Unter strengen Sicherheitsvorkehrungen hat am Freitag am Wiener Landesgericht der zweite Terror-Prozess gegen den im April 2018 zu neun Jahren Haft verurteilten IS-Terroristen Lorenz K. begonnen.
Wien. Spezialkräfte der Justizwache-Einsatzgruppe (JEG), Polizeibeamte und Verfassungsschützer waren für die Verhandlung abgestellt. Im Gerichtssaal galt ein Fotografier- und Filmverbot – nicht aber davor bzw. in den Gängen. Der Prozess wird sich über drei Tage erstrecken und soll bis Mitte Mai dauern.
Dem mittlerweile 25-jährigen Lorenz K. und einem mitangeklagten Mithäftling – die beiden lernten einander in der Justizanstalt (JA) Graz-Karlau kennen – werden eine Fülle terroristischer, im Gefängnis begangener Straftaten vorgeworfen. Der IS-Mann hat sein Äußeres übrigens mittlerweile stark verändert, hat ordentlich zugelegt und trägt nun eine Glatze.
Lorenz K. hat sich vor einem Schwurgericht wegen Bestimmung zum Mord sowie Bestimmung zur vorsätzlichen Gefährdung durch Sprengmittel, jeweils begangen als terroristische Straftaten, zu verantworten, “wobei diese Verbrechen im Versuchsstadium steckengeblieben sind”, wie der Staatsanwalt eingangs der Verhandlung darlegte. Zusätzlich sind die Verbrechen der terroristischen Vereinigung und der kriminellen Organisation inkriminiert. Bei einer anklagekonformen Verurteilung müsste Lorenz K., dessen reguläres Strafende Ende Oktober 2026 wäre, mit weiteren zehn bis 20 Jahren oder gar lebenslanger Haft rechnen.
Bombenanschlag geplant
Nach den im Namen der radikalislamistischen Terror-Miliz “Islamischer Staat” (IS) begangenen Anschlägen in Paris vom Oktober 2015 und in Brüssel vom März 2016 plante der damals 17-jährige Lorenz K. einen Bombenanschlag auf den deutschen US-Truppenstützpunkt Ramstein und wollte zudem einen damals unmündigen Buben Ende November 2016 dazu bringen, mit einem selbst gebauten Sprengsatz einen Selbstmordanschlag auf einen Weihnachtsmarkt im deutschen Ludwigshafen durchzuführen. Obwohl er dafür eine langjährige Freiheitsstrafe verbüßt, legte er seine dem IS verhaftete Gesinnung offenbar nicht ab.
Der nunmehrigen Anklage zufolge soll er seine erneuten terroristischen Aktivitäten ab November 2019 zunächst in der JA Stein und nach seiner Verlegung nach Graz ab Jänner 2020 in der JA Karlau mittels illegal beschaffter Mobiltelefone betrieben haben. Er soll versucht haben, mit seinem Handy einen in Deutschland vermuteten Ansprechpartner, der sich Manfred U. nannte, zu einem Selbstmordattentat mittels eines Sprengsatzes an einem nicht näher bestimmten Ort in Österreich oder Deutschland anzustiften. In der JA Karlau, wo er als Hausarbeiter beschäftigt wurde, soll Lorenz K. dem zentralen Punkt der Anklage zufolge gemeinsam mit zwei anderen Hausarbeitern eine Art “Terror-Zelle” gebildet haben.
IS-Video
Zum einen lernte er den mehrfach vorbestraften Nino K. kennen, der eine langjährige Freiheitsstrafe wegen versuchten Raubmordes verbüßt und der sich als Anhänger des IS erwies. Lorenz K. übermittelte dem 33-Jährigen per WhatsApp ein Propagandavideo des IS, in dem erläutert wird, dass man keine Waffen benötige, um “verheerenden Schaden bei den ‘Kuffar’ (Ungläubigen, Anm.) anzurichten. Nino K., der insgesamt vier Vorstrafen aufweist, ist in dem Wiener Verfahren mitangeklagt. Zum anderen stieß Lorenz K. auf Abdelkarim Abu H., den das Landesgericht Krems wegen versuchter Bestimmung zu Mordanschlägen und Beteiligung an einer terroristischen Vereinigung – nämlich der Hamas – zu einer lebenslangen Freiheitsstrafe verurteilt hatte. Lorenz K. soll dem “Lebenslangen” eine Anleitung zum Bombenbasteln übermittelt haben. Anfang August 2020 wurden bei einer Durchsuchung der Zelle von Abdelkarim Abu H. Elektronikteile sowie vier Patronenhülsen aus einer Langwaffe gefunden, mit denen dieser vermutlich eine Sprengvorrichtung bauen wollte. Gegen den Hamas-Terroristen wird von der Staatsanwaltschaft Graz separat ermittelt.
Losgelöst davon lud sich Lorenz K. Ende Juli 2020 in seiner Zelle ein vom IS produziertes Video auf sein Handy, auf dem unter anderem zu sehen ist, wie eine Geisel des IS getötet, eine Bombe gebastelt und ein Sprengsatz gezündet wird. Diese Datei übermittelte er einer unbekannten Person, die bisher nicht ausgeforscht werden konnte. Ungeachtet dessen qualifiziert die Staatsanwaltschaft auch das als versuchte Bestimmung zum Mord.
Baulärm stört Prozess
Die Verhandlung dürfte für die Geschworenen nicht nur aufgrund der Materie eine besondere Herausforderung darstellen. Schon während des Eingangsplädoyers des Staatsanwalts war es schwierig, den Ausführungen des Anklägers zu folgen. Dessen Worte gingen im Baulärm teilweise unter – das Wiener Landesgericht wird einer Generalsanierung unterzogen, was sich unter anderem an Presslufthammergeräuschen manifestiert.
Äußerlich war Lorenz K. im Vergleich zu seinem ersten Prozess nicht mehr wiederzuerkennen. Er dürfte in der Haft täglich trainieren, wie sich an seinem durchtrainierten Körper ablesen lässt. Den Kopf hat er sich kahl geschoren.