Was früher ein einfaches Werkzeug für die Wegbeschreibung war, hat sich zu einem der zentralsten digitalen Dienste der Gegenwart entwickelt.
Google Maps gehört für viele Menschen zum Alltag – egal, ob sie zu Fuß unterwegs sind, mit dem Auto fahren oder öffentliche Verkehrsmittel nutzen. Doch inzwischen steckt viel mehr dahinter als bloß eine Karte mit Wegbeschreibung.
Google Maps wird zur All-in-One-App
Wer sich heutzutage auf den Weg macht – sei es zur Arbeit, zum Restaurant oder zum nächsten Termin – greift oft zuerst zum Handy. In den meisten Fällen ist es Google Maps, das geöffnet wird. Die App zeigt den schnellsten Weg, verrät, ob Stau droht, und kennt sogar Öffnungszeiten von Geschäften oder Bewertungen von Lokalen.
Doch das ist nur die Oberfläche. Hinter den Kulissen wächst Google Maps weiter und wird immer vielseitiger. Große Technologieexperten vermuten, dass Alphabet – die Mutterfirma von Google – plant, Maps zu einer sogenannten „Super-App“ zu machen. Das bedeutet: Eine App für möglichst viele Dinge des täglichen Lebens. Vergleichbare Modelle gibt es zum Beispiel in China mit WeChat, wo man nicht nur Nachrichten verschicken kann, sondern auch Essen bestellt, Arzttermine bucht oder Rechnungen bezahlt. Google Maps könnte also bald mehr sein als nur ein digitaler Stadtplan.
Viel mehr als ein Navi
Die Navigation bleibt zwar die Hauptfunktion, doch mittlerweile bietet Google Maps zusätzliche Informationen:
- Umleitungen bei Störungen
- Hinweise auf rollstuhlgerechte Wege
- Strecken mit geringerem CO₂-Ausstoß
- Warnungen bei Gefahrensituationen (z. B. Unfällen)
Laut Schätzungen nutzen weltweit über eine Milliarde Menschen den Dienst – jeden Monat.
Ein weiterer Punkt: Die sogenannte API (eine Schnittstelle für andere Programme) von Google Maps ist in über 3,5 Millionen weiteren Anwendungen und Internetseiten eingebaut. Das bedeutet: Auch wenn Sie Google Maps nicht direkt öffnen, greifen Sie vielleicht trotzdem auf dessen Daten zu – etwa bei einer Fahrt mit Uber oder beim Bestellen von Essen über Lieferdienste.
Mit einem Marktanteil von über 70 Prozent gilt Google Maps als unangefochtener Marktführer in Sachen digitale Karten. Konkurrenzprodukte wie Apple Maps oder Here Maps sind zwar vorhanden, kommen aber längst nicht auf dieselben Nutzerzahlen. Außerdem ist der Aufbau eines eigenen Kartennetzwerks teuer – es geht dabei um Kosten in Milliardenhöhe. Und wenn doch einmal eine interessante Konkurrenz auftaucht, greift Google zur Geldbörse. So wurde zum Beispiel der Navigationsdienst Waze im Jahr 2013 von Google übernommen.
Behörden schauen genau hin
In Deutschland wurde bereits geprüft, ob Google seine Position unfair nutzt – etwa, indem anderen Anbietern bestimmte Funktionen oder Daten nur eingeschränkt zur Verfügung gestellt werden. Inzwischen ist Google verpflichtet, einige Dienste auch einzeln anzubieten, damit Konkurrenzprodukte nicht vollständig ausgeschlossen werden.
Ein Beispiel für Zusammenarbeit: Der Autohersteller Mercedes nutzt bei seinem eigenen Navigationssystem bestimmte Daten von Google – etwa zu Tankstellen, Restaurants oder Sehenswürdigkeiten. So kommen auch Nutzer anderer Systeme in Kontakt mit Google-Daten.
Kleine Firmen kämpfen um Sichtbarkeit
Für kleinere Betriebe ist Google Maps ein wichtiges Werkzeug geworden. Ob ein Geschäft oder Restaurant auf der Karte weit oben erscheint, hängt unter anderem von folgenden Punkten ab:
- Bewertungen anderer Nutzer
- Wie häufig ein Ort gesucht oder geklickt wird
- Wie früh er bei geringem Zoom angezeigt wird
Schlechte Bewertungen oder schlechte Platzierung können rasch Umsatzeinbußen bedeuten – laut Experten im Schnitt bis zu 30 Prozent. Wer auf der Karte nicht sichtbar ist, wird auch im echten Leben weniger besucht.
Ein weiteres Beispiel aus Deutschland: In Hamburg zeigte sich, dass Google Maps bei der Routenplanung oft nicht den offiziellen Konzepten der Stadt folgt. Der Algorithmus führt Autos durch Wohngebiete, wenn das der schnellste Weg ist – sehr zum Ärger der Anrainer. Andererseits liefern genau diese Daten Hinweise darauf, wo es im Verkehrsnetz klemmt und wo Maßnahmen notwendig wären.
Bewegungsdaten sind Gold wert
Google Maps zeichnet auf, wo sich Menschen aufhalten, welche Wege sie nehmen, wo sie einkaufen, essen oder sich treffen. Diese Informationen sind für Werbefirmen sehr interessant. Firmen können Geld dafür bezahlen, dass ihr Geschäft als Zwischenstopp vorgeschlagen wird – zum Beispiel auf dem Weg von der Arbeit nach Hause.
Auch Behörden haben Interesse an diesen Daten. Allein in Deutschland wurden im ersten Halbjahr 2024 über 41.000 Anfragen an Google gestellt, um auf Nutzerdaten zuzugreifen. In etwa 83 Prozent der Fälle hat Google die angeforderten Daten weitergegeben. Zwar werden die betroffenen Nutzer informiert, aber die Kriterien für die Freigabe sind nicht immer nachvollziehbar.
Alles in einer App
In manchen Ländern ist es mit Google Maps bereits möglich, Parkscheine zu bezahlen oder Fahrkarten für Bus und Bahn zu kaufen – zum Beispiel über den Bezahldienst Google Pay. Auch das zeigt, wohin sich die App entwickelt: Man muss sie immer seltener verlassen, um andere Dienste zu nutzen.
Statt viele verschiedene Anwendungen zu installieren, könnte eines Tages Google Maps reichen. Ob Essen bestellen, Wege finden, Geschäfte vergleichen oder sogar Tickets kaufen – alles innerhalb derselben Anwendung. Für Nutzer bringt das oft Komfort. Gleichzeitig entsteht eine enorme Abhängigkeit. Denn wer alles in einer App macht, gibt auch viele Informationen an einen Anbieter weiter.