Warum ist in Österreichs Supermärkten vieles teurer?

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Dass das gleiche Produkt in Österreich mehr kostet als in Deutschland, liegt nicht nur an der höheren Inflationsrate: Der heimische Lebensmittelhandel ist konzentriert und intransparent.

Eine Dose Gösser-Natur-Radler: im Rewe-Supermarkt Berlin für 0,99 Euro zu haben, im Billa-Markt in Leoben, auch dem Rewe-Konzern zugehörig, um 1,49 Euro. Es sind plakative Beispiele wie dieses, die österreichische Konsument:innen aktuell verärgern. Der Couchtisch von Ikea, die Pflegeprodukte von DM, vieles ist in Deutschland billiger als hierzulande. Die Arbeiterkammer machte im Juni einen Preisvergleich von Markenlebensmitteln: Demnach kostet ein Frischkäse-Produkt in Österreich um 152 Prozent mehr als in Deutschland. 

Intransparenz und Marktkonzentration

Wie kommt es dazu? Im Fall Gösser erklärte ein Rewe-Sprecher der Tageszeitung Standard, dass die deutsche Supermarktkette Rewe und die österreichische Kette Billa getrennte Unternehmen mit eigenem Einkauf seien und deshalb die Preise separat verhandeln. Außerdem sei der norddeutsche Markt ein ganz anderer als der österreichische.

Handelsvertreter verweisen außerdem auf die Kosten für Energie und Produktion, die in den vergangenen Jahren gestiegen sind; Österreichs Inflationsrate liegt noch immer über der der Eurozone und Deutschlands. Als weiteren Grund für die Preisunterschiede sehen Wirtschaftsforscher:innen die hohe Supermarktdichte und die Menge an Rabattaktionen in Österreich. Bei letzterem Argument stimmt Wolfgang Richter, Geschäftsführer der Marktforschung RegioData Research, zu: „Es gibt bei uns viele Aktionen und Kundenbindungsprogramme, das sorgt für Intransparenz.” Man müsse deshalb die Preise über einen längeren Zeitraum vergleichen, um ein klareres Bild der Preisstruktur zu bekommen.

Kein Platz für kleine Player

Dass die Supermärkte so stark mit Rabattaktionen locken, führt der Handelsexperte auf die hohe Marktkonzentration in Österreich zurück: Die drei größten Player Spar-Gruppe, Rewe Austria und Hofer haben laut einer Regiodata-Auswertung gemeinsam einen Marktanteil von 84 Prozent, mit Lidl und M-Preis sind es 95 Prozent. Fünf Prozent gehören restlichen Marktteilnehmern, und Richter hält es für schwierig, dass sich diese Konzentration auflösen lässt: „Es gibt keinen Platz mehr für Expansion.“

Qualität vor Preis

Richter erklärt die Preisgestaltung auch mit dem unterschiedlichen Konsumverhalten: „In Deutschland sind die Konsument:innen extrem preisbewusst. In Österreich ist der Konsument qualitätsbewusster, da geht’s mehr um Regionalität und Bio.“ Zwar sei die Supermarktdichte hoch, aber da viele Filialen im ländlichen Raum liegen, sei hier der Betrieb teurer als in Städten.

Die Preisgestaltung des Lebensmittelhandels ist jedenfalls so intransparent, dass die Bundeswettbewerbsbehörde sie seit Oktober 2022 unter die Lupe nimmt. Das Ergebnis will die Behörde im Oktober präsentieren. Einige der Kernfragen: Wohin in der Wertschöpfungskette sind die Preissteigerungen bei Lebensmittel im Jahr 2022 überwiegend geflossen? Wie haben sich die wettbewerblichen Faktoren in den letzten Jahren in der Lebensmittelbranche, die Konzentration innerhalb einer breiten Auswahl an Produktkategorien und der Anteil von Eigenmarken in den Regalen des Lebensmitteleinzelhandels (LEH) entwickelt? Die BWB hat eigenen Angaben zufolge dafür 700 Handelsunternehmen und 1.500 Lieferanten befragt. 

Marktuntersuchung soll Klarheit schaffen

Der Handelsverband begrüßt diese „faktenbasierte Branchenuntersuchung“ und bezeichnet die bisherigen Preisvergleiche in einer Aussendung als unseriös: „Es ist schließlich völlig klar, dass es immer wieder Produkte geben kann, die im Ausland temporär billiger oder teurer sind als bei uns – insbesondere, wenn es sich um Aktionspreise handelt.“ Dass die Österreicher:innen angesichts der Teuerung weniger einkaufen, zeigt sich in aktuellen Zahlen: Die Umsätze im Lebensmitteleinzelhandel gingen im zweiten Quartal um 1,6 Prozent gegenüber dem Vorjahreszeitraum zurück. „Krisengewinner sucht man im österreichischen Handel vergeblich, fündig wird man hingegen bei den Energiekonzernen und globalen Nahrungsmittelproduzenten“, kommentiert Rainer Will, Geschäftsführer des Handelsverbandes.

Strengeres Kartellrecht wäre nötig

Die Ergebnisse der Wettbewerbsbehörde werden wahrscheinlich einen klareren Überblick über Österreichs Lebensmittelhandel bringen, viel dürfte sich danach jedenfalls nicht ändern. Der Handelsspielraum der BWB ist nämlich begrenzt, wie sie selbst erklärt: „Maßnahmen zur Behebung der Wettbewerbsprobleme kann die BWB empfehlen, aber weder sie noch das Kartellgericht können solche derzeit anordnen.“ Dafür bräuchte es ein strengeres Kartellrecht in Österreich.


Elisabeth Oberndorfer schreibt jeden Dienstag eine Kolumne zum Thema Ökonomie. Alle Texte findet ihr auch in ihrem Autor:innenprofil.

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