Nach dem Platzen der Verhandlungen zwischen FPÖ und ÖVP steht als mögliches Szenario eine Neuwahl im Raum.
Mit dem dafür vorgesehenen Prozedere und den damit verbundenen Fristen wäre ein Urnengang vor Juni aber nur schwer möglich. Neben einem Neuwahlbeschluss des Nationalrats muss nämlich die Wahl per Verordnung im Bundesgesetzblatt ausgeschrieben werden. Zwischen dem darin fixierten Stichtag und der Wahl müssen 82 Tage liegen.
Zuallererst braucht es aber für die Auflösung des Nationalrats einen Beschluss desselben mit einfacher Mehrheit. Grundlage dafür ist eine Gesetzesinitiative für ein Bundesgesetz, mit dem die Gesetzgebungsperiode vorzeitig beendet wird. Dieses muss vom Bundespräsidenten beurkundet, vom Bundeskanzler gegengezeichnet und anschließend im Bundesgesetzblatt kundgemacht werden. Das Inkrafttreten des Bundesgesetzes bildet die Grundlage für die Ausschreibung von Neuwahlen. Theoretisch kann der Nationalrat auch durch den Bundespräsidenten auf Vorschlag der Regierung aufgelöst werden, was in der Zweiten Republik jedoch noch nie vorgekommen ist.
Von Neuwahlbeschluss bis Wahl rund drei Monate
Zurück zum weiteren Prozedere: Nach dem Neuwahlbeschluss muss die Wahl von der Bundesregierung durch Verordnung im Bundesgesetzblatt ausgeschrieben werden. Diese muss den Wahltag enthalten, der von der Bundesregierung im Einvernehmen mit dem Hauptausschuss des Nationalrates festgelegt wird. Zudem muss die Verordnung den Stichtag enthalten, der am zweiundachtzigsten Tag vor dem Wahltag liegen muss. Von ihm aus beginnen diverse Fristen zu laufen, also etwa jene zur Bestellung der Sprengelwahlleiter, der Beisitzer und zur Konstituierung der Wahlbehörden. Aber auch diverse Voraussetzungen des Wahlrechts, der Wählbarkeit oder auch das Sammeln der Unterstützungserklärungen der kleineren Parteien bestimmen sich von ihm aus. Vom Neuwahlbeschluss bis zur Wahl dauert es also rund drei Monate.
Der Nationalrat kommt zu seiner nächsten geplanten Sitzung am 26. Februar zusammen. Freilich könnte davor eine Sondersitzung von 20 Abgeordneten oder allen Abgeordneten eines Klubs einberufen werden, sofern dieser nicht über 20 Abgeordnete verfügt. In diesem Fall muss der Nationalrat innerhalb von acht Werktagen zusammentreten. Theoretisch wäre dies also noch vor dem 26. Februar möglich.
Zahlreiche Schritte nötig
Jedenfalls muss der Neuwahlantrag in einer Sitzung eingebracht und dann dem Verfassungsausschuss zugewiesen, dort behandelt und im Plenum abgesegnet werden. Das geht sich an zwei Plenartagen aus; notfalls könnte mit einer Fristsetzung auch ein Ausschussbeschluss umgangen und der Antrag noch am Tag der Einbringung abgesegnet werden.
Hat dann der Nationalrat seine Auflösung beschlossen, muss der Ministerrat die Verordnung mit dem Wahltermin und dem Stichtag 82 Tage davor beschließen. Diese Verordnung muss auch die Bitte an den Hauptausschuss enthalten, den Termin zu bestätigen – und das Ersuchen an den Bundespräsidenten, diesen durch Kundmachung im Bundesgesetzblatt öffentlich zu machen.
Neuwahltermin vor Juni nur schwer möglich
Geht man davon aus, dass das parlamentarische Prozedere und die Kundmachung jedenfalls zwei bis drei Wochen in Anspruch nehmen, ist ein Neuwahltermin vor Juni nur schwer möglich. Für einen Urnengang am 25. Mai fiele der Stichtag auf den 4. März, was gemäß parlamentarischem Fristenlauf schon sehr ambitioniert wäre.
Etwas mehr Spielraum böten Wahltermine ab dem 1. Juni, gemäß Fristenlauf wäre der Stichtag für diesen Termin der 11. März. Nachteilig wäre, dass dieser Sonntag in ein langes Wochenende fällt, denn am Donnerstag, dem 29. Mai, ist Christi Himmelfahrt. Detto das darauffolgende Wochenende: Sonntag der 8. Juni ist Pfingstsonntag.
15. als Junitermin am attraktivsten
Als Wahltermin am attraktivsten erscheint im Juni Sonntag, der 15. Dieses Wochenende ist nämlich frei von Feiertagen. Der Stichtag bei dieser Variante fällt auf den 25. März. Das Wochenende danach folgt wiederum auf den Feiertag Fronleichnam (19. Juni 2025), und eine Woche später beginnen bereits die Sommerferien im Osten Österreichs.
Ein Wahltermin nach den Sommerferien im Herbst könnte daher eher im Interesse der Parteien liegen. Freilich müssten die Amtsgeschäfte bis dahin wohl von einer Expertenregierung geführt werden.