Der Deutsche Bundestag soll am Freitagvormittag über einen weiteren Vorschlag der CDU/CSU zu Verschärfungen in der Migrationspolitik beraten. Anders als bei den Anträgen am Mittwoch geht es in diesem Fall um ein Gesetz, das rechtlich bindend wäre. Unmittelbar vor der Entscheidung wurde die Sitzung unterbrochen. FDP und SPD wollen eine Abstimmung mit Stimmen der rechtspopulistischen AfD abwenden.

Die FDP hat für die überraschende Wende gesorgt: FDP-Fraktionschef Christian Dürr kündigte nach einer Fraktionssondersitzung an, dass die Liberalen beantragen werden, den Gesetzesentwurf zurück in den Innenausschuss zu überweisen. Damit würde eine Verabschiedung mit den Stimmen der AfD vermieden, die als Tabubruch in der Bundestagsgeschichte bezeichnet worden war.

Neuerliche Beratungen in CDU/CSU

SPD-Fraktionschef Rolf Mützenich kündigte daraufhin an, dass seine Fraktion diese Rücküberweisung in den Ausschuss mittragen würde. Nun kommt es auf das Verhalten der Grünen oder der Union an. Stimmen diese ebenfalls zu, würde die Abstimmung abgesetzt. Die Bundestagssitzung wurde auf Antrag der Unionsfraktion für eine halbe Stunde unterbrochen. Die Abgeordneten von CDU und CSU wollen sich in dieser Zeit erneut beraten und auch mit FDP und SPD sprechen.

Zuvor hatte Oppositionsführer Friedrich Merz die CDU/CSU-Abgeordneten auf harte Auseinandersetzungen im Wahlkampf eingestimmt. “Wir müssen diesen Sturm jetzt aushalten. Das haben wir schon öfters erlebt”, sagte der CDU-Vorsitzende nach Informationen aus Teilnehmerkreisen in der Früh in einer Sondersitzung der CDU/CSU-Bundestagsfraktion in Berlin. Erneut lehnte er eine Zusammenarbeit mit der AfD auch nach der Bundestagswahl entschieden ab. Merz habe außerdem gesagt, die Einschätzung, dass die Abstimmung über Unions-Anträge mit AfD-Stimmen eine Zusammenarbeit mit der AfD sei, sei “an den Haaren herbeigezogen”.

Scholz verweist auf Österreich

Deutschlands Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) dagegen warnt vor einer Koalition der Union mit der AfD. Auf die Frage, wann er dies für denkbar halte, sagt der Sozialdemokrat in einem “Zeit”-Podcast: “Im Oktober zum Beispiel”. Scholz verwies auf die Entwicklung in Österreich, wo die ÖVP nach den gescheiterten Verhandlungen mit SPÖ und Neos, nun an einer Koalition mit der FPÖ bastelt. “Alle haben gesagt, sie würden nicht mit der FPÖ koalieren. Und dann kommt jetzt eben doch möglicherweise eine Koalition mit denen und sogar ein FPÖ-Kanzler”, sagte Scholz. Er spricht von möglichen “Pro-forma-Gesprächen” der Union mit anderen Parteien nach der Wahl.

Der Grünen-Kanzlerkandidat Robert Habeck sprach Angriffe auf CDU-Kreisgeschäftsstellen in Form von Farbattacken und anderen Sachbeschädigungen an, die sich nach der Mehrheit für den Antrag der Unionsfraktion im Bundestag mit AfD-Stimmen im Asyl-Streit vom Mittwoch ereignet hatten. “Protest ist legitim. Aber jede Form von Drohungen und Gewalt verurteile ich scharf”, schrieb der Wirtschaftsminister auf der Online-Plattform X. “Dass Friedrich Merz sein Wort gebrochen hat und seine Union mit Rechtsextremisten paktiert, ist ein Bruch in unserer demokratischen Kultur”, fügte er hinzu.

Zustrombegrenzungsgesetz im Bundestag

Kern des sogenannten Zustrombegrenzungsgesetzes ist die Aussetzung des Familiennachzugs zu Geflüchteten mit eingeschränktem Schutzstatus. Das sind häufig Kriegsflüchtlinge, zum Beispiel aus Syrien. Außerdem sollen die Befugnisse der Bundespolizei erweitert werden. Sie soll künftig, wenn sie in ihrem Zuständigkeitsbereich – also etwa an Bahnhöfen – Ausreisepflichtige antrifft, selbst für eine Abschiebung sorgen können. Für die Abstimmung im Bundestag haben die AfD, die liberale FDP und das linkspopulistische Bündnis Sahra Wagenknecht (BSW) Zustimmung signalisiert. Auch der Bundesrat müsste zustimmen.

Neben dem Thema Migration stehen am Freitag auch zwei zentrale Gesetze aus dem Bereich Familienpolitik zur Abstimmung. Der Bundestag entscheidet am Nachmittag über ein Gesetz, das die Aufarbeitung von sexuellem Missbrauch von Kindern und Jugendlichen verbessern und die Stellung der Missbrauchsbeauftragten des Bundes aufwerten soll.

Daneben geht es um das sogenannte Gewalthilfegesetz, das helfen soll, Frauen künftig besser vor Gewalt zu schützen. Es sieht für Frauen und betroffene Kinder ab 2032 einen kostenlosen Rechtsanspruch auf Schutz und Beratung vor. Beides wollen SPD und Grüne gemeinsam mit der Union beschließen.

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