Die ÖVP beteuert, in den Koalitionsverhandlungen mit der EU-skeptischen FPÖ ihren Pro-Europa-Kurs durchsetzen zu wollen.

Donnerstagabend zog ÖVP-Chef Christian Stocker eine erste Bilanz der bisherigen Koalitionsverhandlungen mit FPÖ-Chef Herbert Kickl, mit jenem Kickl, den Stocker auch nach der Wahl noch als Sicherheitsrisiko bezeichnet hatte. Stocker gestern: “Ich glaube, dass der Schritt in der Situation, in der wir sind, notwendig war. Und ich sage dazu, ich hoffe, dass er richtig war. Weil, ob er richtig war, werde ich erst in der Zukunft wissen.”

Jetzt lobt Stocker FPÖ-Chef Herbert Kickl

Doch diesmal hat Stocker durchaus Lob für den Verhandlungsgegenüber auf Lager: “Aus meiner Sicht waren diese Gespräche bisher durchaus konstruktiv. Und ich nehme den Willen wahr, dass hier die FPÖ auf Augenhöhe diese Verhandlungen führen und auch erfolgreich beenden will.”

Noch gibt es keinen “Dealbreaker”

Allerdings: Verhandlungsergebnis sei noch keines da. Stocker wörtlich: “Hier gibt es noch keine Verhandlungsergebnisse, wo wir ein Gefühl dafür bekommen – wie sagen die Engländer und Amerikaner -, ist das ein Dealbreaker oder nicht.”

Pro-EU-Linie ist Stocker wichtig

Entscheidender Knackpunkt sei die Pro-EU-Linie – eine Haltung, die in der FPÖ bisher eher nicht zu finden war: “Es wird entscheidend sein, ob die FPÖ bereit ist, hier ein klares Bekenntnis zur Europäischen Union, in der Österreich ein konstruktiver Teil und Partner bleibt, abgeben wird und wir unsere Souveränität gegenüber jeglicher Einflussnahme aus dem Ausland schützen. Und auch, ob wir die Sicherheit sowohl im Inneren als auch im Äußeren, insbesondere die Landesverteidigung, weiter gewährleisten wollen.” Und letztlich gehe es auch um die Erhaltung der liberalen Demokratie – im Wahlkampf hatte ja FPÖ-Obmann Herbert Kickl angekündigt, eine illiberale Demokratie à la Viktor Orban anzustreben.

Stocker fordert Signal an Russland

Stocker kontert wörtlich: “Diese Grundlagen sind die notwendige Basis für die Bildung einer altfähigen neuen Bundesregierung.” Dazu gehöre auch die Pro-Ukraine-Haltung der Regierung: “Für uns ist klar, dass es hier die Solidarität in Europa weiter geben muss.” Und: Stocker tritt auch – gegen die FPÖ-Linie – für eine Teilnahme an der Skyshield-Initiative ein: “Für mich ist das auch eine wirtschaftliche Frage, wie günstig können wir mit einer gemeinsamen Beschaffung diese Anschaffungen auch halten, die sehr teuer sind und letztlich ist es auch ein Zeichen, dass wir unseren Luftraum schützen wollen.” Auch in Richtung Russland, fügt Stocker hinzu: “Es ist auch ein klares Zeichen an Russland, dass wir hier keine Lücke bieten wollen in diesem System.”

EU darf “kein bloßes Lippenbekenntnis” sein

Stocker wird auch gefragt, wie er dafür sorgen wird, dass ein künftiger Kanzler Kickl im EU-Rat eben diese Pro-EU-Linie vertreten wird. Seine Antwort: “Diese Fragen werden natürlich in den Verhandlungen eine Rolle spielen, sie können kein bloßes Lippenbekenntnis sein, sondern müssen sich natürlich auch im Regierungsprogramm entsprechend wiederfinden.” Und in den EU-Räten? Er habe da einen konkreten Vorschlag, den er Kickl unterbreiten wolle. “Ich gehe davon aus, dass die FPÖ, wenn wir zusammenfinden, sich daran hält, was wir ausmachen.”

Stocker fordert von der FPÖ Bewegung

Der ÖVP-Chef fordert von der FPÖ jedenfalls Bewegung in den Verhandlungen: “Jetzt verhandeln wir mit einer Partei, wo es notwendig sein wird, sich vom rechten Rand in die Mitte zu bewegen.” Er hoffe, “dass hier mehr Beweglichkeit besteht wie in der Vergangenheit auf der linken Seite.” Aber die FPÖ müssen sich auch bewegen.

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