21 Köpfe – 21 Lebensläufe, oe24 stellt die neuen Ministerinnen und  Minister vor. Und schreibt, wie sie ticken.

ÖVP und SPÖ segneten am Freitag jeweils mit klaren Mehrheiten ihre Regierungsteams ab, die Neos hatten das schon am Donnerstag getan.

Nieder- und Oberösterreich beherrschen künftig das ganze Land

Spannend: Die Hälfte der Regierungsmitglieder kommt entweder aus Nieder- oder aus Oberösterreich, von neun Schwarzen sind vier aus NÖ und drei aus OÖ, auch die SPÖ kommt mit drei Nieder- und einer Oberösterreicherin in die Regierung. Länder wie Burgenland, Vorarlberg und Kärnten gehen indes leer aus.

Damit könnte die neue Ampelregierung am Montag angelobt werden – Voraussetzung ist hingegen, dass die Pinken Parteimitglieder den Regierungseintritt am Sonntag mit Zweidrittelmehrheit beschließen.

Das ist das ÖVP-Team

Christian Stocker, Bundeskanzler

Plötzlich Bundeskanzler: Der 64-Jährige wurde am 6. Jänner zum Interims-ÖVP-Chef designiert, doch er wird noch ein bisschen bleiben. Der Anwalt war lange in Wr. Neustadt (NÖ) Vizebürgermeister und auch Abgeordneter und Generalsekretär. Die von ihm geführten Verhandlungen mit der FPÖ scheiterten, nun behält die ÖVP nach doch noch erfolgreichen Verhandlungen mit SPÖ und NEOS das Kanzleramt. Ab 2019 saß der Niederösterreicher – wie auch schon sein Vater – im Nationalrat. Das Amt des Vizebürgermeisters in Wiener Neustadt, das er seit 2000 inne hat, legte er nach den Gemeinderatswahlen Ende Jänner zurück.

Claudia Plakom, Familienministerin und EU-Agenden

Bürgermeisterstochter aus dem Mühlviertel (OÖ) – jetzt macht die 30-Jährige den Sprung vom Staatssekretariat für Jugend in ein Ministeramt. Die Frau hat einen Zug nach oben und ist längst ein Instagram-Star. Das politische Handwerk lernte die Oberösterreicherin schon früh, bei der ÖVP-nahen Union Höherer Schüler sowie der Jungen ÖVP. 2012/13 war sie Landesschulsprecherin für den AHS-Bereich. Die Tochter saß in ihrer Heimatgemeinde Walding auch selbst im Gemeinderat und ab 2017 im Nationalrat, legte diese Funktionen aber zurück, als sie 2021 Staatssekretärin im Kanzleramt wurde. Anfangs nur für Jugend zuständig, wuchs ihr Portfolio während ihrer Amtszeit um Zivildienst und Digitalisierung. Nun wird die Chefin der Jungen ÖVP und ÖAABlerin in einem im Kanzleramt angesiedelten Ministerium neben Jugend für Familie, Integration und EU zuständig sein.

Norbert Totschnig, Agrar- & Umweltminister

Der Osttiroler wurde von Nehammer 2022 zum Minister gemacht, nachdem Kurz-Vertraute Elisabeth Köstinger die Politik verließ. Galt stets als Ablösekandidat, hat sich aber etabliert, die Bauern schätzen ihn. Seit 2017 war der 50-Jährige Direktor des in der ÖVP gewichtigen Bundes. Politische Erfahrung sammelte er auch schon in den Kabinetten Michael Spindelegger und Reinhold Mitterlehner.

Gerhard Karner, Innenminister

Der 57-jährige Niederösterreicher aus Texingtal bleibt in der Wiener Herrengasse. Karner begleitete Nehammer 2022, als dieser ins Kanzleramt aufstieg. Jetzt ist Nehammer weg – und Karner weiter für Polizei und Asyl zuständig. Fremd war ihm diese schon als er dort 2021 einzog nicht, leitete der gebürtige Melker doch bereits vor über 20 Jahren dort die Presseagenden von Ernst Strasser. In der Zwischenzeit machte der ÖAABler in Niederösterreich Karriere: von 2003 bis 2015 Geschäftsführer der ÖVPNÖ, ab 2003 Landtagsabgeordneter, von 2015 bis zur Angelobung als Minister Zweiter Landtagspräsident und Bürgermeister von Texingtal.

