Arbeiterkammer-Präsidentin Renate Anderl sowie die dritte Nationalratspräsidentin Doris Bures zeigten sich am Sonntag optimistisch für ein “Bündnis der konstruktiven Kräfte”. Letztere betonte, kein Ministeramt anzustreben.
Kurz vor der für Montag erwarteten Einigung auf Koalitionsgespräche von ÖVP, SPÖ und NEOS haben sich zwei SPÖ-Politikerinnen zuversichtlich für diese Konstellation gezeigt. Arbeiterkammer-Präsidentin Renate Anderl sprach im ORF vom Blick auf das “gesamte Ganze”, die dritte Nationalratspräsidentin Doris Bures von einem “Bündnis der konstruktiven Kräfte”. Positiv äußerte sich via Social Media auch Parteichef Andreas Babler (SPÖ), ebenso wie Karl Nehammer (ÖVP).
Anderl konnte in der ORF-“Pressestunde” gute Ideen auf allen Seiten erkennen. Zwar gebe es mit den Grünen etwas mehr Anknüpfungspunkte mit den NEOS, meinte sie, doch auch mit diesen treffe man sich etwa in Bildungsfragen. “Am Schluss wird wichtig sein, wie schaut das Gesamtpaket aus”, betonte Anderl: “Alle sind gut beraten sich hinzusetzen und klar zu überlegen, was ist für das Land am wichtigsten.”
Budgetloch ist “erschreckend”
Jetzt über die Verteilung der Regierungsämter nachzudenken, wäre aus Sicht der AK-Präsidentin die falsche Diskussion. Die Arbeits- wieder von den Wirtschaftsagenden zu trennen, sei aber “ein Punkt, der uns am Herzen liegt”.
Das aktuelle Budgetloch bezeichnete Anderl als dramatisch: “Das ist erschreckend, wenn wir ehrlich sind.” Jetzt brauche es Maßnahmen, die nicht nur zu Lasten der Arbeitnehmer gingen. Sie blieb bei der altbekannten Forderung nach vermögensbezogenen Steuern, merkte aber an: “Das, sage ich gleich dazu, wird nicht das Budget sanieren.” Kritik übte sie an der erfolgten Senkung der Körperschaftssteuer für Unternehmen und Abschaffung der Kalten Progression ohne Gegenleistung. Es müsse auch investiert und die Beschäftigung gefördert werden, “dann kommt auch mehr Steuer in den Steuertopf”.
Auch auf Arbeitszeitreduktion pochte die AK-Präsidentin. Sie wolle eine “gesunde Vollzeit”, weg von der gesetzlichen 40-Stunden-Woche. In vielen Kollektivverträgen liege die Wochenarbeitszeit schon bei 38,5 Stunden, “aber Ziel muss sein mindestens 35”. Ihre Begründung: Nur so könne man garantieren, dass die Menschen bis zum Pensionsantritt gesund blieben.
Bures: “Ich krempel meine Ärmel hoch”
Bures, die für die SPÖ im Koalitionsverhandlungsteam sitzt, sprach im “Hohen Haus” des ORF von einem “Bündnis der konstruktiven Kräfte”. Es sei “wichtig für Österreich, dass wir eine Regierung haben, die das Miteinander in den Mittelpunkt stellt”. Sie sei der Auffassung, dass die Sozialdemokratie wieder in Gestaltungsfunktion kommen sollte. Sie selber strebe keine Regierungsfunktion an. “Ich möchte Parlamentarierin sein”, so Bures.
Bures konnte zwar kein “genaues Datum” nennen, wann es bei ÖVP, SPÖ und NEOS soweit sei, aber sie versprach: “Ich krempel meine Ärmel hoch und ich arbeite daran, dass wir so rasch wie möglich all den Menschen, die sich endlich eine stabile Regierung wünschen, die auch auf ihre Kinder und Zukunft schauen, dass sie diese auch bekommen” Die Österreicherinnen und Österreicher sollten möglichst “rasch” eine Regierung haben, die das “Miteinander in den Vordergrund stellt”.
Babler und Nehammer posteten indes beide ein Foto auf “X”, das die beiden im Gespräch mit NEOS-Chefin Beate Meinl-Reisinger zeigt. Es werde “kein weiter wie bisher” geben, versprachen beide vor der für Montagvormittag geplanten Sondierungsrunde, nach der allgemein ein Bekenntnis der drei zur Aufnahme von Koalitionsverhandlungen erwartet wird.
Das “irritierte” Bures am Orban-Besuch im Parlament
Bures erklärte außerdem, sie habe von dem Besuch des ungarischen Ministerpräsidenten Viktor Orban im Parlament auch erst aus den Medien erfahren. Er wurde vom Nationalratspräsidenten Walter Rosenkranz empfangen. Dabei seien Botschaften gesandt worden, “die nichts mit offenem Parlamentarismus zu tun haben”, meinte Bures. So wurde etwa die EU-Flaggen verräumt und nur FPÖ-Politiker waren bei dem Treffen geladen. Das habe sie auch “irritiert”.
Ob Bures Orban empfangen hätte? Laut Rosenkranz bat Orban ihn um ein Treffen. Gegenüber Bures hätte er “diesen Wunsch nicht geäußert”, vermutet die SPÖ-Politikerin.