Das Streben nach Perfektion machte das Body Contouring zu einem beliebten Eingriff. Doch die Konturchirurgie ist umstritten, da das Kurvenformen hohe Risiken bergen kann. Der Talk.

Es geht nicht ums Gewicht! Diese Erkenntnis – sie ist noch nicht allzu alt – war DER Gamechanger in der plastischen und ästhetischen Medizin. Ob ein Körper als jung und attraktiv wahrgenommen wird, hängt nicht davon ab, wie dünn dieser ist, sondern maßgeblich von den Ausprägungen einzelner Körperpartien. Als begehrenswert gilt ein Reichtum an Formen, der sich in einer schmalen Taille, einem prallen Po, einem flachen Bauch und in harmonisch geformten Hüften ausdrückt. Kurzum: das Verhältnis muss passen.

Fettdepots im Bereich der Taille und Hüfte (der Schwimmreifen), an den inneren oder äußeren Oberschenkeln (Reiterhosen) oder im unteren Rückenbereich (Love Handles) können diese Harmonie der Kontur stören. Eine Silhouette kann dadurch älter, unsportlicher und weniger weiblich wirken. Wo zu viel ist, wird mittels moderner chirurgisch-ästhetischer Methoden Fett gewebeschonend (minimalinvasiv) und zumeist ambulant abgesaugt. Wo zu wenig ist, z. B. im Brust-und Gesäßbereich, wird Fett eingespritzt -genannt Lipofilling. Wie Bildhauer formen Plastische Chirurginnen und Chirurgen weiblichere (oder männlichere), symmetrische und harmonische Silhouetten.

Risiko Beauty-OP

Formgebende Eingriffe wie Fettabsaugung (Liposuktion), Lipofilling und Straffungen werden unter dem Begriff Body Contouring subsummiert. Konturchirurgische Eingriffe zählen zurzeit zu den häufigsten Beauty-Behandlungen – und zu den umstrittensten. Denn das Streben nach Perfektion gefährdet nicht selten Leib und Leben. Lipofilling im Gesäßbereich kostet etwa einer von 3.000 Patient:innen das Leben (Quelle: American Society of Plastic Surgeons). Angeboten wird es hierzulande trotzdem. Warum? Wie gefährlich der Eingriff ist und welche Möglichkeiten ein Contouring bietet, darüber spricht Dozent Dr. Johannes Matiasek, FA für Plastische, Rekonstruktive und Ästhetische Chirurgie, im Interview.

Fettdepots auflösen, Brust vergrößern, den Po anheben und eine harmonische Taille formen -das alles in zwei bis drei Stunden. Manche Patientinnen können wenige Stunden nach dem Eingriff bereits nach Hause gehen. Klingt zu schön, um wahr zu sein. Das Body Contouring wird aber auch scharf kritisiert. Was macht den Eingriff riskant?
Dozent Dr. Johannes Matiasek: Straffungen und Fettabsaugungen zählen im Allgemeinen zu den risikoarmen Eingriffen. Was ein Body Contouring allerdings zu einem Risiko werden lässt, ist eine Wiedereinbringung des Eigenfettes in bestimmte Teile des Gesäßes. Um beim sogenannten ,Brasilian Butt Lift’ großes Volumen erzeugen zu können, wird das Eigenfett direkt in den Muskel gespritzt. Die großen Muskeln im Gesäßbereich sind von sehr vielen großen Blutgefäßen durchzogen. Gelangt beim Einspritzen Fett in eines der Gefäße, kann es zu einer Verstopfung des Gefäßes, einer Fettembolie, kommen. Transportiert das Gefäß diesen Fettklumpen weiter bis zur Lunge oder zum Herzen, löst das eine lebensgefährliche Embolie aus -und an der kann eine Patientin versterben.

Trotzdem wird der Eingriff angeboten. Auch Sie haben ihn im Portfolio…
Doz. Matiasek:
Auch Lipofillings sind harmlose Eingriffe – aber nur, sofern man das Eigenfett in die richtigen Stellen injiziert. Das Risiko beim Brazilian Butt Lift lässt sich gänzlich reduzieren, indem man das Eigenfett statt in den Muskel in das vorhandene Fettgewebe spritzt und dieses vergrößert. Wenn man das beachtet, ist auch das Gesäßlifting ein risikoarmer Eingriff, wie z. B. die Vergrößerung der Brust mit Eigenfett. Jedoch sollten Patientinnen wissen: Mit dieser risikoarmen Einbringung von Fett in Fett lässt sich keine exzessive Volumenvergrößerung erreichen. Ich kann mit dieser Methode das Gesäß heben, etwas Volumen erzeugen und die Form optimieren. Dem Wunsch nach einem stark aufgepumpten Po kann man damit allerdings nicht nachkommen. Aber die Gefahr steht für mich auch nicht dafür.

Mehr Fett im Fett. Besteht die Gefahr für (mehr) Dellen im Gesäßbereich?
Doz. Matiasek:
Das Fett wird fächerförmig eingebracht, damit die Fettzellen im Gewebe auch die nötige Durchblutung bekommen und einwachsen können. Diese fächerförmige Einbringung in mehreren Schichten sorgt für eine gute Einheilung. Dellen muss man nicht befürchten.

