Bei dem Overkill an einem Teenager ging es um Geld und Liebesentzug zwischen einem jungen bulgarischen Stricher und einem 45-Jährigen, der nach wie vor im Spital liegt, auf seinen Prozess wartet. Jetzt liegt die Anklage der Staatsanwaltschaft vor. Prozesstermin steht noch nicht fest.
Wien. Mit 50 Axthieben schlug der Finanzangestellte Ingo H. auf den erst 16-Jährigen Callboy ein. Die Wut auf „seinen“ Lover – dieser weigerte sich, an diesem Tag mit dem Angeklagten Sex zu haben – wurde immer größer.
Die Waffe hatte der 45-Jährige im Crystal-Meth-Rausch aus dem Keller geholt und war damit in der Nacht auf den 7. Oktober in seiner Wohnung im Favoritner Sonnwendviertel auf den Teenie (16) losgegangen. Das Opfer versuchte noch schützend seine Hände vors Gesicht zu halten, doch der Angreifer schlug, rasend vor Wut, auf den Bulgaren ein, selbst als dieser leblos am Boden lag.
Der junge Callboy starb an multiplen Hiebverletzungen, die mit einer Durchtrennung des Halsmarks sowie einer Eröffnung der linken Halsschlagader einhergingen, nach wenigen Minuten an Ort und Stelle an Verbluten.
Über Facebook kennengelernt
Das Motiv der äußerst brutalen Bluttat war vorerst noch unklar. Doch die Anklage, die oe24 vorliegt, enthüllt brisante neue Details. Grund für die Axt-Attacke dürften Liebesentzug sowie immer weitere Geldforderungen gewesen sein. Den Jungen hatte er über Bekannte im Homo-Milieu zuerst über Facebook kennengelernt. Von Beginn an war laut Anklage klar, dass es bei dem Kontakt um sexuelle Leistungen geht. Auch das junge Alter des Opfers war Ingo H. von Anfang an bewusst.
Nach mehreren Nachrichten reiste der 16-Jährige mit seinem Bruder(und Zuhälter) am 23. April des Vorjahres zum ersten Mal aus Bulgarien nach Wien, um Ingo H. kennenzulernen. Dabei kam es zu dem vereinbarten Sex. Bis zur Bluttat reisten die Brüder immer wieder für drei bis fünf Tage an, um dann in der Wohnung des Angeklagten zu bleiben. Ingo H. übernahm die Transportkosten und zahlte auch für den Geschlechtsverkehr.
Freier hat sich in Callboy verliebt
Im Laufe des Sommers soll sich der 45-jährige Finanzbeamte schließlich in seinen Callboy verliebt haben, zudem wollte er immer mehr Zeit mit dem 16-Jährigen verbringen – am liebsten ohne den Bruder des Opfers. Die beiden Bulgaren hingegen forderten immer mehr Geld, aber auch Geschenke wie das neue iPhone 15, was immer wieder zu Streit mit dem Freier führte.
Die Lage zwischen den Parteien spitzte sich bei seinem letzten Besuch, genau einen Tag vor der mörderischen Attacke, zu. Der 16-Jährige soll sich geweigert haben, Sex mit seinem späteren Killer zu haben. Er soll über Schmerzen geklagt haben und ließ sich über Stunden hinweg nicht davon überzeugen, doch noch Geschlechtsverkehr mit Ingo H. zu vollziehen. Obwohl ihm dieser laut Anklage immer mehr Gegenleistungen wie ein weiteres Apple-Smartphone anbot.
Zurechnungsfähig – Täter kann nur flüstern
Nur Stunden vor der Tat hielt Ingo H. auf einem Ordner am Computer schließlich fest, dass ihm das Wochenende im September 3.240 Euro gekostet habe. Und dass er wisse, dass das Opfer unter 18 Jahre alt sei. Der Bruder wäre der Zuhälter gewesen, der ihn erpresst und ausgenutzt habe. „Der Druck ist einfach zu viel für mich geworden“, schrieb er weiter. „Ich möchte mich bei allen entschuldigen – es tut mir so leid – bitte Gott vergib mir meine Sünden“.
In der Nacht auf den 7. Oktober, die beiden kamen gerade aus dem Prater, frustrierte Ingo H. die Unlust und Ablehnung des Teenies immer mehr. Der Junge wäre ihm noch einiges schuldig gewesen. Da das Opfer aber weiter standhaft blieb, holte der 45-Jährige kurz nach Mitternacht in seiner Rage die Axt.
Wie berichtet ist der Mandant von Promi-Anwältin Astrid Wagner trotz des massiven Drogenkonsums von einem Gutachter für zurechnungsfähig erklärt worden. In Haft beging er einen Suizidversuch mit schlimmen Langzeitfolgen: Ingo H. überlebte, fügte sich aber so schwere Verletzungen am Hals und an den Stimmbändern zu, dass er kaum noch eine Stimme hat. Er ist nach wie vor in Spitalsbehandlung. Es gilt weiterhin die Unschuldsvermutung.