Rund 200 Stellen für Richter fehlen – gegen Einsparungen im Budget bei diesem wichtigen Posten gehen die Richter jetzt auf die Barrikaden.

Die Vereinigung der österreichischen Richterinnen und Richter will mit einer Unterschriftenaktion auf die Erfüllung ihres Planstellenbedarfs von 200 zusätzlichen Stellen aufmerksam machen.

„Verschließen nicht die Augen vor der Budgetkrise“ 

„Wir verschließen nicht die Augen vor der Budgetkrise“, betonte Richtervereinigungs-Präsident Gernot Kanduth. „Wir haben aber in den letzten zehn Jahren Schonkost verabreicht bekommen – jetzt ist der Zeitpunkt gekommen, wo man nicht mehr fasten kann.“

Die Forderung nach 200 zusätzlichen Stellen ergibt sich einerseits aus der Personalanforderungsrechung des Justizministeriums für Bezirks- und Landesgerichte. Vereinfacht gesagt wird dabei jeder typische Akt wie etwa ein Verkehrsunfall oder eine Scheidung mit einem Minutenwert versehen.

Mehr als 200 Richterstellen fehlen

Aus dem Gesamtwert des Anfalls ergibt sich dann ein Planstellenbedarf, der den tatsächlichen Stellen gegenübergestellt wird. Laut dieser Rechnung fehlten Anfang 2025 177 Stellen. Zählt man dazu noch jene 33 Stellen, die aufgrund von zuletzt beschlossenen neuen Gesetzen wie zum Verteidigerkostenersatz oder der Neuregelung der Handy-Sicherstellung dazukommen müssten, kommt man auf rund 200 fehlende Richterstellen. Da sind rund 15 Prozent der derzeit etwa 1.500 Planstellen an den Bezirks- und Landesgerichten.

Immer komplexere Verfahren

Dabei sei noch gar nicht berücksichtigt, dass seit Einführung der Anforderungsrechnung die Verfahren komplexer geworden sind, meinte Kanduth. Familienrechtliche Verfahren seien oft nur mit Dolmetsch bzw. unter Anwendung ausländischen Rechts durchzuführen. Auch die Anzahl der Verfahren sei in den letzten Jahren signifikant und anhaltend gestiegen: 2024 habe es etwa bei allgemeinen zivilgerichtlichen Streitsachen am Landesgericht bzw. im Arbeitsrecht ein Anfallsplus von zwölf bzw. 13 Prozent gegenüber dem Vorjahr gegeben, bei Strafsachen lag das Plus bei fünf Prozent.

200 zusätzliche Planstellen würden Kosten von rund 30 Mio. Euro verursachen, so Kanduth. Zum Vergleich: Für die Anhebung des Verteidigungskostenersatzes, den man voll und ganz begrüße, sind 70 Mio. Euro budgetiert.

Keine Lobby für Richter

„Die Lobby für Richterinnen und Richter ist verschwindend gering“, meinte Kanduth in diesem Zusammenhang. „Wir verkörpern zwar eine der drei Staatsgewalten.“ Manchmal fühle man sich aber fast am Gängelband der anderen beiden Gewalten. Mittlerweile seien viele Kollegen schon bei einer Auslastung von 120 Prozent angelangt. „Irgendwann werden die Verfahren länger werden.“ Das könne einerseits des Vertrauen in den Rechtsstaat erschüttern – andererseits sei eine funktionierende Justiz natürlich auch ein wirtschaftlicher Standortfaktor.

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