Der Angeklagte hatte das Opfer im Schlaf angegriffen.
Ein 26-Jähriger ist Donnerstagmittag am Wiener Landesgericht wegen Begehung einer Straftat im Zustand der vollen Berauschung (§ 287 StGB) zu zweieinhalb Jahren unbedingter Haft verurteilt und aufgrund einer ihm inne wohnenden schweren Persönlichkeitsstörung, die ihn einem psychiatrischen Gutachten zufolge gefährlich macht, in ein forensisch-therapeutisches Zentrum eingewiesen worden. Er hatte einen schlafenden 44 Jahre alten Bekannten mit einem Schwert attackiert.
Das Schwert-Opfer schilderte einem Schöffensenat unter dem Vorsitz von Andrea Philipp-Stürzer, was ihm in der Nacht auf den 23. Juli 2024 in seiner Wohnung in Wien-Favoriten widerfuhr. Nachdem er mit dem Angeklagten, mit dem er seit mehreren Jahren unregelmäßige sexuelle Kontakte hatte, ferngeschaut, ein Bier getrunken und sich danach hingelegt hatte, sei er um 3 Uhr von einem Geräusch aufgewacht: “Da ist er mit dem Schwert an meinem Bett gestanden.
Ich hab’ ihm gesagt, er soll das wieder hinhängen.” Bei der Waffe handelte es sich um einen Gegenstand, der bei einem Mittelalter-Fest erstanden worden war und den der 44-Jährige zu Dekorationszwecken in seinem Wohnzimmer an die Wand gehängt hatte. Der Angeklagte habe damit “sofort schnell und oft hingestochen”, skizzierte der Zeuge das weitere Geschehen. Er habe in schlaftrunkenem Zustand “damit überhaupt nicht gerechnet.”
“Habe gemerkt, dass der Stich durchgegangen ist”
“Du bist der Teufel! Ich habe schon viele Teufel getötet. Ich bin der Mahdi”, rief der aus dem Iran stammende 26-Jährige während des Angriffs. Nach traditioneller islamischer Glaubensauffassung handelt es sich dabei um einen Nachkommen des Propheten Mohammed, der in der Endzeit auftauchen und das Unrecht auf der Welt beseitigen wird. Als er um Hilfe rief, sei er gewürgt worden, berichtete der 44-Jährige. Dann habe sein Bekannter weiter zugestochen.
Die Klinge eröffnete den Brustkorb des Opfers, beschädigte die Lunge, auch am Oberbauch und unter der linken Achsel erlitt der Mann Stichverletzungen. “Ich habe gemerkt, dass der eine Stich durchgegangen ist. Ich habe bemerkt, wie die Luft rausgezischt ist”, erinnerte sich der Betroffene.
Schließlich sei es ihm gelungen, aus der Wohnung zu fliehen und im Stiegenhaus mit dem Handy den Polizeinotruf zu kontaktieren. Dann sei er zusammengesackt, verriet der 44-Jährige dem Senat. Wenig später war die Wega zur Stelle, Beamte der Sondereinheit nahmen den 26-Jährigen fest, als dieser im Badezimmer die blutverschmierte Klinge des Schwerts abwischte. Rasche notfallmedizinische Hilfe rettete dem 44-Jährigen das Leben, der in akut lebensbedrohlichem Zustand in ein Spital gebracht wurde.
Nach zwei Notoperationen konnte er Anfang August das Krankenhaus verlassen. Inzwischen geht der Angestellte wieder seiner Arbeit nach, psychologische Hilfe nimmt er nicht in Anspruch. Auf die Frage, ob er gegen den Angeklagten Schadenersatz-Ansprüche geltend machen wolle, erwiderte der Mann trocken: “Wo nichts zu holen ist, hat auch der Kaiser sein Recht verloren.” Die Fassung verlor der Zeuge nur kurz, als er nach seiner Einvernahme vom Angeklagten gefragt wurde, ob er ihn umarmen dürfe. “Bitte nicht”, lehnte der 44-Jährige das entschieden ab.
Sachverständiger ortete “drogeninduzierte Psychose”
Der psychiatrische Sachverständige Siegfried Schranz führte die Schwert-Attacke auf eine massive Cannabis-Intoxikation zurück. Der Angeklagte habe sich in Folge dessen in einer “drogeninduzierten Psychose” befunden. Zurechnungsfähigkeit sei im Tatzeitpunkt aber gegeben gewesen, befand Schranz. “Wenn sich der Angeklagte nicht in einer derartigen Verfassung befunden hätte, wären wir wegen versuchten Mordes vor Geschworenen”, betonte die Staatsanwältin.
Der 26-Jährige war umfassend geständig und akzeptierte das Urteil, das bereits rechtskräftig ist. “Ich bin schuldig. Ich war total rauschig. Ich bin kein Mahdi, ich bin ein Psychopath”, sagte er. Er sei “ein kranker Mensch, bitte vergeben Sie mir.” Er lebe ohne Familie in Österreich, habe kaum Anschluss, “falsche Freunde” und habe deshalb begonnen, im Übermaß Cannabis und andere Suchtmittel zu konsumieren.
Allfällige Schwierigkeiten des Iraners mit seiner sexuellen Orientierung wurden in der Verhandlung nicht näher erörtert. Der Mann wurde Anfang Dezember von der Justizanstalt Josefstadt in die Klinik Hietzing verlegt, nachdem er im Gefängnis erzählt hatte, er habe Mozart und Michael Schuhmacher getroffen. Nach Einschätzung der Ärzte liegen beim 26-Jährige Hinweise auf eine mögliche paranoide Schizophrenie vor.