In der Landwirtschaft Auszubildende werden in Tirol in Zukunft Erfahrungen mit einer “digitalen Kuh” machen: Mithilfe von zehn VR-Brillen (Virtual Reality) sollen diese auf die Realität in der landwirtschaftlichen Arbeit vorbereitet werden, hieß es am Mittwoch bei einer Pressekonferenz.
Die Brillen würden vorerst – österreichweit einzigartig – bei Lernmodulen über die Arbeit mit Rindern bzw. Kälbergeburten eingesetzt. Rund 80.000 Euro wurden dafür vom Land aufgewendet.
Das Projekt wurde laut den Verantwortlichen im Zuge der Digitalisierungsoffensive Berglandwirtschaft 3.0 und in Zusammenarbeit zwischen dem Ländlichen Fortbildungsinstitut (LFI), dem Land Tirol bzw. dessen Landesveterinärdirektion sowie der Landwirtschaftskammer Tirol entwickelt. “Die VR-Brillen erleichtern Auszubildenden anhand von bildlichem Lernen das Aufnehmen von Informationen und man hat sozusagen die Möglichkeit, ins Thema einzutauchen”, erläuterte Landeshauptmannstellvertreter und Agrarlandesrat Josef Geisler (ÖVP). Mit sogenannten “Großtier-Praktika” habe man damit begonnen, auf das zunehmende Fehlen von Großtierärzten im Bundesland zu reagieren, mithilfe moderner Technologien wie den VR-Brillen könnten Bildungsangebote nun noch effektiver gestaltet werden. Der Beruf des Veterinärs werde außerdem zunehmend weiblich, erklärte Geisler. Angehende Tierärztinnen würden mithilfe von VR-Simulationen bestmöglich auf die Realität der Arbeit mit Großvieh vorbereitet.
Mixed-Reality und Virtual Reality
Und so funktionierts: “Zunächst kommt man in einen Mixed-Reality-Raum und kann die Menschen im Seminarraum noch erkennen”, erklärte Projektleiterin Nikola Kirchler vom LFI Tirol vor versammelter Presse. Erst in einem zweiten Schritt bzw. bei späteren Modulen würde man in eine virtuelle Welt geführt, in welcher man die Realität komplett ausblende. “Hier kann man dann die Kuh sozusagen von innen untersuchen oder auch den Querschnitt analysieren”, führte Kirchler weiters aus. Man nutze jedenfalls modernste Technologien, um “spielerisch” ins Thema einzusteigen. Die Inhalte seien in drei Module (Vorbereitung, Geburt und Nachbereitung) aufgeteilt und die interaktive Anwendung dauere zwischen 20 und 30 Minuten.
“Digitale Kuh” im Seminarraum österreichweit einzigartig
Derartige Technologien würden zwar sporadisch schon in Deutschlands Berufsschulen verwendet, in Österreich und im landwirtschaftlichen Bereich wäre Tirol hier jedoch “voran”. Eine “ältere Technologie” bzw. eine sogenannte “Kuhbrille” sei zwar schon von der Landwirtschaftskammer in Niederösterreich entwickelt worden, integriert in den Bildungsbereich sei dies österreichweit jedoch einzig in Tirol. Für das Thema Kälbergeburt habe man sich vor allem deshalb entschieden, weil man den Prozess ohne VR-Brillen “nicht in den Schulungsraum holen” könnte, dieser jedoch zentral für die “Rinder- und Milchwirtschaft” sei.
Landwirtschaftskammerpräsident Abg. Josef Hechenberger (ÖVP) hatte jedenfalls “eine Riesenfreude” mit dem Projekt und verwies darauf, wie gut alle Beteiligten zusammengearbeitet hätten. “Als praktizierender Bauer weiß ich, wie unvorhersehbar eine Kälbergeburt sein kann und wie viel man auch nach Jahren der Praxiserfahrung noch dazulernen kann”, betonte der Kammerchef. Mithilfe von Simulationen könnten sich Interessierte nun auch auf unvorhersehbare Situationen bestmöglich vorbereiten.
Die Obfrau des Ländlichen Fortbildungsinstitutes, Christine Lintner, stieß ins selbe Horn und bezeichnete das “risikolose Ausprobieren im Seminarraum” von so wichtigen Vorgängen wie Geburten als “revolutionär” für den landwirtschaftlichen Bereich in Österreich. In Zukunft könne man die Arbeit mit VR-Brillen auf weitere Bereiche ausweiten, beispielsweise auf die Analyse von Bodenbeschaffenheit, verwies Lintner auf mögliche Projekte der Zukunft.