Nach der zweiten Slalom-Enttäuschung in Folge überschlagen sich die Spekulationen um Marcel Hirscher (35). Der Comeback-Star selbst ließ mit Aussagen, wie er habe “schon daran gedacht” aufzugeben, aufhorchen. Lesen Sie, was dahinter steckt.
23 Sekunden hatte Hirschers Slalom-Auftritt in Gurgl gedauert, beim 22. Tor war Endstation. “So bin ich fehl am Platz”, meinte ein ratloser Hirscher in seiner ersten Analyse. Dabei hätten die ersten Tore “ganz gut” funktioniert. “Aber wenn’s eisig wird, bin ich Passagier.” Derart vereiste Pisten hatte es vor Hirschers Rücktritt 2019 kaum gegeben. Dass in Gurgl nach dem Damen-Slalom zusätzlich vereist wurde, brachte auch Hirschers Van-Deer-Kollegen Henrik Kristoffersen (der Gesamtweltcup-Leader musste sich mit Platz 6 begnügen) in Rage: “Es ist eine Schande, was sie gemacht haben. Die Piste beim Frauenrennen war perfekt, dann wassern sie für die Männer und machen es so kaputt.”
“Vielleicht schaff ich es auch nicht mehr”
Denkt Hirscher, wie der Schweizer “Blick” spekuliert, wirklich daran, “nach dem Gurgl-Frust hinzuwerfen”? Auslöser für die Spekulationen war ein Zitat aus dem Zielraum, wonach Marcel bereits “darüber nachgedacht” habe. Wie oe24 aus Van-Deer-Kreisen in Erfahrung brachte, ist das kein Thema. Aussagen wie „Vielleicht ändert es sich wieder oder vielleicht schaff ich es auch nicht mehr” auf Ö3 solle man nicht überbewerten.
Fakt ist: Nach dem Slalom-Doppel in Levi und Gurgl (zwei Rennen innerhalb einer Woche) hat Tüftler Hirscher Zeit, sein Renn-Setup zu finden. Hirscher: “Die drei Wochen, die jetzt kommen sind sehr wichtig. Jetzt heißt es zusammenhalten und schauen, wie wir schneller werden.”
Neuer Anlauf 14./15. Dezember in Val d’Isère
Heißt: Hirscher will den nächsten Riesentorlauf in Beaver Creek am 8. Dezember auslassen und danach in Val d’Isère, wo er 2009 seinen ersten RTL- und 2010 seinen ersten Slalom-Sieg gefeiert hatte, einen neuen Anlauf nehmen.
Im ORF-Interview bei Sport am Sonntag erklärte Hirscher sein Projekt noch einmal: “Es ist wie ein Start-up. Wir brauchen jetzt schon ein bissl Zeit, bis wir mehr Trefferquoten landen können. Aber das ist völlig normal, es war früher oder später vorauszusehen, dass wir daneben liegen.” Henrik Kristoffersen, der erste Van-Deer-Siegrennläufer, habe “ein Bücherl, in dem schon relativ viel drinnen steht. Unser Blatt ist noch relativ leer.” Früher, verrät Hirscher, “hatten wir eine ganze Bibel”, aus der man Set-up-Erkenntnisse aus der Vergangenheit nehmen konnte.
Die rennfreien Wochen benötigt 35-jährige Comeback-Star auch zum Athletik-Training: “Körperlich und mental ist es sehr fordernd, die Intensität und das Tempo als Profi zu halten.”
Weiterhin Slalom und Riesentorlauf
Dass der sechsfache Slalom-Weltcupsieger, wie in der ORF-Live-Übertragung am Sonntag vor sensationellen 683.000 Zuschauern im 1. Durchgang spekuliert wurde, den Slalom “bald bleiben lassen könnte” ist offenbar kein Thema. Hirscher will weiterhin “definitiv beides” fahren, also Riesentorlauf UND Slalom: “Mir macht es so Spaß, dass ich beides fahren kann. Irgendwie befruchten sich die Disziplinen gegenseitig. Rückschlüsse aus dem Slalom können wir in den Riesentorlauf mitnehmen und umgekehrt.”
In Sport am Sonntag erklärte Hirscher auch noch einmal, warum er sich das Comeback mit 35 überhaupt antut: “Aus Freude am Skifahren. Ich hab gemerkt: Das Zuschauen war für mich nicht das Wahre. Dann bin ich ein paarmal mitgefahren und mir war gleich klar: Nur aus dem Stehgreif heraus mitfahren, das funktioniert auch nicht.”