Klaudia Tanner, Verteidigungsministerin

Die leutselige Bauernbündlerin aus Scheibbs (NÖ) hat sich gut eingearbeitet, die Truppe liebt ihre resche Art. Sie darf das Bundesheer weiter ausbauen und bekommt Geldmittel, von denen ihre Vorgänger nicht zu träumen wagten. Nicht nur die bisherige Regierungstätigkeit verbindet Tanner und Karner: Auch sie kommt aus Niederösterreich und auch sie diente schon im Kabinett Strassers. Die 54-Jährige galt schon 2017 als Anwärterin für den Job, der dann doch der FPÖ zufiel. Als Sebastian Kurz zwei Jahre später mit den Grünen eine Regierung einging, fiel die Wahl dann auf die Schwägerin seines Beraters Stefan Steiner. Zuvor saß sie für rund ein Jahr im niederösterreichischen Landtag, befasste sich dort aber mit Themen wie Kultur, Verfassung und Gesundheit.

Wolfgang Hattmannsdorfer, Wirtschaftsminister

Flexibel ist er: Vom kritischen Ampelverhandler wandelte sich der 45-Jährige Ex-Landesrat aus OÖ zum noch kritischeren FPÖ-ÖVP-Verhandler – und wird mit dem Amt des mächtigen Wirtschaftsministers belohnt. Erst vor wenigen Monaten wechselte der 45-Jährige, der aus dem ÖAAB stammt, aber auch Wirtschaftsbund-Mitglied ist, nach Wien und wurde zum Generalsekretär der Wirtschaftskammer. Erfahrung in der Privatwirtschaft hat er freilich kaum.

Barbara Eibinger-Miedl, Finanzstaatssekretärin

Die 45-jährige Steirerin ist seit 2017 Wirtschaftslandesrätin und soll ein strenges Auge auf den SPÖ-Finanzminister haben. Sie ist verheiratet und Mutter einer Tochter.

Elisabeth Zehentner, Wirtschaftsstaatssekretärin

Die gebürtige Oberösterreicherin war Chefin der Jungen Wirtschaft und leitete zuletzt eine wirtschaftsnahe NGO. Sie soll Wirtschaftsminister Hattmannsdorfer unterstützen. Die Chefin des der Wirtschaftskammer und Industriellenvereinigung nahestehenden Thinktanks “Oecolution” meinte in der Vergangenheit etwa, Österreich solle sein Ziel, bis 2040 klimaneutral zu werden, überdenken.  

Alexander Pröll, Kanzleramtsstaatssekretär

Der 35-jährige Sohn des früheren ÖVP-Chefs Josef Pröll ist der engste Vertraute von Parteichef Christian Stocker – und soll diesen im Kanzleramt entlasten. Er soll mit Michaela Schmidt die Regierungskoordination übernehmen. 

 

Das ist das SPÖ-Team

Andreas Babler, Vizekanzler

Andreas Babler machte als Bürgermeister von Traiskirchen Karriere, seit einem Chaosparteitag 2023 ist der frühere Juso SPÖ-Chef, schaffte seitdem aber keine Einheit seiner Partei. Er wird Vizekanzler, zuständig für Wohnen, Sport, Kunst und Medien. In eine Arbeiterfamilie hineingeboren, wuchs er in finanziell schwierigen Verhältnissen auf, verdingte sich als Lagerarbeiter sowie als Zeitsoldat. Nebenbei war Babler politisch aktiv, in der Sozialistischen Jugend brachte er es bis zum Bundessekretär. Nationale Bekanntheit erlangte er als Bürgermeister des für sein Erstaufnahmezentrum bekannten Traiskirchens. Eine Zeit lang war er Mitglied des Bundesrates, 2023 gewann er die kuriose Kampfabstimmung um die Nachfolge von Pamela Rendi-Wagner als SPÖ-Chef.

Markus Marterbauer, Finanzminister

Der neue Finanzminister und Wunschkandidat Bablers dürfte in der Dreierkoalition wohl den Gegenpol zu den Wirtschaftsparteien ÖVP und NEOS darstellen. Der 60-Jährige war schon in den letzten Jahren lauter Vertreter linker Wirtschaftspolitik und eines starken Sozialstaats und damit auch scharfer Kritiker des Neoliberalismus. Die nötige Expertise kann man Marterbauer dabei kaum absprechen, war er doch beruflich an der Wirtschaftsuniversität Wien, dem Wifo und der Arbeiterkammer tätig. Dazu dient er als Vizechef des Fiskalrats. Im Rennen um den Posten des Finanzministers nicht geschadet haben dürfte Marterbauer auch, dass er sich schon im Nationalratswahlkampf im Personenkomitee für Babler engagiert hat.

Peter Hanke, Infrastrukturminister

Der Wiener Finanzstadtrat wird Infrastrukturminister. Er war bis 2018 Manager der städtischen Wien-Holding. Trotz fehlender Parteilaufbahn gehört der 60-Jährige zum roten Parteiadel. Er gilt als integrer Sachpolitiker – mit Hang zu feinem Tuch.

