Ein Forschungsteam aus den USA hat erstmals Mäuse gezüchtet, die ein besonders dichtes, wolliges Fell tragen – eine genetische Anpassung, die auf uralte Mammut-DNA zurückgeht.
Diese scheinbar kleine Sensation könnte langfristig eine zentrale Rolle dabei spielen, ausgestorbene Mammuts wieder zum Leben zu erwecken. Doch was steckt hinter dieser aufsehenerregenden Entwicklung, und wie realistisch ist die Rückkehr der riesigen Tiere in die Wildnis?
Die ersten „wolligen Mäuse“ der Welt
Das Biotechnologie-Unternehmen Colossal Biosciences, mit Sitz in Texas (USA), hat vor wenigen Tagen die weltweit ersten „wolligen Mäuse“ vorgestellt. Diese Labormäuse wurden gezielt so verändert, dass sie ein besonders dickes, dichtes und langes Fell entwickeln – inspiriert von der Fellstruktur des ausgestorbenen Wollhaarmammuts.
Der Ansatz: Die Forscherinnen und Forscher kombinierten moderne Gen-Analyse mit dem gezielten Einsatz von DNA-Sequenzen, die aus dem Erbgut von Mammuts stammen. Das Ergebnis ist eine Maus mit einer deutlich veränderten Fellstruktur, die wärmeisolierende Eigenschaften hat und sich von normalem Mäusefell stark unterscheidet.
Colossal Biosciences verfolgt mit diesem Projekt ein langfristiges Ziel: Die Wiederbelebung des Wollhaarmammuts, das vor etwa 4.000 Jahren ausgestorben ist. Laut dem Unternehmen könnte das gezielte Einbringen von Mammut-Genen in das Erbgut von Asiatischen Elefanten, die enge Verwandte der Mammuts sind, zur Geburt von Elefanten mit wolligem Fell führen.
Diese Tiere sollen dann in abgelegene Gebiete wie die Tundra in Alaska (USA) oder den Norden Kanadas zurückgebracht werden, wo sie zur Stabilisierung des dortigen Ökosystems beitragen könnten. Die dichte Behaarung wäre eine entscheidende Anpassung an die extremen Kältebedingungen in diesen Regionen.
Genetische Tricks und moderne Werkzeuge
Die genetische Umprogrammierung der Mäuse begann mit einer umfassenden Analyse des Mammut-Erbguts. Moderne Asiatische Elefanten, die heute noch in Teilen Südostasiens leben, teilen etwa 95 Prozent ihres Erbguts mit den ausgestorbenen Mammuts. Dieser hohe Grad an genetischer Verwandtschaft erleichtert es den Forschern, jene Gene zu identifizieren, die für die typischen Mammut-Eigenschaften verantwortlich sind.
Besonders spannend: Für die Entwicklung der wolligen Mäuse mussten nur acht Gene gezielt verändert werden. Diese Gene steuern unter anderem die Haarlänge, die Haarstruktur, die Fellfarbe und die Dichte der Behaarung. Auch Gene, die den Fettstoffwechsel beeinflussen, wurden bearbeitet, da ein effektiver Fettaufbau essenziell für das Überleben in kalten Regionen ist.
So funktioniert die genetische Veränderung
Um die gewünschten Eigenschaften zu erzielen, setzten die Forscher auf moderne Gen-Editing-Methoden. Direkt in befruchtete Mäuse-Eizellen – sogenannte Zygoten – wurden die genetischen Veränderungen eingebracht. Diese Zygoten entwickelten sich im Labor weiter zu Embryonen, die anschließend in Leihmütter eingesetzt wurden. Das Ergebnis: Mäuse mit sieben gezielt veränderten Genen. Eines dieser Gene ist das sogenannte Fibroblast Growth Factor 5 (kurz: FGF5). Dieses Gen ist dafür verantwortlich, dass die Haare der Mäuse bis zu dreimal länger wachsen als bei normalen Labormäusen. Zusätzlich führten die Genveränderungen zu einer welligen Fellstruktur und einer deutlich helleren Fellfarbe – Eigenschaften, die auch bei den Wollhaarmammuts nachgewiesen wurden.
Was die Forscher nun herausfinden wollen
Laut Ben Lamm, dem Gründer und Geschäftsführer von Colossal Biosciences, ist die erste Generation der wolligen Mäuse vor allem ein Beweis dafür, dass die grundlegenden Techniken funktionieren. In den kommenden Monaten – sobald die zuständige Ethikkommission (Institutional Animal Care and Use Committee, kurz: IACUC) ihre Zustimmung gibt – sollen die Mäuse genauer untersucht werden. Geplant sind Experimente, bei denen die Mäuse unter verschiedenen Temperaturen und Fütterungsbedingungen beobachtet werden. So will man herausfinden, ob die genetischen Veränderungen tatsächlich einen Vorteil in kalten Umgebungen bieten.
Die nächste Stufe: Wollige Elefanten
Langfristig will Colossal Biosciences die Techniken, die bei den Mäusen erfolgreich waren, auch auf Asiatische Elefanten anwenden. Das Ziel: Die Geburt eines Elefantenkalbs, das in seinem Aussehen, Verhalten und seinen körperlichen Eigenschaften möglichst nahe an ein Wollhaarmammut herankommt. Ben Lamm rechnet damit, dass bis Ende 2026 die ersten genveränderten Elefanten-Embryonen existieren könnten. Da die Tragezeit bei Elefanten etwa 22 Monate beträgt, könnte das erste „wollige Elefantenkalb“ frühestens 2028 zur Welt kommen.
Kritik aus der Wissenschaft
Nicht alle Fachleute teilen die Begeisterung von Colossal Biosciences. Dr. Alena Pance von der University of Hertfordshire (Großbritannien) weist darauf hin, dass es nicht neu sei, mithilfe von Mäusen die Auswirkungen einzelner Gene zu erforschen. Zudem seien die aktuellen Experimente eher einfache Funktionsverluste bestimmter Gene – die tatsächliche Einführung von Mammut-Genen in Mäuse sei nicht erfolgt. Auch Dr. Denis Headon von der University of Edinburgh (Schottland) betont, dass eine dickere Behaarung allein aus einem Elefanten noch lange kein Mammut mache. Verhaltensweisen, Stoffwechselanpassungen und soziale Strukturen seien mindestens genauso wichtig wie äußerliche Merkmale.
Ethische und praktische Herausforderungen
Ein weiteres Problem: Der große Unterschied zwischen Mäusen und Elefanten. Mäuse bekommen nach etwa drei Wochen Nachwuchs, Elefanten hingegen tragen ihre Jungen fast zwei Jahre aus – die längste Tragezeit aller Landsäugetiere. Zudem dauert es bei Elefanten oft mehr als zehn Jahre, bis sie geschlechtsreif sind.
Auch die Fortpflanzungstechnologien bei Elefanten stehen noch am Anfang. Versuche, Elefanten mit künstlicher Befruchtung zu züchten, waren bisher nur selten erfolgreich. Das wirft Fragen auf: Wie viele Elefantenkühe müssten solche riskanten Versuche durchlaufen, bis tatsächlich ein gesundes „wolliges Elefantenkalb“ geboren wird?