalten beeinflussen“, so die Autoren. Damit verbinden sie auch einen gesellschaftlichen Appell: Es gelte, Wege zu finden, um positiven Umgang mit dem eigenen Körper zu fördern – gerade in einer Welt, in der Körpergröße oftmals als Maßstab für Attraktivität, Durchsetzungskraft und Erfolg gilt.

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