In der FPÖ herrscht nach der gescheiterten Regierungsbildung immer noch Katerstimmung. Offene Kritik am Parteichefs gibt es aber vorerst nicht.

Gedrängel. Manchmal ändern sich Zeiten rasant. Noch im Jänner drängelten sich alle – und zwar wirklich alle – FPÖ-Granden beim blauen Neujahrstreffen auf der Bühne der Pyramide in Vösendorf, um den angehenden „Volkskanzler“ Herbert Kickl zu zelebrieren. Nicht mal zwei Monate später musste sich Kickl am Aschermittwoch in Ried – nach Scheitern seines Regierungsauftrags „Leider-nicht-Kanzler“ – nur mit OÖ-Landesparteichef Manfred Haimbuchner und dem Rieder Vizebürgermeister Thomas Dim als blaue Promis zufriedengeben. Fast schon trotzig ließ er sich von 2.000 Fans als „Noch-nicht-Kanzler“ bejubeln.

Keiner beim Hochamt. Gut, die Salzburger FPÖ-Chefin Marlene Svazek hatte am Aschermittwoch schon im Jahr zuvor in Ried gefehlt, obwohl sie nur eine schwache Autostunde zu fahren gehabt hätte. Aber Norbert Hofer und Harald Vilimsky waren sich zuletzt nicht zu schade gewesen, zu Kickls rechtspopulistischem Hochamt zu erscheinen. Diesmal waren nicht einmal die beiden Generalsekretäre dabei.

Erst Süßigkeiten – dann war der Ofen aus

Ist Kickl allein zu Haus, ein isolierter Parteichef, der den „Volkskanzler“ verzockt hat? FPÖ-Kenner sehen das so: Ja, es gebe hinter vorgehaltener Hand Kritik daran, dass der Parteichef nicht zum Nachgeben bereit war. So hört man, dass Kickl sich zwar anfangs bemüht habe, ja sogar Süßigkeiten in den Verhandlungen mit den Schwarzen verteilt habe. Als dann die ÖVP aber auf das Innenministerium bestand, „war der Ofen aus“. Erklärung eines Insiders: „Der Verlust des Innenministers im Zuge des Ibiza-Skandals war so traumatisierend für ihn, dass er diese Trophäe unbedingt haben wollte.“ ÖVPler weisen darauf hin, dass Kickl auch im Europabereich keinen Millimeter nachgegeben habe und so die Verhandlungen an die Wand gefahren habe.

Tatsache ist aber: Die Enttäuschung ist groß, selbst bei Kickls Vertrauten. Sieht man sich die Fotos jener Pressekonferenz an, bei der Kickl seinen Ausstieg verkündete, so schauen die Generalsekretäre Michael Schnedlitz und Christian Hafenecker darauf so aus, als ob sie an einer Beerdigung teilgenommen hätten. In einer ORF-Reportage erklärte Kickls Top-Verhandler Norbert Nemeth bedauernd: „Wenn du den Regierungsbildungsauftrag hast, melden sich alle mit ihren Ideen, schicken Lebensläufe. Kaum ist der Auftrag weg, herrscht gespenstische Ruhe.“

Blaue suchten schon Kabinettsmitarbeiter

Tatsächlich hatten angehende blaue Minister wie Arnold Schiefer bereits Kabinettsmitarbeiter gesucht. Doch der Traum ist geplatzt. Auch Svazek machte aus ihrem Ärger kein Hehl: „Meine Enttäuschung ist groß.“ Und weiter: „Die Situation tut mir auch deshalb leid, weil zuallererst die Bevölkerung leidet und das Vertrauen in die Politik weiter sinken wird.“

Laut Kritik am Parteichef wird indes – noch – nicht geübt. Einige verweisen auf Kickls zunächst umstrittene Anti-Corona-Linie. Damals waren FPÖ-nahe Ärzte sogar zum Parteichef gepilgert, um ihn von der rabiaten Anti-Impf-Linie abzubringen. Am Ende hat Kickl sich als Meisterstratege erwiesen und seine Partei zur Nummer 1 gemacht. Allerdings zu einer, die nicht kompromiss- und damit auch nicht regierungsfähig ist.

Kickls Wunsch-Szenario liegt auf der Hand: Die sogenannte „Verlierer-Koalition“ verunglückt mit unpopulären Sparpaketen und internen Streitereien – und die FPÖ soll in Neuwahlen brillieren und Partner zu jenen Trump-artigen Tabubrüchen zwingen, zu denen ÖVP-Chef Stocker bisher nicht bereit war. Nur: Beschließt die Ampel ein Doppelbudget, wird die Sache mindestens zwei Jahre halten. Kickl geht dann auf den 60er zu – und ob sich nach den ­Erfahrungen der blau-schwarzen Verhandlungen noch wer mit ihm ­hinsetzt, ist fraglich.

Kommt jetzt die Alpen-Meloni aus Salzburg?

Weitsichtige Blaue schauen schon auf die nächste Generation – und da wird immer wieder Marlene Svazek genannt. Sie regiert in Salzburg ­geräuschlos mit der ÖVP, gilt nicht eben als Kickl-Freundin und versuchte sich zuletzt auch auf dem internationalen Parkett als eine Art Alpen-Meloni zu profilieren.

Doch noch ist es nicht so weit und Kickl führt die Seinen in die Total-Opposition. Ja, seine Umfragewerte sind bestens, Nur: Neuwahl ist derzeit keine in Sicht.

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