Das Wifo erwartet ohne gegensteuernde Maßnahmen der künftigen Regierung in den kommenden Jahren eine deutlich steigende Staatsschuldenquote in Österreich und ein relativ hohes negatives Budgetsaldo 

Das Budgetdefizit soll sich 2025 auf 4 Prozent des nominellen Bruttoinlandsprodukts (BIP) belaufen und bis 2029 im Schnitt bei 3,8 Prozent liegen, geht aus der aktuellen Mittelfristprognose hervor. Damit wird die Maastricht-Grenze von 3 Prozent deutlich überschritten.

“Es darf keine Tabus mehr geben”

   Wifo-Chef Gabriel Felbermayr fordert von der kommenden Regierung einen “glaubwürdigen Budget-Konsolidierungspfad”. Kurzfristig könne man bei den Einsparungen “viele kleine Maßnahmen” setzen, ohne das Wirtschaftswachstum abzuwürgen. Für die mittlere und längere Frist müsse die Regierung eine “wachstumsorientierte Reformagenda” ausverhandeln. “Es darf keine Tabus geben”, sagte Felbermayr bei der Präsentation der Konjunktur-Mittelfristprognose am Donnerstag in Wien. Das Wifo kommt damit auf ähnliche Zahlen wie zuletzt der Fiskalrat in seiner Prognose für 2025.

Schulden wachsen auf 500 Mrd. Euro

   Die Staatsschulden in Österreich dürften laut Wifo-Prognose bis 2029 ohne Gegenmaßnahmen um rund 107 Mrd. Euro auf rund 500 Mrd. Euro anwachsen. Damit wird die Staatsschuldenquote auf 86,5 Prozent des BIP steigen, ein Anstieg von 6,5 Prozentpunkten gegenüber 2024.

   Möglichen kurzfristigen Einsparungsbedarf sieht der Direktor des Wirtschaftsforschungsinstituts (Wifo) beim Klimabonus, der Indexierung der Sozialleistungen und bei staatlichen Förderungen. Felbermayr sprach sich für eine “massive Absenkung” oder Abschaffung des Klimabonus aus. Die automatische Erhöhung der Sozialausgaben könne man beispielsweise für ein Jahr um einen Prozentpunkt unter der rollierenden Inflation absenken. Bei Subventionen plädiert der Wifo-Chef für Auslaufklauseln (“sunset clause”), damit Förderungen nach einer bestimmten Zeit nur nach einer positiven Evaluierung weitergewährt werden.

   Die Entwicklung des Staatshaushaltes wird in den kommenden Jahren laut Wifo durch hohe demografisch bedingte Transferausgaben, umfangreiche öffentliche Investitionspakete und durch eine abgeschwächte Einnahmendynamik geprägt sein. Zu den budgetären Herausforderungen zählen unter anderem der demografische Wandel, Kinderbetreuung, Klimawandel und geopolitische Risiken. “Wir haben einen Ausgabenkonsolidierungsbedarf bei Bund, Ländern und Gemeinden”, sagte Wifo-Budgetexperte Hans Pitlik. “Es liegt an den Ausgaben, nicht an den Einnahmen.”

   Auf der Einnahmenseite sind für den Wifo-Chef Steuererhöhungen vorstellbar, die am wenigsten wachstumsschädlich sind, etwa bei der Mineralölsteuer oder Steuern auf Alkohol, Tabak und zuckerhaltige Getränke. Auch eine “gut gemachte Bodenwertsteuer” könnte die nächste Regierung in Angriff nehmen, so der Wirtschaftsforscher.

In die Sondierungsgespräche von ÖVP und SPÖ ist das Wifo formell nicht eingebunden. “Das ist gut so”, erklärte der Wifo-Chef. Felbermayr warnte die Verhandler davor, die Auswirkungen der Budgetverschlechterung zu unterschätzen. Es sei “dringend zu vermeiden”, dass die Kreditwürdigkeit Österreichs von den Ratingagenturen schlechter bewertet wird. Eine Ratingabstufung verteuert die Staatsschuldenaufnahme.

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