Neue Studie von S+M gibt Einblick in handelstechnische Verfassung der Citys in Österreich. Mödling und Wels mit geringstem Leerstand. Steyr, Wiener Neustadt und Leoben als Sorgenkinder.oe24 zeigt das Ranking.

Der Handelsverband und Standort + Markt haben am Mittwoch die neueste Ausgabe des “City Retail Health Check” vorgestellt.

Die jährliche Analyse innerstädtischer Geschäftsflächen zeigt für 2024 eine paradoxe Entwicklung: Während die Gesamtverkaufsfläche leicht ansteigt, kämpfen viele Handelszonen mit einem steigenden Leerstand.

Ranking zu 20 größten Städten Österreichs 

Seit 2013 erfasst Standort + Markt in den 20 größten Städten Österreichs sämtliche Shopflächen.

Durch die Analyse von 24 Geschäftsbereichen (Einkaufsstraßen) plus 16 ausgewählten Kleinstädten mit insgesamt 13.300 Shops auf einer Fläche von rund 2 Mio. Quadratmetern liegt eine sehr hohe Transparenz zum Shopflächengeschehen in Österreich vor. 

Vio Plaza sorgt für Plus

Die Shopflächen in den 20 größten Städten Österreichs zeigen im Vergleich zum Vorjahr ein minimales Wachstum von +0,26%. Doch dieses Plus ist nahezu ausschließlich auf die Eröffnung der Wiener Shopping Mall Vio Plaza (+10.600 m²) zurückzuführen. Ohne diese Expansion wäre die Verkaufsfläche 2024 erneut um -0,37% gesunken.

“Besorgniserregend ist, dass sieben von zehn Innenstadtbereichen in den größeren Städten weiter an Verkaufsfläche verloren haben. In den heimischen Kleinstädten zeigt sich sogar ein noch deutlicherer Rückgang, hier mussten 13 von 16 Innenstadtbereichen Flächeneinbußen hinnehmen”, fasst Rainer Will, Geschäftsführer des überparteilichen Handelsverbandes, zusammen.

Verkaufsflächenranking: Wiener Mariahilfer Straße bleibt an der Spitze

1. Wien, Mariahilfer Straße (211.800m2)
2. Wien, City (210.500m2)
3. Graz (169.100m2)
4. Linz (141.500m2)
5. Innsbruck (114.100m2)
6. Klagenfurt (92.100m2)

Leerstand steigt massiv, besonders in Kleinstädten

Die Leerstandsquote in den 24 größten Innenstadtbereichen ist auf 5,5% gestiegen (Vorjahr: 4,9%). Noch dramatischer ist die Situation in den Kleinstädten, wo der Leerstand bereits 15,6% erreicht hat. Besonders betroffen sind hier Hartberg, Knittelfeld, Bruck an der Mur, Bruck an der Leitha, Horn, Liezen und Hollabrunn mit Leerstandsquoten von über 20%.

“Der Flächenanteil der Einzelhändler in den österreichischen Citys ist seit 2014 von 72,8% auf 65,5% geschrumpft. Beim Leerstand haben wir 2024 den höchsten Anstieg seit Beginn unserer Studie verzeichnet. Der Einzelhandel leidet unter der Konkurrenz des eCommerce, der insbesondere in cityrelevanten Branchen zwischenzeitlich einen erheblichen Anteil am Konsum ausmacht, und dieser Trend könnte in den kommenden Jahren noch zunehmen”, sagt Studienautor Hannes Lindner, Geschäftsführer der Beratungsgesellschaft Standort+Markt.

Österreichs Citys (Primär- und Sekundärstädte) mit niedrigen Leerstandsquoten:

1. Mödling (1,8%)
2. Wels (2,7%)
3. Wien, Landstraßer Hauptstraße (2,9%)
4. Linz (3,0%)
5. Salzburg (3,1%)
6. Feldkirch (3,5%)
7. Bregenz (4,4%)
8. Wien, Favoritenstraßen (4,6%)
9. St. Pölten (4,7%)
10. Wien, Meidlinger Hauptstraße (4,8%)
11. Dornbirn (4,8%)

Österreichs Citys (Primär- und Sekundärstädte) mit hohen Leerstandsquoten:

1. Steyr (17,4%)
2. Wiener Neustadt (14,4%)
3. Leoben (11,8%)
4. Eisenstadt (11,2%)

Mode- und Möbelhandel weiter im Sinkflug, Nahversorgung boomt

Die Angebotsstruktur der Innenstädte verändert sich rasant. In den letzten zehn Jahren hat der Modehandel in den Primär- und Sekundärstädten rund 123.000 m² Verkaufsfläche verloren (-20%). Der Flächenanteil des Fashion-Segments ist auf 26,2% gesunken, während die Nahversorgung kontinuierlich zulegt und bald die Hälfte der Modeflächen ausmachen könnte. Die Gastronomie zeigt wiederum erste Sättigungstendenzen, während Dienstleistungsangebote und Freizeitflächen (z.B. Barbershops, Casinos) an Bedeutung gewinnen.

“Der heimische Modehandel hat in den letzten 10 Jahren fast ein Fünftel seiner Verkaufsfläche verloren. Verantwortlich dafür sind einerseits der eCommerce-Boom und die Teuerungskrise, andererseits aber auch ausbleibende Reformen und die lähmende Bürokratie, die den stationären Handel in Österreich stärker belastet als in allen anderen EU-Ländern”, sagt Rainer Will. Mit der Schließung der Leiner-Häuser 2021 begann auch der Verkaufsflächenrückgang der Citys im Segment Wohnungseinrichtung. Zuvor lag der Flächenanteil noch bei stattlichen 8%, heute sind es nur mehr 5,3%.

Tourismus als Schutzfaktor gegen Leerstand

Die Erholung des Tourismus nach der COVID-19-Pandemie zeigte im Vorjahr deutlich positive Effekte auf die Handelslagen in den Tourismus-Hochburgen Salzburg, Innsbruck und Wien. Besonders die ländlichen Tourismusregionen profitierten, Salzburg konnte seine Leerstandsquote beispielsweise im letzten Jahr um 2,9 Prozentpunkte senken. In der Bundeshauptstadt Wien ist zwar der Leerstand in der City leicht gestiegen, dies ist allerdings auf Filialschließungen großer Marken zurückzuführen.

Strategien für die Zukunft: Geordneter Rückzug und multifunktionale Stadtentwicklung

Angesichts des anhaltenden Strukturwandels braucht es gezielte Transformationsstrategien. Standort + Markt setzt auf das sog. “Nutzungsschichtenmodell”, das funktionale Defizite in den Innenstädten aufzeigt und gezielte Entwicklungsprojekte ermöglicht. Klar ist: Die Zukunft des stationären Handels hängt nicht mehr allein von Verkaufsflächen ab, sondern von der multifunktionalen Nutzung der City. Ohne ein nachhaltiges Konzept droht in vielen Regionen eine weitere Verschärfung der Leerstandsproblematik. “Shopflächen allein bestimmen nicht das Leben und die Frequenz der City, die Multifunktionalität der City kann einiges an Frequenz gut machen. City-Resilienz wird zukünftig durch City-Multifunktionalität definiert”, ist S+M-Experte Hannes Lindner überzeugt.

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