In Verhandlungen zur Wiederherstellung von Autonomiekompetenzen – Doppelstaatsbürgerschaft für FPÖ “Koalitionsbedingung” im Falle einer Regierungsbeteiligung
Innsbruck/Bozen. Die FPÖ und die oppositionelle Süd-Tiroler Freiheit haben am Freitag stockende Autonomieverhandlungen rund um eine Wiederherstellung verloren gegangener Kompetenzen zwischen Südtirol und italienischer Regierung geortet und eine Einbindung Österreichs als “Schutzmacht und Vertragspartner” gefordert. Es gehe aktuell “wenig bis gar nichts weiter”, monierte etwa der Südtiroler Landtagsabgeordnete Sven Knoll (Süd-Tiroler Freiheit) im Zuge einer Pressekonferenz in Innsbruck.
Die Hälfte der Südtiroler Autonomiekompetenzen sei zuletzt verloren gegangen, klagte Knoll. Durch die von Landeshauptmann Arno Kompatscher (SVP) unter der Bedingung einer Wiederherstellung der Autonomiekompetenzen eingegangene Mitte-Rechts-Landesregierung sei zwar wieder Schwung in die Causa gekommen, nun beobachte man jedoch nahezu Stillstand. Es sei fraglich, ob bis 2027 – und damit dem Ende der Legislaturperiode in Rom – noch eine endgültige Verabschiedung des Verfassungsgesetzes möglich sei. Die italienische Regierung beschuldigte Knoll “Erpressungsmethoden” zu verwenden und im Abtausch für Autonomierechte gleichzeitig mehr Einfluss von Italienern festschreiben zu wollen.
Angesichts dessen forderte er eine Einbindung Österreichs in die Verhandlungen. Immerhin handle es sich um eine “ethnische, keine territoriale Autonomie”, die für Südtiroler als österreichische Minderheit in Italien garantiert werde, erinnerte der Landtagsabgeordnete. Vertragspartner seien die Republik Österreich und Italien. Es brauche zudem in Österreich eine Bundesregierung, die “willens sei, sich für die Südtiroler einzusetzen”. “Hoffnungen” setze man auch in eine Wiedereinsetzung des Südtirol-Ausschusses im Nationalrat.
Wurm erneuert Forderung nach Doppelstaatsbürgerschaft
Man habe sich gegen eine mögliche Abschaffung des Ausschusses immer “gewehrt”, meinte FPÖ-Nationalratsabgeordneter und Südtirolsprecher Peter Wurm. Der Ausschuss könne “Druck machen”, was die Autonomierechte betreffe. Obwohl er Bundeskanzler Karl Nehammer bzw. Außenminister Alexander Schallenberg (beide ÖVP) dazu aufgefordert habe, sich um die Situation der verloren gegangenen Autonomiekompetenzen zu kümmern, sei diesbezüglich “nichts passiert”, meinte Wurm und ortete Konfliktscheue mit Italien. Südtirol sei generell ein “Stiefkind” in der Diskussion. Auch die vor Jahren heiß diskutierte Doppelstaatsbürgerschaft für Südtiroler auf freiwilliger Basis wäre weiter eine “Koalitionsbedingung” seitens der FPÖ im Falle einer Regierungsbeteiligung, sollte die derzeit in Verhandlung befindliche Koalition aus ÖVP, SPÖ und NEOS nicht zustandekommen.
Auch die Tiroler FPÖ-Landtagsabgeordnete Gudrun Kofler betonte das freiheitliche Engagement für Südtirol. Es könne nicht sein, dass Autonomierechte “ständig beschnitten” würden. Auf Initiativen ernte man jedoch nur “Beschwichtigungsversuche”, etwa von Außenminister Schallenberg. Was das Einsetzen für Begnadigungen für Südtiroler Freiheitskämpfer betreffe, passiere “auch nichts”, kritisierte Kofler. Hier wolle sich offensichtlich “niemand die Finger verbrennen”. Man müsse die “Schutzmachtfunktion Österreichs” unermüdlich einfordern, so Kofler.
Kompatscher zu Zeitplan zuletzt optimistisch
Kompatscher hatte die Reform des Südtiroler Autonomiestatuts mit der Wiederherstellung verloren gegangener Kompetenzen trotz Verzögerung zuletzt im APA-Gespräch weiter auf Schiene gesehen. Der Verfassungsgesetzesentwurf solle noch heuer fertig sein, die Causa noch vor der italienischen Parlamentswahl 2027 über die Bühne gebracht werden. Der Südtiroler Landeshauptmann hatte indes auch gefordert, dass der Gesetzesentwurf neben dem Landtag in Bozen auch Wien übermittelt werde.
Das Autonomie-Thema war ein zentraler Baustein bei der Bildung der Mitte-Rechts-Fünferkoalition aus Südtiroler Volkspartei, den Südtiroler Freiheitlichen – der ursprünglichen Schwesterpartei der FPÖ -, der Meloni-Partei Fratelli d’Italia, Lega und La Civica nach der Landtagswahl im vergangenen Oktober gewesen. Südtirol will durch die Autonomie-Reform verloren gegangene Kompetenzen zurückerlangen. Dabei geht es um die Wiederherstellung der Standards, die 1992 zur Streitbeilegung vor den Vereinten Nationen (UNO) geführt hatten und durch die italienische Verfassungsreform bzw. Urteile des Verfassungsgerichts über die Jahre immer wieder ausgehöhlt worden waren. Ministerpräsidentin Giorgia Meloni (Fratelli d’Italia) hatte sich in ihrer Regierungserklärung zu Beginn ihrer Amtszeit im Jahr 2022 dezidiert dafür ausgesprochen.