Edward Bergers eindrucksvoller Blick in den Mikrokosmos der kirchlichen Macht startet am 21. November in den heimischen Kinos
Der Papst ist unerwartet verstorben. Kardinal Lawrence ist mit der Aufgabe betraut, die Wahl des neuen Oberhauptes der Katholischen Kirche zu leiten. Doch als sich im Vatikan die Türen der Sixtinischen Kapelle zum Konklave schließen, beginnt zwischen den aus aller Welt angereisten Kardinälen ein bitterer Machtkampf voller Intrigen. Der spannende, bildstarke Vatikan-Thriller von Oscarpreisträger Edward Berger kommt am Donnerstag in die heimischen Kinos.
Ein Zuschauererfolg scheint vorprogrammiert, sorgte doch bereits der gleichnamige Bestsellerroman von “Vaterland”-Autor Robert Harris, auf dem Bergers Film basiert und an den er sich treu hält, 2016 für große Aufmerksamkeit und Begeisterung. Die konkurrierenden Kardinäle im Rennen um die Nachfolge des toten Papstes spiegeln die unterschiedlichen Positionen in der gegenwärtigen Kirchenpolitik wider, aber auch globale Machtinteressen innerhalb der Weltkirche. Während Millionen von Menschen darauf warten, dass weißer Rauch dem Schornstein der Kapelle entsteigt, versucht Kardinal Lawrence (Ralph Fiennes) die Intrigen und möglichen Gefahren für die Kirche aufzudecken, kommt dabei aber einem Geheimnis auf die Spur, das die Grundfeste seines Glaubens und der Kirche selber erschüttern könnte.
Der Stoff ist wie gemacht für einen Hollywoodblockbuster. Doch mit Dan Browns “Da Vinci Code”-Verfilmungen hat der Film des österreich-schweizerischen Regisseurs wenig zu tun. Berger, der im vergangenen Jahr mit “Im Westen nichts Neues” gleich vier Oscars gewann, verzichtet bewusst auf Hollywoodspektakel und utopisch apokalyptische Verschwörungstheorien. Abgesehen von einem Bombenattentat auf den Vatikan, verzichtet Berger auf spektakuläre Action. Meisterhaft entwickelt er die Dramatik aus der Konfrontation gegensätzlicher Charaktere und Ideen.
Sein Thriller glänzt mit eindrucksvollen Bildern, erstklassigen Schauspielleistungen von Ralph Fiennes, Stanley Tucci, John Lithgow und Isabella Rossellini sowie seiner subtilen Machart. Es ist ein ruhiger, aber gleichzeitig hochspannender, fesselnder Ensemblefilm, der mit feinem schwarzen Humor auch grundsätzliche kirchliche Streitpunkte wie das Zölibat, Homosexualität, den Umgang mit Geschiedenen, die Vertuschung sexuellen Missbrauchs oder die Stellung der Frau innerhalb der Kirche aufgreift.
Vor allem aber ist es ein feinfühliger Blick in den Mikrokosmos der kirchlichen Macht. Dabei handle “Konklave” eigentlich gar nicht von Religion. “Es ist vielmehr ein Film über Macht und Machtspiele hinter verschlossenen Türen. Das Thema hätte genauso gut in der Welt der Politik oder des Sports spielen können”, erklärte Regisseur Berger der APA im Herbst auf dem Internationalen Filmfestival im spanischen San Sebastian, wo “Konklave” Europapremiere feierte.
Im Kern handelt es sich tatsächlich um einen politischen Thriller voller Intrigen. Um menschliche Abgründe und Abgründiges. Ein Tauziehen zwischen Idealisten und Realpolitikern. Berger übertreibt und überspitzt vielleicht ein wenig bei der Darstellung des Machthungers der Kardinäle, denen es bei der Wahl des neuen Pontifex in keiner Weise um Glauben oder das Wohl der Christenheit geht. Sie werden auch nicht als vom realen Leben entfernte Seelsorger gezeigt. Edward Berger zeichnet virtuos moderne Machtpolitiker, die auf ihrem Handy spielen, Zigaretten rauchen und im Innenhof des Vatikans lieber mit Ihresgleichen zusammenstehen, als mit Kardinälen aus anderen Weltregionen, mit anderen Hautfarben oder anderen Ansichten.
Dennoch zeigt der fiktive Vatikan-Thriller ein durchaus realistisches Bild der heutigen Kirche und ihrer Vertreter. So kann man sogar gewisse Parallelen zwischen Bergers Figuren und den tatsächlich auf den Petrus-Stuhl schielenden Kardinälen erkennen, die sich im Oktober auf der Weltbischofssynode in Rom ins Rennen um die Nachfolge des gesundheitlich angeschlagenen Papst Franziskus brachten, der Mitte Dezember 88 Jahre alt wird. Etwas überzogen und utopisch erscheint jedoch das Ende. Es sei aber nur so viel verraten: “Konklave” endet mit einer großen Überraschung.