Die Kathrein Privatbank wird von den Erben eines Kunden, bei dem aufgrund von angeblich langjährigen Malversationen eines Bankmitarbeiters Kundengelder in Millionenhöhe verschwunden waren, auf Zahlung von 50 Mio. Euro geklagt. 

 Zwar habe die Bank bereits eine Kompensation von 35,4 Mio. Euro geleistet, damit seien aber nur die vom Konto verschwundenen Beträge abgegolten worden, nicht jedoch der entgangene Wertzuwachs durch Veranlagung und Zinsen, heißt es von der Klagsseite.

Zudem fordern die Erben eine Feststellung, da die tatsächliche Schadenshöhe nicht eindeutig sei und die geforderte Zahlung noch überschreiten könnte, schreiben die Anwälte der Kanzlei “Aigner Lehner Zuschin” in der Klagsschrift, die der APA vorliegt. Die Vorgeschichte des Falls reicht viele Jahre zurück. Ende 2023 war bekannt geworden, dass ein Mitarbeiter der Kathrein Privatbank anscheinend im großen Stil Kundengelder abgezweigt hatte – und das seit den späten 1990er-Jahren. Der Kläger war nicht der einzige Geschädigte, insgesamt sollen von den Malversationen zehn Kunden betroffen gewesen sein, Ende 2023 wurde der Schaden mit rund 27 Mio. Euro beziffert. Jahrelang dürften die Malversationen des Mitarbeiters nicht aufgefallen sein, da auf Kontoauszügen kein Abgang von Geldern sichtbar gewesen sei. Der Fall sei erst aufgeflogen, nachdem der betroffene Kunde Anfang 2023 verstorben war und die Erben nur einen Bruchteil der über Jahrzehnte eingezahlten Gelder, nämlich rund 5,4 Mio. Euro, auf dem Konto vorfanden, heißt es von den Anwälten des klagenden Kunden.

“Offenbar haben in diesem Fall sämtliche Compliance-Mechanismen in der Bank über Jahrzehnte hinweg grundlegend versagt,” sagte Rechtsanwalt Lukas Aigner zur APA. Auch der ebenfalls mit dem Fall betraute Anwalt Benjamin Zupancic sprach von einem “schockierenden Bankenversagen”. Der Mitarbeiter habe laut Klagsschrift über Jahre hinweg “faktisch im Alleingang” agiert und große Geldsummen des Klägers in seine persönliche Sphäre gebracht, das in Banken sonst übliche “Vier-Augen-Prinzip” habe nicht gegriffen.

Aus Ermittlungen der Wirtschafts- und Korruptionsstaatsanwaltschaft (WKStA) gehe zudem hervor, dass der Mitarbeiter einen “höchst ausschweifenden Lebensstil” gepflegt habe – mit teuren Immobilien im In- und Ausland und sehr kostspieligen Reisen, heißt es in der Anklageschrift. Die (WKStA) ermittelt aktuell noch in dem Fall. Die Ermittlungen seien fortgeschritten, aber noch nicht abgeschlossen, sagte die WKStA auf APA-Nachfrage. Es gilt die Unschuldsvermutung. Die Anzeige gegen den Mitarbeiter hat die Kathrein Privatbank nach eigenen Angaben selbst erstattet.

Die Kathrein Privatbank gehört der RBI

Das Institut, dessen Alleinaktionär die Raiffeisen Bank International (RBI) ist, räumte bereits 2023 Probleme mit dem Mitarbeiter ein und erneuerte diese Aussage nun gegenüber der APA. “Wir haben 2023 Unregelmäßigkeiten bei Tätigkeiten eines Mitarbeiters festgestellt. Die betreffende Person wurde umgehend entlassen”, schreibt die Kathrein Bank in einem Statement. Die entstandenen Abflüsse seien bereits außergerichtlich ersetzt worden. Auch die Klagsseite bestätigte, dass die Bank bereits außergerichtlich 35,4 Mio. Euro an den Kläger gezahlt hat. Dieser argumentiert jedoch, dass das verschwundene Geld auch gewinnbringend veranlagt worden wäre und fordert auch den verlorenen Wertzuwachs des Vermögens ein – er kommt auf eine Summe von 50 Millionen Euro. Die Zahl leite sich aus den Ergebnissen der Untersuchung eines Wirtschaftsprüfers ab, der in dem Fall von der Kathrein Bank selbst hinzugezogen wurde, heißt es in der Anklage weiter.

Außergerichtlich konnte dennoch keine Einigung über eine solche Zahlung erreicht werden. Dementsprechend kam es nun zur Klage. Die Bank spricht von “unterschiedlichen Standpunkten zu einer Ersatzpflicht für Erträge einer hypothetischen Alternativveranlagung” und “bedauert die Eskalation” des Falls. In der Klage heißt es, die Bank habe derartige Ansprüche nicht generell ausgeschlossen, “stellte sich aber unter anderem auf den Standpunkt, bei der Kompensationsberechnung virtuelle “Negativzinsen” für den Zeitraum von 2015 bis 2022 anzuwenden”. Nach dieser Logik “hätten sich die Ersatzansprüche des Klägers nach 2015 allerdings sogar nominell gemindert” und nicht einfach die Inflation für die verschwundenen Gelder abgegolten.

Kathrein: Haben ausreichend Vorsorge getroffen

Ob durch den Streitfall nun ein weiterer Schaden für die Bank entsteht und wie hoch dieser ausfallen wird, wird das Gericht entscheiden. Die Kathrein Bank fühlt sich finanziell für jeden Ausgang gut abgesichert. “Wir haben in Abstimmung mit unserem Wirtschaftsprüfer ausreichend Vorsorge getroffen und werden auch für den Fall, dass der maximalen Forderung der klagenden Partei recht gegeben wird, in der Lage sein, dieser nachzukommen”, teilte die Bank in einem Statement an die APA mit.

Im Geschäftsjahr 2023 schrieb die Kathrein Bank laut Jahresabschluss einen Überschuss von rund 1,4 Mio. Euro. Die Betriebserträge beliefen sich auf rund 68,6 Mio. Euro, die Betriebsaufwendungen auf knapp 67 Mio. Euro. 2023 beschäftigte die Bank laut Wirtschaftscompass 110 Mitarbeiter.

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