Globale Krisen, Katastophen und persönliche Belastungen: Wie wir es schaffen, unser Nervensystem angesichts all der Bad News ins Gleichgewicht zu bringen und Stressund Angst keine Chance geben. 

In einer immer vernetzteren Welt, in der Nachrichten in Echtzeit auf uns einprasseln, stellt sich eine essentielle Frage: Wie viel News erträgt unser Nervensystem, bevor es überlastet ist? Angesichts globaler Krisen, sozialer Spannungen und persönlicher Herausforderungen können Nachrichtenfluten unser Stresslevel erheblich erhöhen und sogar zu einer chronischen Belastung werden.

News-Overload

Nachrichten sind essenziell, um informiert zu bleiben. Sie helfen uns, globale und lokale Ereignisse zu verstehen und bieten Orientierung in einer sich ständig verändernden Welt. Doch der permanente Zugang zu Informationen, insbesondere durch soziale Medien und Push-Benachrichtigungen, kann auch belastend sein. Psycholog:innen sprechen von einem „Information Overload“, einer Überflutung mit Informationen, die Stress, Angst und sogar Erschöpfung auslösen kann.

Wann wird es zu viel?

Nicht jede Art von Nachricht hat den gleichen Effekt auf unsere Psyche. Während positive Nachrichten oder neutrale Informationen oft als unproblematisch empfunden werden, können wiederholte Berichte über Krisen, Katastrophen oder Konflikte unser Stresslevel erhöhen. Studien zeigen, dass exzessiver Konsum von schlechten Nachrichten, auch bekannt als „Doomscrolling“, zu Symptomen von Angst und Depression führen kann.

Wiederholte Konfrontation mit negativen Nachrichten kann unser Nervensystem in einen Zustand ständiger Alarmbereitschaft versetzen. In diesem Zustand wird die sympathische Stressachse aktiviert: Herzfrequenz und Blutdruck steigen und wir geraten in den „Kampf-oder-Flucht“-Modus. Wir nehmen dann Nachrichten als eine signifikante Quelle von Stress wahr, insbesondere während Krisenzeiten wie Pandemien oder geopolitischen Konflikten.

Das autonome Nervensystem

Normalerweise wechselt unser Nervensystem flexibel zwischen Anspannung und Entspannung. Wenn es nun beispielsweise durch Überflutung mit negativen Nachrichten in eine Dysregulation gerät, bleiben wir in einem Zustand chronischer Anspannung. Unser Sympathikus ist dauerhaft aktiviert und somit stehen wir unter Dauer-Stress. Das kann sich in emotionaler Erschöpfung, einem Gefühl von Hilflosigkeit oder Resignation äußern. Die körperlichen Auswirkungen davon zeigen sich etwa in Kopfschmerzen oder Muskelverspannungen. Dazu kann Reizbarkeit und Überreizung oder Gefühllosigkeit kommen. Letzteres ist ein Zustand der Apathie, der eine Schutzreaktion des Nervensystems darstellt.

Nervensystem regulieren

Um nun unser Nervensystem zu regulieren und die negativen Auswirkungen von Stress und Überreizung zu reduzieren gibt es glücklicherweise viele Strategien: Als erstes könnten Sie gezielte Nachrichtenpausen einlegen. Das bewusst geplante „Digital Detox“ hilft, das Nervensystem zu entlasten. Beschränken Sie die Zeit, die Sie mit Nachrichten verbringen und vermeiden Sie vor allem den Konsum vor dem Schlafengehen. Außerdem ist es hilfreich, selektiver bei der Auswahl der Quellen vorzugehen. Wählen Sie solche, die sich auf konstruktiven Journalismus konzentrieren und Lösungen für Probleme präsentieren, statt nur negative Ereignisse zu schildern. Deaktivieren Sie außerdem Push-Benachrichtigungen: Sie führen oft zu impulsivem Konsum, ohne dass wir bewusst entscheiden, ob die Nachricht gerade für uns relevant ist.

Auf der psychologischen Ebene können Instrumente wie Meditation oder Achtsamkeitstraining helfen, Nachrichteninhalte rationaler zu bewerten und emotionalen Stress zu minimieren. Ein wirkungsvolles Instrument zur Regulation sind Atemübungen. Sie fördern die Aktivierung des parasympathischen Nervensystems, das für Ruhe und Regeneration zuständig ist.

  • Tipp für eine Atemübung: Probieren Sie den 4-7-8-Atemrhythmus (4 Sekunden einatmen, 7 Sekunden halten, 8 Sekunden ausatmen). Auch Yoga, Qi Gong oder ein Spaziergang in der Natur helfen, Stresshormone abzubauen und das Nervensystem zu stabilisieren. Studien zeigen, dass Bewegung nicht nur körperlich gesund ist, sondern auch emotional stabilisierend wirkt. Ebenso wichtig ist die soziale Komponente: Ein offenes Gespräch, Lachen oder gemeinsames Entspannen beruhigt das Nervensystem. Verbindungen zu Menschen, die Sicherheit und Geborgenheit vermitteln, helfen uns, unser Nervensystem in stressigen Momenten zu regulieren. Ein „sicherer Raum“ kann physisch (ein gemütlicher Ort) oder mental sein (eine beruhigende Visualisierungsübung).

Die richtige Balance finden

Einfach abzuschalten und Nachrichten komplett zu meiden ist keine Lösung. Nachrichtenvermeidung gefährdet ein Grundprinzip der Demokratie. Nachrichten zu konsumieren, ist wichtig, um informiert zu bleiben und Teil der Gesellschaft zu sein. Die Dosierung kann jedoch entscheidend sein. Deshalb: Achten Sie auf Ihr Nervensystem und lernen Sie, Ihre persönliche Toleranzgrenze zu respektieren. Indem Sie aktiv für Ihre mentale Gesundheit sorgen, stärken Sie Ihre Widerstandsfähigkeit. Bleiben Sie informiert, aber bleiben Sie auch bei sich.

Exit mobile version