Am Montag startete in Korneuburg ein spektakulärer Prozess gegen eine junge Konditorin, die ihren Freund, einen reichen Weinviertler Bauern (41) zweimal vergiften haben soll. Motiv: 3 Mio Euro. Die Staatsanwaltschaft beantragte auch die Unterbringung in einem forensisch-therapeutischen Zentrum.
NÖ. Der wahnwitzige Krimi vor den Toren Wiens – so beginnt die Bild-Zeitung ihren Bericht über den Prozess gegen Bernadette H. – gilt als Österreichs spektakulärster Prozess des Jahres. „Es ist ein Fall, dessen Ausmaß an Manipulation und Kaltblütigkeit fast schon einmalig ist“, sagte Staatsanwältin Gudrun Bischof. Denn die 32-Jährige vergiftete Andreas F. nicht nur zweimal, nachdem er sie offenbar wegen einer erfundenen Schwangerschaft ins Testament (3 Mio. Erbe) geschrieben hatte – sie schnitt ihm laut Anklage auch die Pulsadern auf, schob ihm einen inszenierten Mord-Anschlag auf sie selbst in die Schuhe.
Die Niederösterreicherin soll zunächst am 8. Juli 2022 ihrem damaligen Partner Methanol und psilocybinhaltige Pilze (Magic Mushrooms) in einem Getränk verabreicht haben. Der 42-Jährige wurde daraufhin fast blind und erlitt eine Methanolvergiftung. Der Tod sei nur durch eine intensivmedizinische Therapie mit Vornahme einer Blutwäsche verhindert worden, betonte die Staatsanwältin in ihrem Eröffnungsvortrag.
Die 32-Jährige berichtete bei ihrer Befragung durchaus ausschweifend. In Hinblick auf den 8. Juli 2022 skizzierte sie einen feuchtfröhlichen Partyabend. Danach folgten (ihren Angaben zufolge erfolgreiche) Sex-Experimente mit einem selbst angesetzten “Spezialgetränk” aus Schnaps, Cola, Bowle, Eis – und einem Teelöffel klein gehackter Mushrooms. Damit wollte sie seine Erektionsprobleme bekämpfen. Die Idee dazu ereilte sie angeblich über eine Netflix-Serie: “Er war vor mir nur mit Prostituierten zusammen, schaute Pornos und hatte ein etwas verzerrtes Bild von Beziehungen. Wir waren auf Ritterfesten und fischen, es war eigentlich sehr harmonisch.” Nur beim Sex haperte es bisweilen. Ihr Anwalt Sascha Flatz fasst sie angebliche Lösung des Problems wie folgt zusammen: „Er trank es, und es hat funktioniert mit dem Geschlechtsverkehr.“
Zu einem weiteren Mordversuch soll es in der Nacht auf den 3. November 2022 gekommen sein. Nach dem Verzehr von Muffins und Tabletten – verabreicht wurden dem Freund auf diese Weise größere Mengen der Medikamente Rohypnol und Sirdalud – wurde der 42-Jährige mit Schnittverletzungen am Unterarm ins Krankenhaus gebracht.
Die Angeklagte ortete einen Suizidversuch infolge des von ihr zuvor verkündeten Beziehungs-Aus. “Ich hatte um ihn Angst und vor ihm Angst in dieser Situation.” Tatsächlich soll sie selbst dem Mann die Wunden zugefügt haben, so der Vorwurf. Der Zustand des Opfers war jedenfalls abermals prekär. Nur durch rasche medizinische Versorgung und Nicht-Eröffnen der Unterarmschlagader dürfte es beim Mordversuch geblieben sein. Der 42-Jährige überlebte laut Staatsanwältin “neuerlich nur sehr knapp”. Als Motiv gilt, dass die Beschuldigte im Testament ihres Lebensgefährten als Alleinerbin eingesetzt war und bei seinem Tod ein Vermögen von rund drei Millionen Euro erhalten hätte.
Erhebungen gegen die 32-Jährige nahmen später ihren Lauf. Mitte Mai 2023 war die Angeklagte dann mit Bauchverletzungen ins Krankenhaus eingeliefert worden und hatte von einer Messerattacke ihres nunmehrigen Ex-Partners berichtet. Der Mann kam in U-Haft, wurde aber wieder auf freien Fuß gesetzt. Ein Ermittlungsverfahren gegen ihn wegen versuchten Mordes wurde eingestellt. Laut einem Gutachten hätte der 42-Jährige aufgrund seiner massiv beeinträchtigten Sehleistung nicht entsprechend agieren können. Auch weitere Angaben der Beschuldigten waren widersprüchlich. Umfangreiche Ermittlungen ergaben, dass die 32-Jährige den Mordversuch an ihr fingiert haben soll, sich Bauchstiche sowie weitere Verletzungen selbst zugefügt und Spuren präpariert haben dürfte. Die Frau wurde schließlich am 14. Juli des Vorjahres festgenommen.
“Das war komplett dumm und ich habe das in meiner Verzweiflung gemacht”, sagte die Niederösterreicherin zu der fingierten Messerattacke. Sie will bei Planung und Ausführung Unterstützung durch einen Bekannten gehabt haben. Ihrem 42-jährigen Ex-Partner habe man in Hinblick auf die laufenden Ermittlungen schwere Körperverletzung anhängen wollen: “In der Hoffnung, dass man mir dann wieder mehr glaubt.”
Persönlichkeitsstörung, aber zurechnungsfähig
Weiters wird der Angeklagten vorgeworfen, vor der Kriminalpolizei mehrfach selbst falsch ausgesagt sowie andere Personen – unter anderem auch noch aus der Haft heraus ihre minderjährige Tochter – dazu angestiftet zu haben, unrichtige Behauptungen zu tätigen. Zusätzlich wird ihr die Verleumdung mehrerer Personen angelastet, um ihre Taten zu verheimlichen. Der Bekannte der 32-Jährigen, der laut der Beschuldigten beim fingierten Messerangriff mitgewirkt haben soll, landete auf diese Weise ebenfalls vorübergehend in Untersuchungshaft. Zu den Vorwürfen der falschen Beweisaussage und der Verleumdung bekannte sich die Angeklagte in weiten Teilen schuldig.
Gänzlich anders verhält es sich mit den beiden angelasteten Mordversuchen. Diese stellt die 32-Jährige dezidiert in Abrede, wie auch Verteidiger Sascha Flatz in seinem Eröffnungsstatement ausführte. In beiden Fällen sei die Rettungskette von der Beschuldigten in Gang gesetzt worden. Zudem sei seine Mandantin in finanzieller Hinsicht in keiner Zwangslage gewesen, wodurch Geldnot als Motiv wegfalle. Die inszenierte Messerattacke an sich selbst sei jedoch eine “dumme Idee” sowie “eine Kurzschlussreaktion” gewesen, konstatierte der Jurist.
Die Niederösterreicherin leidet einem Gutachten zufolge an einer Persönlichkeitsstörung, ist aber zurechnungsfähig. Die Staatsanwaltschaft hat zusätzlich zu einer Strafe die Unterbringung in einem forensisch-therapeutischen Zentrum nach Paragraf 21 Absatz 2 Strafgesetzbuch beantragt. Der Prozess wird am (morgigen) Mittwoch und Donnerstag fortgesetzt. Weiterer Termin ist der 12. November, ein Urteil ist für 13. November geplant.