Kann man glatte Konturen auch bei einer Fettabsaugung erwarten?
Doz. Matiasek:
Neue Methoden reduzieren nicht nur Volumen, sondern stimulieren auch körpereigene Reparaturvorgänge. Es gibt verschiedene bewährte Methoden. Ich verwende die Power Assisted Liposuktion mit einer vibrierenden Kanüle. Das hat den Vorteil, dass sich das Fettgewebe besser lockert und durch die Vibration das körpereigene Kollagen aktiviert wird. Diese Aktivierung sorgt für einen Straffungseffekt. Um eine Festigung zu verstärken, kommt nach der Fettabsaugung der BodyTite zum Einsatz. Dabei handelt es sich um eine Sonde, die schonend unter der Haut mit Radiofrequenz, also Hitze, für Straffung sorgt.

Einem risikoarmen Brazilian Butt Lift sind Grenzen gesetzt. Gibt es bei einem Body Contouring noch weitere Limitationen?
Doz. Matiasek:
Bei der Brustvergrößerung durch Eigenfett lässt sich aus Erfahrung etwa eine Körbchengröße erzielen. Wer mehr will, braucht Implantate. Bei Fettabsaugungen gilt: Die Gesamtmenge des abgesaugten Fettes (Anm.: die Litermenge) sollte nicht zehn Prozent des Körpergewichts in Kilogramm übersteigen. Ist mehr gewünscht, muss die Fettreduktion in mehreren Sitzungen erfolgen. Das ist v. a. bei der krankhaften Fettverteilungsstörung Lipödem wichtig. Das Lipödem zeigt sich durch Fetteinlagerungen im Bereich der Beine und Arme. Die belastenden Symptome lassen sich langfristig nur mit einer Fettabsaugung reduzieren.

Apropos Implantate. Wer zu wenig Eigenfett hat und das Gesäß stark vergrößern möchte, greift – zumindest im amerikanischen Raum – zu Po-Implantaten. In Österreich wird über diesen Eingriff eher selten gesprochen. Weil er ebenfalls Risiken birgt?
Doz. Matiasek:
Ich biete, genauso wie viele andere Kolleg:innen, diese Option nicht an, da Komplikationen sehr häufig sind. Das Gesäß ist eine druckbelastete Zone. Jeder Druck ist auf Dauer für ein Implantat schlecht. Es verkapselt in der Regel stark, kann wandern und verursacht häufig Beschwerden. Zudem ist die OP risikoreich, da ein Eingriff im Gesäß zu starken Blutungen führen kann. Das Implantat wird nämlich direkt in den Po-Muskel eingebracht, wo -wie erwähnt – sehr große Gefäße liegen.

Ein Body Contouring hingegen wird gerne salopp als schonende Behandlung beschrieben. Es ist jedoch ein chirurgischer Eingriff, von dem sich der Körper erst erholen muss. Schonungslos kommt man nicht davon, oder?
Doz. Matiasek:
Jeder chirurgische Eingriff, auch die minimalinvasiven, bergen gewisse Risiken – beim Body Contouring sind das v. a. Schwellungen und Blutergüsse – und stellen eine Belastung für den Körper dar. Auch wenn keine sichtbaren Spuren wie Narben zurückbleiben, ist die Ausfallszeit nicht zu unterschätzen. Sechs Wochen muss Kompressionswäsche getragen werden, um das Einwachsen der Fettzellen an den richtigen Stellen sicherzustellen. Sport ist in dieser Zeit tabu. Wenn Eigenfett ins Gesäß eingebracht wird, sollte man während der dreiwöchigen Einheilungsphase auf längeres Sitzen verzichten, um ein optimales Ergebnis zu unterstützen. Dieses ist, wenn alle Schwellungen zurückgegangen sind und sich das Gewebe gefestigt hat, nach drei bis sechs Monaten sichtbar. Man braucht also Geduld. Aber die kann man sich versüßen. Ein lustiger Fact: In der Zeit der Einheilungsphase, also in den ersten drei Wochen, wird empfohlen, viel Milchschokolade zu essen, da diese die Einheilung der Fettzellen unterstützen soll.

Das Body Contouring hat, wie Sie angesprochen haben, Limitationen. Wie viel “Mitspracherecht” hat die Patientin? Lassen sich realistische Wünsche eigentlich 1:1 umsetzen?
Doz. Matiasek:
Man bespricht im Rahmen eines Beratungsgesprächs mit der Patientin, dem Patienten Wünsche und klärt über die Möglichkeiten auf. Der Körper wird dann im Stehen angezeichnet. Im Anschluss lasse ich von einem 3D-Tool namens Vectra XT das Ergebnis für die Patient:innen simulieren. Das Tool assistiert mir auch im OP bei der Umsetzung -es ermöglicht möglichst präzises Arbeiten.

Wem würden Sie von einem chirurgischen Body Contouring abraten?
Doz. Matiasek:
Bei sehr schlanken Menschen macht ein Eingriff wie Lipofilling keinen Sinn. Sie haben zu wenig Fett. Weiters ist eine Fettabsaugung keine Methode zur Gewichtsreduktion bei starkem Übergewicht. Zudem sollten sich Menschen mit Grunderkrankungen solchen Eingriffen nicht unterziehen. Rauchen ist ein Risikofaktor. Es ist sinnvoll, zwei Wochen vor und nach einem Eingriff den Nikotinkonsum stark zu reduzieren. Generell gilt: Bei gesunden Frauen, die ihre Körperkontur verändern wollen, spricht nichts gegen einen solchen Eingriff.

Gibt es Menschen, denen Sie zu einem Eingriff raten würden?

Doz. Matiasek: Lipödempatientinnen mit Fettverteilungsstörungen an Armen und Beinen können von einer Fettabsaugung profitieren. Durch die Fettreduktion werden die Lymphbahnen entlastet, wodurch Beschwerden wie Schmerzen und Bewegungseinschränkungen reduziert werden können.

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