Der Angeklagte hatte sich auch an einem weiteren schlafenden Opfer vergangen. Dazu wurden mehr als 1.000 Fotos und Videos von sexuellen Handlungen an reglosen Frauen sichergestellt

Ktn. Wegen Vergewaltigung und geschlechtlicher Nötigung ist am Freitag ein 63-jähriger Kärntner am Landesgericht Klagenfurt zu acht Jahren Haft verurteilt worden. Der Beschuldigte soll zumindest eine Frau vor der Tat mit einem starken Schlafmittel betäubt und sich an einer weiteren schlafenden Frau vergangen haben. Die Zahl der Betroffenen könnte aber wesentlich höher sein. Das Urteil ist vorerst nicht rechtskräftig.

Eine 38-jährige Frau hatte vor eineinhalb Jahren schwere Vorwürfe gegen den Angeklagten erhoben. Sie habe in seiner Wohnung ein Bier getrunken, danach habe sie ein Blackout gehabt und könne sich an nichts mehr erinnern. In ihrem Blut und Harn wurde der Wirkstoff Zolpidem nachgewiesen – ein Mittel, das eigentlich bei chronischen Schlafstörungen verschrieben wird. Abgesehen von dieser Anwendung ein “klassisches K.O.-Mittel”, wie der Sachverständige Manfred Kollroser vor Gericht ausführte. Nicht nur wird man nach der Einnahme völlig wehrlos – Opfer wiesen auch eine Amnesie auf, können sich also an nichts mehr erinnern. Und: Vergeht nach der Einnahme zu viel Zeit, so ist die Substanz nur mehr sehr schwer bis unmöglich nachzuweisen.

Frau neben einjährigem Sohn missbraucht

Nach der Anzeige der Frau rückte die Polizei in die Wohnung des 63-Jährigen aus und fand ein Video, das der Angeklagte selbst vom Übergriff auf die 38-Jährige angefertigt hatte. Weiters wurde auch ein Video von der zweiten Betroffenen gefunden: Darauf ist zu sehen, wie sich der 63-Jährige in seiner Wohnung an der schlafenden Frau vergeht, während ihr einjähriger Sohn neben ihr schläft. Das war aber nur die Spitze des Eisberges, hielt Staatsanwältin Daniela Zupanc fest: Mehr als 1.000 Fotos und Videos wurden sichergestellt, auf denen der Angeklagte reglose, “offensichtlich illuminierte” Frauen missbraucht.

Die Ermittlungen zu diesen Dateien waren eingestellt worden, weil die Identität der Frauen nicht ermittelt werden konnte. Es stand nicht einmal fest, ob der Mann die Videos in Kärnten oder in Afrika, wo er öfters war, aufgenommen hatte. Jedenfalls wurden in seinem Schlafzimmer mehrere Webcams gefunden. “Selbst mir fällt es schwer, das in Worte zu fassen”, erklärte die erfahrene Staatsanwältin: “Das verursacht bei mir einfach nur einen starken Würgereiz.”

Der Angeklagte selbst hatte seine Schuld im gesamten Prozessverlauf bestritten. Er verwies darauf, dass er mit den beiden Frauen immer noch Kontakt habe. Diejenige, die das Schlafmittel bekommen hatte, wollte sogar die Anzeige gegen ihn zurückziehen, auch wenn sie vor Gericht erklärte, mit den Handlungen des Angeklagten “nicht einverstanden” gewesen zu sein. Die zweite Frau gab vor Gericht an, von den Handlungen nichts mitbekommen zu haben. Ihre Zustimmung habe sie aber auch nicht gegeben. “Tschuldigung!”, meinte sie noch beim Verlassen des Saales zum Angeklagten. Für die Staatsanwältin war klar, dass es zwischen den Frauen und dem Mann ein “Abhängigkeitsverhältnis” gegeben habe, das dieser ausgenutzt habe.

“Besondere Missachtung der Menschenwürde”

Der Schöffensenat unter Vorsitz von Richter Gernot Kugi sprach den Mann nach kurzer Beratung schuldig. Weil der 63-Jährige auch besonders erniedrigende Handlungen gesetzt habe, hatte sich der Strafrahmen auf fünf bis 15 Jahre ausgeweitet. Die Schuld sei klar erwiesen: Die Verabreichung des Schlafmittels sei nur in jenem Zeitfenster möglich gewesen, in dem die betroffene Frau bei ihm in der Wohnung gewesen sei. Dass er die Taten auch noch gefilmt habe, sei den Ermittlungen zugute gekommen. Und generell liege hier eine “besondere Missachtung der Menschenwürde” und ein “besonders hoher sozialer Störwert” vor, etwa indem die Taten direkt neben einem schlafenden Baby gesetzt wurden. Es gebe keinen Zweifel, dass der Mann “gezielt K.O.-Tropfen eingesetzt habe”, außerdem habe er auch selbst zugegeben, dass es keine Einwilligung der Frauen gegeben habe.

Der Angeklagte meldete Nichtigkeitsbeschwerde und Berufung an. Staatsanwältin Zupanc gab keine Erklärung ab.

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