Seit Samstag ist Höhlenforscherin Ottavia Piana (32) in 584 Metern Tiefe der Bueno Fonteno Höhle gefangen. 100 Helfer sind im Schichtbetrieb bei der aufwendigen Bergung im Einsatz.

Unter den Rettern ist auch der Innsbrucker Angelo De Marzo (56). “Die Höhle hier ist nicht so tief wie das Riesending, aber viel en­ger”, schätzt er die Lage in Fonteno (Bergamo) gegenüber “Bild” ein. (Anm.: Vor zehn Jahren wurde Johann Westhauser (64) aus der “Riesending”-Höhle bei Berchtesgaden befreit.)

 “Sie ist schwer verletzt mit vielen ge­brochenen Knochen”, sagt De Marzo über die Situation von Ottavia Piana. Er soll am Dienstag in die Höhle einsteigen, um Piana zu bergen. Die Bergung wird horizontal stattfinden – “das macht die Rettung so schwierig”.

Die 32-jährige Piana darf nur waagerecht transportiert werden, weil die verletzten Knochen sonst ihre Lunge durchstoßen könnten, und sie eine schlimme Kopfverletzung hat. De Marzo steigt mit einem Team aus 20 Leuten hinab. Er ist einer der 13 Trägern, die sich an der Bahre mit dem bandagier­ten Körper der Verletzten ab­wechseln. De Marzo schildert, dass er eine Auf­steighilfe und ein Abseilgerät am Körper trage. “Die Kälte von 8 Grad ist das gefährlichste da unten”, sagt er. 

Die Retter nähern sich inzwischen einer kritischen Stelle von etwa 50 Metern, wo es eng und steil nach oben geht, berichtet “Bild”.

Ottavia Piana hatte sich bei einem Sturz aus mehr als fünf Metern Höhe mehrere Verletzungen zugezogen. Sie erlitt Beinfrakturen und Blessuren im Gesicht. Die Bergungsarbeiten, an denen mehr als hundert Retter aus ganz Norditalien beteiligt sind, werden ununterbrochen fortgesetzt.

 

“Gesundheitszustand ist stabil”

“Der Gesundheitszustand von Ottavia Piana ist stabil: Sie wird ständig von einem Arzt und einer Krankenschwester betreut. Sie wird auf einer speziellen Trage transportiert und wir rechnen damit, sie bis Mittwoch in Sicherheit zu bringen”, sagte Luca Longo, einer der Retter in der riesigen Höhle, die zwischen dem Iseo- und dem Endine-See nahe der Stadt Bergamo liegt und weitgehend unerforscht ist. Ottavia Piana war mit Kollegen gerade dabei, ein neues Gebiet zu kartieren, als sie verunglückte.

Der 32-Jährigen gehe es den Umständen entsprechend gut, sie sei jedoch von Problemen mit Wirbeln und Rippen sowie mit einem Knie belastet, berichteten die beiden Ärzte, die sie in den ersten Stunden nach dem Unfall erreicht hatten. Sie war dabei, eine tiefe Schlucht mit senkrechten Wänden, durch die ein unterirdischer Bach fließt, hinaufzuklettern, als sie aufgrund eines losen Hakens oder eines brüchigen Felsens den Halt verlor, rückwärts stürzte und auf dem Rücken landete.

Bereits 2023 in Höhle stecken geblieben

Den Ärzten erklärte sie, dass sie die Höhlenforschung aufgeben wolle. Bereits im Juli 2023 war sie in der gleichen Höhle zwei Tage lang stecken geblieben, nachdem sie sich an einem Fuß verletzt hatte. Nach dieser Verletzung – es dauerte 48 Stunden, bis sie herausgeholt werden konnte – hatte sie ihre Arbeit als Höhlenforscherin wieder aufgenommen.

Die Bedeutung von Pianas Arbeit wurde vom Präsidenten der Italienischen Gesellschaft für Höhlenforschung, Sergio Orsini, hervorgehoben: “Diese Erkundungen sind nicht nur ein sportliches Unterfangen, sondern stellen einen grundlegenden Beitrag zur Kartierung des Untergrunds und zur Analyse lebenswichtiger Ressourcen wie des Wassers, das wir trinken, dar”, sagte Orsini.

In der Höhle befinden sich etwa 20 Retter

“Die Rettungsaktion wird den erfahrenen Händen der Ärzte und Freiwilligen des Nationalen Korps für alpine und speläologische Rettung anvertraut, einer Organisation, die ihre außerordentliche Kompetenz bereits unzählige Male unter Beweis gestellt hat”, erklärte Orsini. In der Höhle befinden sich etwa 20 Retter, die sich beim Tragen der Bahre und bei der Räumung der engsten Abschnitte abwechseln. Piana wird in der Zwischenzeit mit einem speziellen Anzug gewärmt. Mit den Mitarbeitern der Alpinen Rettung arbeiten auch die acht Kollegen der Höhlenforscherin zusammen, die mit ihr in der Fonteno-Höhle waren: Sie liefern Informationen, um die Räume im Inneren der labyrinthischen Höhle zu rekonstruieren.

Ottavia Piana ist Mitglied einer Alpingruppe aus Bergamo und ist am “Sebino-Projekt” beteiligt, das schon seit mehreren Jahren diese immer noch geheimnisvolle Höhle im nördlichen Teil des Iseo-Sees kartiert. Sie hatte in der Vergangenheit die Höhle bereits mehrmals betreten, die 2006 entdeckt worden war. Das Höhlensystem ist noch nicht vollständig kartiert. Es erstreckt sich zwischen Seen und Schluchten, in denen die Luftfeuchtigkeit 98 Prozent erreicht. Es wird vermutet, dass das Höhlennetz eine Tiefe von bis zu 50 Kilometer erreichen kann, von denen bisher nur 19 Kilometern betreten und vermessen wurden.

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