Kaum zu glauben, aber wahr: 80 Jahre nach der Befreiung vom Nationalsozialismus ist ausgerechnet in Adolf Hitlers Geburtsstadt noch immer ein Hitler-Günstling, fanatischer Nationalsozialist und Judenhasser Ehrenbürger. Auch eine Braunauer Straße trägt nach wie vor den Namen des „völkischen Tondichters“ Josef Reiter (1862 – 1939). Eine weitere Straße würdigt bis heute den „Humoristen“, SA-Obersturmführer und Linzer NS-Ratsherrn Franz Resl (1883 – 1954). Und eine Stiege ist nach dem Arzt, Gauheimatpfleger und Braunauer NS-Ratsherrn Eduard Kriechbaum (1887 – 1958) benannt.
OÖ Tourismus bewirbt die Kriechbaum-Stiege sogar aus Ausflugstipp.
Braunaus „braune Flecken“ werden schon lange diskutiert. Für deren Entfernung setzt sich der Schriftsteller Ludwig Laher („Herzfleischentartung“, „Bitter“), auch Obmann einer Gedenkinitiative im Bezirk Braunau, beharrlich ein. „Wer Judenhass und Herrenmenschenwahn verbreitet hat, ist als Ehrenbürger oder Namensgeber völlig untragbar“, stellt Laher fest.
Dieser Überzeugung sind auch das Mauthausen Komitee Österreich (MKÖ) und das OÖ. Netzwerk gegen Rassismus und Rechtsextremismus (Antifa-Netzwerk).
„Wir begrüßen, dass die Stadt Braunau die besagten Lebensläufe wissenschaftlich untersuchen hat lassen“, sagt MKÖ-Vorsitzender Willi Mernyi. „Der Bericht des Historikers Florian Schwanninger ist von hoher Qualität und bekräftigt unsere Forderung, die ‚braunen Flecken‘ endlich zu entfernen.“
„In einem Schreiben haben wir an Bürgermeister Johannes Waidbacher appelliert, rasch die Ehrenbürgerschaft Reiters aufzuheben sowie die beiden Straßen und die Stiege auf NS-Opfer oder Persönlichkeiten aus dem Widerstand umzubenennen“, ergänzt Robert Eiter, Sprecher des Antifa-Netzwerks.
Laher, Mernyi und Eiter schlagen dabei die Umbenennung auf Frauen vor, weil diese als Namensgeberinnen für öffentliche Flächen deutlich unterrepräsentiert sind.
„Aus der Braunauer Stadtpolitik hören wir, dass die Chancen für eine sinnvolle Lösung gut stehen“, ist Mernyi optimistisch.
„‘Braune Flecken‘ sind kein Schicksal“, betont Eiter. „Tatsächlich verpflichtet Artikel 9 des Staatsvertrages zu ihrer Entfernung.“