Ab 10 Uhr tagt der ÖVP-Parteivorstand. Dort zeichnet sich eine Mehrheit für Blau-Schwarz ab. Sebastian Kurz hat indessen für ein Comeback abgewunken: Er will nicht den Vizekanzler unter Herbert Kickl machen. 

Jetzt läuft alles in Richtung Blau-Schwarz – mit einem Kanzler Herbert Kickl. Wie oe24 aus mehreren übereinstimmenden ÖVP-Quellen erfuhr, zeichnet sich beim heutigen ÖVP-Parteivorstand im Bundeskanzleramt eine Mehrheit für eine Koalition mit der FPÖ ab. Insbesondere die Landeshauptleute, aber auch der Wirtschafts- und Bauernbund sind für diese Variante.

Hintergrund: Bei einer Neuwahl würde das Land die nächsten sechs Monate de facto stillstehen. Denn eine Neuwahl kann aufgrund der Fristen frühestens im April stattfinden, die neue Regierung würde damit wohl erst im Juni stehen.

“Machtvakuum” verhindern

Bundespräsident Alexander Van der Bellen müsste bis dahin eine Expertenregierung einsetzen, die im Parlament aber keine Mehrheit hätte, also nur verwalten könnte. Hinzu kommt die Sorge vor einem „freien Spiel der Kräfte“, bei dem wechselnde Mehrheiten teure neue Gesetze beschließen könnten, ohne Rücksicht auf das ohnehin völlig aus dem Ruder gelaufene Budget.

Vor allem der ÖVP-Wirtschaftsflügel und die Industrie, aber auch die Landeschefs wollen ein solches „Machtvakuum“ verhindern und sind daher für Blau-Schwarz. Auch die angespannte finanzielle Situation der ÖVP dürfte gegen eine Neuwahl sprechen.

Kein Kurz-Comeback

Die ÖVP würde einen Kanzler Herbert Kickl in diesem Fall akzeptieren, im Gegenzug aber auf das Finanz- und Justizministerium bestehen. Auch sonst rechnet man in der ÖVP damit, dass die FPÖ bei den Ministerien zu weiten Zugeständnissen bereit sei, wenn man ihr den Kanzler überlässt.

Sebastian Kurz – der zuletzt über ein Comeback als ÖVP-Chef nachgedacht hatte – wird bei Blau-Schwarz nicht in die Politik zurückkehren. „Er macht nicht den Vizekanzler unter Kickl“, so ein Kurz-Vertrauter zu oe24. Kurz soll das am Samstagabend laut oe24-Informationen auch bereits mehreren ÖVP-Granden mitgeteilt haben. Der Ex-Kanzler befürworte aber eine blau-schwarze Koalition, weil sie „das Beste für das Land und alternativlos“ sei.

Somit dürfte der ÖVP-Vorstand heute grünes Licht für Verhandlungen mit der FPÖ geben. „Inhaltlich werden wir uns mit der FPÖ schnell einigen, bei Wirtschaft und Migration sind die Programme ohnehin fast deckungsgleich“, so ein ÖVP-Verhandler. Sowohl in ÖVP als auch FPÖ geht man jedenfalls davon aus, dass sich die beiden Parteien innerhalb von drei Wochen auf eine Regierung einigen können. Einziger Knackpunkt sei die Außenpolitik – „da sind die Differenzen aber zu überwinden, die FPÖ hat in den Bundesländern gezeigt, dass sie durchaus auch pragmatisch ist“, heißt es aus der ÖVP.

Hattmannsdorfer  als Vize-Kanzler?

Als aussichtsreichster Kandidat für den ÖVP-Vizekanzler und Parteichef gilt nach der Kurz-Absage nun der Wirtschaftskammer-Generalsekretär und neue Shootingstar Wolfgang Hattmannsdorfer (45).

Hattmannsdorfer hat sich in den Verhandlungen als „echter Vertreter der Interessen des Wirtschaftsstandorts“ positioniert, zollen ihm gleich mehrere Verhandler Respekt. Hinzu kommt, dass Hattmannsdorfer als „schwarz-blauer Verbindungsmann“ gilt, der bereits in Oberösterreich als Landesrat in einer schwarz-blauen Koalition gesessen ist. Als Alternativen werden die Niederösterreicher Stephan Pernkopf (Vize-Landeshauptmann, er will dem Vernehmen nach aber in Niederösterreich bleiben) und Jochen Danninger (ÖVP-Klubobmann genannt). Am Sonntag in der Früh fiel auch der Name der Staatssekretärin und JVP-Chefin Claudia Plakolm. Auch Karoline Edtstadler wurde immer wieder als Variante genannt, sie soll dem Vernehmen nach aber bereits abgewunken haben und ist außerdem in der Partei nicht wirklich verankert. Zusätzliches Manko: Edtstadler und Kickl sollen „überhaupt nicht miteinander können“, heißt es.

Van der Bellen am Zug

Kolportiert wurde am Sonntag auch eine weitere Option: Die Posten des Parteichefs und des Vizekanzlers in einer blau-schwarzen Koalition könnten getrennt werden.

Der Ball liege nun aber beim Bundespräsidenten, wird in der ÖVP betont. Van der Bellen müsse Kickl den Regierungsauftrag erteilen. Erst dann würde die ÖVP – sofern sie von Kickl gefragt wird – in Regierungsverhandlungen treten. Van der Bellen soll dem Vernehmen nach derzeit überlegen, was er nun tut. Einerseits wolle er einen Kanzler Kickl verhindern, andererseits werde er sich nicht gegen parlamentarische Mehrheiten stellen. Möglich wäre aber noch, dass Van der Bellen den Parteien empfiehlt, in Neuwahlen zu gehen, um klare Mehrheiten zu schaffen.

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