Ein florierender Online-Marktplatz für gestohlene Daten wurde jetzt mit einem (großen) Schlag dicht gemacht – einer von zwei Drahtziehern befindet sich vorläufig in Österreich in U-Haft.
Wien. Polizisten in ganz Europa sind am Mittwoch gegen organisierten Cyberbetrug vorgegangen. Für einen von zwei Hauptverdächtigen klickten in Wien die Handschellen. Mehr als 50 Server wurden beschlagnahmt und 200 Terabyte an digitalen Beweisen gesichert, berichtete die europäische Polizeibehörde am Donnerstag. Europol sprach von der “Zerschlagung eines ausgeklügelten kriminellen Netzwerks”.
In Deutschland und in Wien fanden Durchsuchungen statt, weiters wurde in Deutschland, Finnland, den Niederlanden und Norwegen die mit einem Marktplatz und Fake-Shops verbundene Infrastruktur abgebaut. Als Hauptverdächtige gelten ein 27-Jähriger und ein 37-Jähriger. Sie wurden “in Deutschland bzw. Österreich aufgrund eines Europäischen Haftbefehls festgenommen und befinden sich derzeit in Untersuchungshaft”. Wer wer ist bzw. wer von den beiden wo verhaftet wurde – der jüngere oder der ältere – wird nicht verraten bzw. ist niemand dafür zuständig, von Seiten der StA Wien heißt es nur: “Fragen Sie in Deutschland”.
Ganz wichtig aber ist für unsere Behörden: Die Festnahme bei uns erfolgte in Rechtshilfe für die ermittlungsführende deutsche Polizei. Beim Zugriff in der Bundeshauptstadt waren das Bundeskriminalamt (BK), das Landeskriminalamt sowie die Einsatzgruppe zur Bekämpfung der Straßenkriminalität (EGS) sowie ein Europol-Beamter und zwei Kollegen von der Polizei in Hannover im Einsatz.
Online-Marktplatz dichtgemacht
Die Ermittlungen waren im Herbst 2022 durch Berichte über betrügerische Telefonanrufe angestoßen worden. Dabei gaben sich Betrüger als Bankangestellte aus, um sensible Informationen wie Adressen und Sicherheitsantworten von den Opfern zu erhalten. Diese gestohlenen Daten wurden zu einem spezialisierten Online-Marktplatz zurückverfolgt, der als Drehscheibe für den Handel mit illegal erlangten Informationen fungierte.
Der Marktplatz erlaubte seinen Tausenden von Nutzern, gestohlene Daten zu kaufen, sortiert nach Region und Kontostand. “Diese Anpassung ermöglichte es Kriminellen, gezielte Betrügereien effizienter durchzuführen”, analysierten die Fachleute von Europol.
“Mit dieser perfiden Strategie maximierten die Betreiber ihre Einnahmen und schufen ein System, das anderen Kriminellen den Zugriff auf maßgeschneiderte Datenpakete erleichterte”, hieß es bei der Polizeidirektion Hannover. Durch den Verkauf und die Weiterverwendung der Onlinebanking- bzw. Kreditkartendaten sei bei bisher rund 57 Geschädigten ein Gesamtschaden von über 250.000 Euro entstanden.
Die Ermittler deckten auch ein Netzwerk von gefälschten Online-Shops auf, mit denen Kundinnen und Kunden zur Eingabe von Zahlungsinformationen verleitet wurden (“Phishing”). Die gestohlenen Anmeldeinformationen wurden ebenfalls über den Marktplatz verkauft. Laut den Ermittlern in Hannover wurden über die täuschend echten Online-Plattformen rund 63.000 Datensätze erbeutet.