Europarechtsexperte Walter Obwexer erklärte in der “ZiB2”, wie realistisch CDU-Chef Friedrich Merz’ Asyl-Pläne sind.
Im deutschen Bundestag gingen am Mittwoch ordentlich die Wogen hoch. Hintergrund ist ein von der Union eingebrachter Antrag, der mit Unterstützung der rechtspopulistischen AfD eine Mehrheit fand. Die Vorlage wurde in namentlicher Abstimmung von 348 Abgeordneten unterstützt, 344 stimmten dagegen, zehn enthielten sich. In dem Fünf-Punkte-Plan verlangen CDU/CSU unter anderem die umfassende Zurückweisung von Asylsuchenden an den deutschen Grenzen.
Wie realistisch diese Pläne sind, vor allem in Hinblick auf EU-Recht, wollte “ZiB2”-Moderator Armin Wolf am Mittwochabend vom Innsbrucker Professor für Europarecht Walter Obwexer. Konkret geht es um einen “5-Punkte-Plan”:
- Merz fordert dauerhafte Grenzkontrollen zu den deutschen Nachbarstaaten. Laut Obwexer seien “dauerhafte” Grenzkontrollen nicht möglich. “Sie sind maximal sechs Monate erlaubt und können für maximal weitere sechs Monate bis zu zwei Jahren verlängert werden. Und dafür braucht es jeweils einen anderen neuen Grund.”
- Alle Menschen, die ohne gültige Papiere nach Deutschland einreisen wollen, sind ausnahmslos abzuweisen – also auch jene, die einen Asylantrag stellen. Das sei laut Obwexer ebenfalls laut geltendem EU-Recht nicht möglich.
- Wer ausreisepflichtig ist, soll in Haft kommen. Laut Obwexer sei das “unter ganz gewissen Voraussetzungen möglich”. Nämlich dann, wenn Fluchtgefahr bestehe oder der Drittstaatsangehörige die Rückführung zu vereiteln versucht. “Allerdings nur mit richterlicher Anordnung und für maximal sechs Monate”. Nur unter “ganz strikten Voraussetzungen” sei das um ein weiteres Jahr verlängerbar.
- Mehr Abschiebungen, auch nach Syrien und Afghanistan. Grundsätzlich seien Abschiebungen nach Afghanistan und Syrien nicht möglich. “Nur ganz eingeschränkt, nämlich, wenn es in Syrien oder Afghanistan Zonen geben sollte, in denen die Sicherheit dieser Menschen gewährleistet ist, ginge das nach der Genfer Flüchtlingskonvention”. Das geltende Unionsrecht würde das derzeit nicht erlauben, da der gesamte Staat sicher sein müsste.
- Für ausländische Straftäter fordert Merz unbefristeten Ausreise-Arrest. Laut Obwexer sei das nicht möglich und würde gegen das Grundrecht auf persönliche Freiheit verstoßen.
Sollte Merz nach der Wahl Kanzler werden und diese Maßnahmen tatsächlich durchsetzen, könnte die EU-Kommission ein Vertragsverletzungsverfahren gegen Deutschland einleiten. Drittstaatsangehörige, die davon betroffen wären, könnten sich auch vor deutschen Gerichten wehren. Diese sind dazu verpflichtet, Unionsrecht mit Vorrang gegenüber dem deutschen Recht anzuwenden.