Anna Sporrer, Justizministerin

DIE Überraschung im SPÖ-Team. Derzeit ist die 62-Jährige Mödlingerin Vizepräsidentin des VwGH. Sie ist verheiratet und hat eine Tochter. Von 1996 mit Unterbrechungen bis Ende 2013 war sie im Verfassungsdienst im Bundeskanzleramt tätig, daneben war sie unter anderem Vorsitzende der Gleichbehandlungskommission, Mitglied im Menschenrechtsbeirat und der Bioethikkommission. Sie diente schon in den 1990er-Jahren im Kabinett der damaligen Frauenministerin Helga Konrad. Ab 2010 war sie für ein paar Monate Kabinettschefin von Frauenministerin Gabriele Heinisch-Hosek.

Korinna Schumann, Sozialministerin

In der Gewerkschaft ist die 58-Jährige eine große Nummer, zuletzt war die Wienerin Frauenvorsitzende. Seit 1989 arbeitet sie im Sozialministerium, sie ist also Insiderin. Politisch brachte es Schumann 2022 sogar zur Präsidentin des Bundesrates.

Eva-Maria Holzleitner, Frauen- und Wirtschaftsministerin

Neben Plakolm die einzige Unter-50-Jährige bei SPÖ & ÖVP. Mit Plakolm verbinden sie nicht nur Alter und oö Wurzeln, sondern auch die Berufserfahrung, seit 2017 ist sie im Parlament. Wie Plakolm ist Holzleitner eine große Zukunftshoffnung für ihre Partei. Trotz eines Bauern zum Vater trat Holzleitner bereits in jungen Jahren der sozialdemokratischen Partei bei und durchlief mit Junger Generation und der SPÖ-nahen Aktion Kritischer Schüler*innen auch mehrere Vorfeldorganisationen.

Michaela Schmidt, Staatssekretärin

Wie auch Stocker holt sich Babler eine enge Vertraute in sein Ministerium: Der 38-Jährigen wurde die Politik in die Wiege gelegt, sie ist die Tochter eines früheren AK-Direktors. Schmidt managt den Koalitionsbetrieb.

Jörg Leichtfried, Innenministeriumsstaatssekretär

Der 58-jährige Polit-Profi war schon EU-Mandatar, Verkehrsminister und Klubobmann. Jetzt soll der Steirer roter Vertrauensmann im schwarzen Innenministerium bei Gerhard Karner werden.

Ulrike Königsberger-Ludwig, Gesundheit

Eine routinierte Politikerin, erst Nationalrätin – zuletzt war die Niederösterreicherin Gesundheitslandesrätin und plante Spitalsschließungen. Sie soll das Gesundheitssystem reformieren.

Und zum Schluss die Neos

Beate Meinl-Reisinger, Außenministerin

Dafür, dass sie vor knapp zwei Monaten als Erste vom Verhandlungstisch aufgestanden war und die schwarz-rot-pinken Gespräche platzen ließ, wird die 46-Jährige nun mit dem Außenamt belohnt. In der ersten Dreierkoalition will sie das tun, was sie als einzige Frau unter den Parteichefs seit Pamela Rendi-Wagners Rücktritt gewohnt ist: Ihrem Gegenüber “in den Hintern treten”. Erstmals in bundesweiter Verantwortung, werden die Pinken auch die Stimme der unbeliebten Botschaft sein, kündigte Meinl-Reisinger an. Sie selbst übernahm die 2012 gegründete Partei nach dem Rückzug von Mathias Strolz 2018. Davor saß sie für die NEOS im Nationalrat sowie im Wiener Landtag. Ihre erste politische Erfahrung sammelte sie bei der ÖVP, als Assistentin des EU-Abgeordneten Othmar Karas sowie als Kabinettsmitglied bei Familienstaatssekretärin Christine Marek.

Christoph Wiederkehr, Bildungsminister

Die NEOS dürfen endlich ihr Herzensthema verantworten. Quasi seit der Parteigründung heften sich die Pinken den Einsatz für die Bildung auf die Fahne. Nachdem der 34-Jährige 2018 Meinl-Reisinger als Landesparteichef beerbte, führte er zwei Jahre später seine Partei zum Wahlerfolg bei den Landtagswahlen und in die “Fortschrittskoalition” mit der SPÖ. Der gebürtige Salzburger wurde Vizebürgermeister und Bildungsstadtrat. Sepp, was machst Du im falschen Ministerium?

Sepp Schellhorn, Deregulierungsstaatssekretär

Der Salzburger Gastronom aus Goldegg im Pongau machte nach seinem Rückzug aus der Politik Furore als Instagram-Star mit der Reihe „Sepp, was machst Du?“ Jetzt macht der 57-Jährige den „Staatssekretär für Deregulierung“ im von Meinl-Reisinger geführten Außenministerium. Viele sagen: Das ist das falsche Ministerium, doch die ÖVP wollte den Unruhegeist und Bürokratiefeind nicht im Wirtschaftsministerium. Schellhorn galt zudem im Jänner als Gegner der Ampel – jetzt macht er mit.

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