Medikamente könnten helfen, in den Arbeitsmarkt zurückzukehren. Aber Fachleute warnen vor Risiken, Nebenwirkungen und unklaren Langzeitfolgen. Der US-Pharmakonzern Eli Lilly jubelt über den Plan.

Im Kampf gegen Fettleibigkeit wirbt die britische Regierung dafür, dass sich übergewichtige Arbeitslose Abnehmmittel spritzen. Dies könnte Menschen helfen, in den Arbeitsmarkt zurückzukehren, sagte Premier Keir Starmer. Das würde sowohl der Wirtschaft helfen als auch den staatlichen Gesundheitsdienst NHS entlasten. Nach Angaben von Gesundheitsminister Wes Streeting kosten Krankheiten im Zusammenhang mit Fettleibigkeit den NHS jährlich elf Milliarden Pfund (13 Milliarden Euro).

Minister: “Belastung für unser Gesundheitswesen” 

“Unsere immer breiter werdenden Hosenbünde stellen auch eine erhebliche Belastung für unser Gesundheitswesen dar”, schrieb Streeting in der Zeitung “Telegraph”. “Die langfristigen Vorteile dieser Medikamente könnten für unseren Ansatz zur Bekämpfung von Fettleibigkeit von enormer Bedeutung sein.”

“Abnehmspritzen” haben Risiken und Nebenwirkungen 

Fachleute aber warnen, Medikamente seien kein schneller Ersatz für gesunde Ernährung und Bewegung. “Wir vertrauen darauf, dass Ärztinnen und Ärzte im Einzelfall entscheiden, ob sie einem Patienten oder einer Patientin ein rezeptpflichtiges Arzneimittel verordnen oder nicht”, teilte die Bundesvereinigung Deutscher Apothekerverbände mit. “Rezeptpflichtige Arzneimittel wie “Abnehmspritzen” haben Risiken und Nebenwirkungen, die nicht ausgeblendet werden dürfen.”

Dazu zählen Kopfschmerzen, Übelkeit, Durchfall und Erschöpfung.

Langzeitfolgen unklar

Was für Langzeitfolgen die Medikamente haben könnten, ist bisher unklar, weil die Mittel noch nicht lange genug im Einsatz sind. Auch kommt es beim Absetzen der Mittel beim überwiegenden Teil der Betroffenen wieder zu einer Gewichtszunahme – deswegen müssen sie nach derzeitigem Kenntnisstand langfristig über Jahrzehnte genommen werden.

US-Pharmakonzern Eli Lilly jubelt

Minister Streeting betonte, die Menschen müssten selbst Verantwortung für einen gesunden Lebensstil übernehmen. Dem Sender Sky News sagte er, die Mittel dürften nicht als kosmetische Medikamente für einen Instagram-tauglichen Körper missbraucht werden.

Der US-Pharmakonzern Eli Lilly kündigte Investitionen in Höhe von 279 Millionen Pfund in Großbritannien an. Die Summe ist auch für Praxistests zum Einfluss von Abnehmspritzen auf Arbeitslosigkeit und Auswirkungen auf die Inanspruchnahme von NHS-Diensten vorgesehen.

In Österreich fordert Fettleibigkeit circa 4.000 Menschenleben jährlich, das sind acht Prozent der Todesfälle hierzulande, hat eine in der Vorwoche präsentierte Analyse des Instituts für Höhere Studien (IHS) gezeigt. 1,9 Milliarden Euro und damit fast fünf Prozent aller Gesundheitsausgaben in Österreich fließen in die Behandlung von Adipositas und den Folgeerkrankungen. Hinzu kommen 480 Millionen Euro indirekte Kosten durch Ausfälle auf dem Arbeitsmarkt. Die Adipositas Allianz (ÖAA) aus mehreren Fachärztegesellschaften forderte von der Politik mehr Anstrengungen gegen die Krankheit, die nicht selbst verschuldet sei, wie betont wurde.

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