Der 37-Jähriger ist am Donnerstag von einem Geschworenensenat im Landesgericht Wels wegen einer Geiselnahme im AMS Gmunden zur Mindeststrafe von zehn Jahren Haft verurteilt worden. Zudem wird er in ein forensisch-therapeutisches Zentrum eingewiesen. Das Urteil ist rechtskräftig. 

Die dramatischen Szenen haben sich am 19. September 2024 im AMS-Gebäude in Gmunden abgespielt. Der 37-Jährige, der drei große Küchenmesser und vier Handschellen in seinem Rucksack mithatte, soll zuerst einen Mitarbeiter beim Infostand bedroht haben. Danach nahm der seinen Betreuer als Geisel, bedrohte eine weitere Mitarbeiterin und schickte alle in der Etage anwesenden Personen aus dem Gebäude.

Der Geiselnehmer selbst rief die Polizei und verlangte nach der Verhandlungsgruppe. Kurze Zeit später konnte der Mann festgenommen werden. 

 “Sein Motiv: Der bisher unbescholtene, arbeitslose und verschuldete Mann habe eine “Wohnung für immer” im Gefängnis gesucht, sagte die Staatsanwältin in ihrem Plädoyer am Landesgericht in Wels am Donnerstag. Sie werde aufgrund eines entsprechenden psychiatrischen Gutachtens neben einer Strafe auch eine Unterbringung in einem forensisch-therapeutischen Zentrum beantragen.

Die Staatsanwältin beschrieb zunächst die wenig erfolgreiche Berufslaufbahn des Angeklagten. Im Juni war sein Arbeitslosengeld ruhend gestellt worden, weil er durch sein Verhalten immer wieder selbst dazu beigetragen hatte, dass aus Jobangeboten nichts wurde. Die Mietrückstände und Schulden seien immer mehr geworden, die Delogierung drohte und er habe zu recherchieren begonnen, wie er zu einer “Wohnung für immer” komme, so die Anklagevertreterin.

Er habe nachgeforscht, “welche Straftat muss ich begehen, damit ich möglichst lange ins Gefängnis komme und niemanden verletzen muss”. Dabei sei er auf eine Geiselnahme gekommen. Der Vorwurf der Staatsanwaltschaft lautet auf erpresserische Entführung und Nötigung. Dafür droht eine Freiheitsstrafe von zehn bis 20 Jahren Haft. Ein Gutachten bescheinigt dem Mann Zurechnungsfähigkeit, aber auch Gefährlichkeit aufgrund einer Persönlichkeitsstörung. Die Staatsanwaltschaft will daher eine Strafe und eine Einweisung.

“Angst, die Existenz zu verlieren”

Ihr Mandant bedaure die Tat und habe mittlerweile eingesehen, einen Fehler gemacht zu haben, sagte die Verteidigerin. Er habe sich beim AMS mit einem Brief entschuldigt und werde sich umfassend geständig verantworten. Sein Motiv: “Er hatte Angst, seine Existenz zu verlieren.”

Der 37-Jährige selbst sagte, er wäre damals bereit gewesen, sich von der Polizei erschießen zu lassen. In seiner Einvernahme gab er sich reuig: “Das ist schon heftig, was ich da an den Tag gebracht habe.” Das sei ihm heute bewusst, “ich hätte es anders lösen müssen”. Es sei ihm auch klar, dass Verletzungen auch psychisch sein könnten, meinte er in Hinblick auf die Geisel. Mit der Diagnose des psychiatrischen Gutachters, der ihm eine Persönlichkeitsstörung attestiert, ist er aber nicht einverstanden.

 Schulklasse während Geiselnahme im AMS

Ein Vorgesetzter beschrieb, dass zum Zeitpunkt der Geiselnahme eine Klasse Mittelschüler im Haus gewesen sei. Eine Kollegin habe aber geistesgegenwärtig reagiert und die Jugendlichen mit einem Spiel in einem abgeschlossenen Raum still beschäftigt, sodass sie möglichst sicher waren und gar nichts von dem Vorfall mitbekamen.

Ein Gutachten bescheinigt dem Angeklagten Zurechnungsfähigkeit, aber auch Gefährlichkeit aufgrund einer kombinierten Persönlichkeitsstörung mit emotionaler Instabilität und histrionischen sowie narzisstischen Anteilen. Wesentliches von Unwesentlichem zu unterscheiden, falle ihm ebenso schwer wie Selbstkritik, eine “Überhöhung des eigenen Selbstbildes” gehe einher mit rascher Kränkbarkeit und Empathielosigkeit, so der Sachverständige Peter Hofmann. Er sehe ein, dass er sich helfen lassen müsse, sagte der Angeklagte – “aber ich bin kein Narzisst”, fühlt er sich vom Gutachter falsch diagnostiziert.

Die Staatsanwaltschaft beantragt auf Basis des Gutachtens eine Strafe und eine Einweisung. Zu Mittag zogen sich die Geschworenen zur Beratung zurück. Ein Urteil ist somit am Nachmittag zu erwarten.

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