Unser Gehirn ist formbar und kann sich wandeln, in jedem Alter! Das heißt, es ist nie zu spät, neue Gewohnheiten zu entwickeln und unerwünschtes Verhalten abzulegen.

Jede und jeder von uns hat schon einmal versucht, eine neue Gewohnheit zu etablieren oder unerwünschte Verhaltensweisen loszuwerden. Dabei stoßen wir oft auf Hindernisse, denn das menschliche Gehirn gibt tief verwurzelte Muster nicht so einfach auf. Das kann frustrierend sein. Die gute Nachricht für alle die negative Glaubenssätze oder unerwünschte Verhaltensweisen loswerden möchten: Unser Gehirn ist formbar und anpassungsfähig und das bis ins hohe Alter. Und zwar mit Hilfe von Neurohacks.

Neurohacks sind Methoden, Strategien oder Techniken, die uns helfen sollen unser Gehirn effizienter zu nutzen. Damit können wir unser Gehirn neu programmieren und dadurch nicht nur neue, positive Gewohnheiten entwickeln, sondern auch unerwünschte Verhaltensweisen erfolgreich ablegen. Der Schlüssel liegt darin kleine Schritte zu machen, geduldig zu sein und unser Umfeld sowie unsere inneren Belohnungssysteme klug zu nutzen.

Gehirn als Gewohnheitsmaschine

Um zu verstehen, wie Neurohacks funktionieren, müssen wir zunächst einen Blick darauf werfen, wie das Gehirn Gewohnheiten formt. Unser Gehirn ist darauf ausgelegt, Energie zu sparen, indem es so viele Prozesse wie möglich automatisiert. Diese Automatisierungen sind Gewohnheiten – festgelegte Muster, die in den neuronalen Verbindungen des Gehirns abgespeichert sind. Wenn eine Handlung immer wieder wiederholt wird, wird sie zur Routine und das Gehirn benötigt weniger Energie, um sie auszuführen. Das erklärt, warum es so schwer ist, unerwünschte Verhaltensweisen loszuwerden und warum neue Gewohnheiten Zeit und Geduld erfordern.

Die Macht der Neuroplastizität

Zum Glück besitzt das Gehirn eine erstaunliche Fähigkeit: die Neuroplastizität. Sie beschreibt die Fähigkeit des Gehirns, seine Struktur und Funktion aufgrund von Erfahrungen, Gedanken und neuen Lerninhalten zu verändern. Neurohacks nutzen diese Plastizität, um alte, unproduktive neuronale Bahnen durch neue, förderliche Muster zu ersetzen.

Kleine Schritte

Das Prinzip der Mini-Habits: Eine der effektivsten Methoden, um neue Gewohnheiten zu etablieren, besteht darin, mit sehr kleinen Schritten anzufangen. Das Gehirn reagiert negativ auf Überforderung oder drastische Veränderungen. Daher ist es ratsam, neue Verhaltensweisen in minimaler Form zu beginnen – zum Beispiel nur eine Minute am Tag zu meditieren oder fünf Minuten zu trainieren. Diese winzigen Veränderungen sind so klein, dass sie keine mentale Barriere erzeugen, aber dennoch ausreichen, um neue neuronale Verbindungen zu schaffen. Sobald die Gewohnheit etabliert ist, können diese Verhaltensweisen schrittweise ausgeweitet werden.

Belohnungssystem

Dopamin als Verstärker: Dopamin ist ein Neurotransmitter, der eng mit Motivation und Belohnung verbunden ist. Jedes Mal, wenn wir etwas tun, das unser Gehirn als positiv bewertet, wird Dopamin freigesetzt, was das Verhalten verstärkt und die Wahrscheinlichkeit erhöht, dass wir es wiederholen. Eine einfache Möglichkeit, eine neue Gewohnheit zu fördern, besteht darin, sich bewusst nach jeder erfolgreichen Ausführung zu belohnen. Dies kann eine kleine Freude sein – wie eine Tasse Kaffee nach dem Training oder das Ansehen einer Lieblingsserie nach einer produktiven Arbeitsphase.

Trigger

Jede Gewohnheit ist an bestimmte Auslöser gebunden. Um neue Gewohnheiten zu schaffen, kann man solche Auslöser gezielt nutzen. Wenn Sie etwa morgens Yoga machen möchten, legen Sie die Matte direkt neben Ihr Bett. Sie können Ihre Yoga-Matte dadurch beim Aufwachen sofort sehen, was der Auslöser für Ihre tägliche morgendliche Yogapraxis sein sollte. Aber Achtung: Es dauert angeblich 18 bis 254 Tage, eine neue Gewohnheit auszubilden. Also nicht gleich nach einer Woche aufgeben.

Visualisierung

Unser Gehirn unterscheidet kaum zwischen einer realen und einer vorgestellten Erfahrung. Dies können Sie nutzen, um neue Verhaltensweisen durch Visualisierung zu stärken. Wenn Sie sich beispielsweise vorstellen, wie Sie erfolgreich eine neue Gewohnheit ausführen – sei es tägliches Laufen oder gesünderes Essen – stärkt das die neuronalen Verbindungen, die mit diesem Verhalten verbunden sind. Dies kann helfen, die Umsetzung im realen Leben zu erleichtern.

Unerwünschtes hinter sich lassen

Alte Gewohnheiten abzulegen, kann genauso herausfordernd sein, wie neue zu etablieren. Hier sind zwei Neurohacks, die dabei helfen können, unerwünschte Verhaltensweisen loszuwerden.

  • Ersetzen: Anstatt zu versuchen, eine schlechte Gewohnheit einfach „aufzugeben“, ist es effektiver, sie durch eine bessere zu ersetzen. Wenn Sie etwa aufhören möchten, abends ungesunde Snacks zu essen, wäre die neue Routine, stattdessen eine Tasse Tee zu trinken. Das Gehirn tut sich schwer, etwas vollständig loszulassen, ohne einen Ersatz zu finden, da es weiterhin nach dem alten Belohnungsmuster sucht.
  • Achtsamkeit: Viele unerwünschte Verhaltensweisen werden unbewusst ausgeführt, wie das Knabbern vor dem Fernseher oder das Klicken auf Social-Media-Apps. Achtsamkeit hilft, diese automatischen Verhaltensweisen bewusst wahrzunehmen und zu unterbrechen. Das heißt für uns, in Momenten, in denen das unerwünschte Verhalten auftritt, innehalten, die aufkommenden Gedanken und Gefühle beobachten. Das hilft uns, aus dem Autopilot-Modus auszusteigen.

Dran bleiben

Die Neurowissenschlaftlerin Nicole Vignola, deren Ziel es ist, die Erkenntnisse der Neurowissenschaft für alle verständlich aufzuschlüsseln, schreibt treffend in Ihrem neuen Buch „Die Good-Habits-Methode: „Wenn Sie eine Gewohnheit oder ein bestimmtes Verhalten ablegen möchten, müssen Sie das bewusst tun und die neue Verhaltensweise so oft wiederholen, bis sie ein Automatismus wird wie das Zähneputzen.“

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