Sollten die Regierungsverhandlungen zwischen FPÖ und ÖVP scheitern, sind wohl Neuwahlen am wahrscheinlichsten.
Freilich wäre auch eine Koalition aus ÖVP und SPÖ möglich. Dagegen spricht einerseits, dass diese mit nur einem Mandat Überhang abgesichert wäre. Dass sich Schwarz und Rot wieder zusammenraufen, nachdem die Verhandlungen für eine Dreierkoalition gescheitert sind, wirkt derzeit aber unwahrscheinlich. Daran dürfte auch ein etwaiger dritter Partner nichts ändern.
Wiederaufnahme der schwarz-rot (-pinken) Verhandlungen
Zuletzt hatte Grünen-Chef Werner Kogler an ÖVP, SPÖ und NEOS appelliert, die Anfang des Jahres gescheiterten Verhandlungen wieder aufzunehmen, um eine Regierung mit FPÖ-Beteiligung zu verhindern. Lieber sei ihm zwar eine Regierung mit grüner Teilhabe, seine Partei dürfte aber auch andere Konstellationen, Schwarz-Rot mit oder ohne den NEOS, im Nationalrat unterstützen, etwa beim Budget. Die Parteichefs Andreas Babler (SPÖ) und Beate Meinl-Reisinger (NEOS) signalisierten unlängst auch vage Bereitschaft, die Gespräche wieder aufzunehmen. Derartige Avancen wischte die Volkspartei aber schnell wieder vom Tisch.
Neuwahlen wohl kaum vor Juni
Wahrscheinlicher wirkt da doch ein erneuter Urnengang. Mit diesem hätte auch FPÖ-Parteichef Herbert Kickl kein Problem, wie er nicht müde wird zu betonen. Immerhin liegt seine Partei in den Umfragen weit jenseits der 30 Prozent. Eine Wahl braucht aber natürlich etwas Vorlaufzeit. Neben einem Neuwahlbeschluss des Nationalrats muss nämlich die Wahl per Verordnung im Bundesgesetzblatt ausgeschrieben werden. Zwischen dem darin fixierten Stichtag und der Wahl müssen 82 Tage liegen.
Zuallererst braucht es aber für die Auflösung des Nationalrats einen Beschluss desselben mit einfacher Mehrheit. Theoretisch kann der Nationalrat auch durch den Bundespräsidenten auf Vorschlag der Regierung aufgelöst werden, was in der Zweiten Republik jedoch noch nie vorgekommen ist. Nach dem Neuwahlbeschluss muss die Wahl von der Bundesregierung durch Verordnung im Bundesgesetzblatt ausgeschrieben werden. Diese muss den Wahltag enthalten, der von der Bundesregierung im Einvernehmen mit dem Hauptausschuss des Nationalrates festgelegt wird. Zudem muss die Verordnung den Stichtag enthalten, der am zweiundachtzigsten Tag vor dem Wahltag liegen muss. Von ihm aus beginnen diverse Fristen zu laufen, also etwa jene zur Bestellung der Sprengelwahlleiter, der Beisitzer und zur Konstituierung der Wahlbehörden. Aber auch diverse Voraussetzungen des Wahlrechts, der Wählbarkeit oder auch das Sammeln der Unterstützungserklärungen der kleineren Parteien bestimmen sich von ihm aus.
Vom Neuwahlbeschluss bis zur Wahl dauert es also rund drei Monate. Der Nationalrat kommt am 26. Februar zu seiner nächsten geplanten Sitzung zusammen, freilich könnte aber bereits davor eine Sondersitzung einberufen werden. Geht man davon aus, dass das parlamentarische Prozedere und die Kundmachung jedenfalls zwei bis drei Wochen in Anspruch nimmt, ist ein Neuwahltermin vor Juni nur schwer möglich. Für einen Urnengang am 1. Juni fiele der Stichtag auf den 4. März. Für eine Wahl am Pfingst-Wochenende (8. Juni) würde der Stichtag auf den 11. März fallen.
Expertenregierung
Theoretisch könnte Bundespräsident Alexander Van der Bellen auch eine Expertenregierung einsetzen, wie er es nach dem Platzen von Türkis-Blau infolge der Ibiza-Affäre getan hatte. Wie jede andere Regierung bräuchte diese den Rückhalt im Nationalrat, um nicht per Misstrauensvotum wieder aus dem Amt zu fliegen. Politische Reformen lassen sich ohne stabile Mehrheit nur schwer umsetzen, eine Expertenregierung wäre deshalb auch nur als Übergangslösung vorstellbar.
Minderheitsregierung
Auch bestünde die Möglichkeit einer Minderheitsregierung, sprich einer Konstellation, bei der die regierenden Parteien weniger als die Hälfte der Nationalratsmandate besitzen. Diese ist aber äußerst unsicher, da zumindest Teile der Opposition Gesetzesbeschlüsse unterstützen müssten, bzw. die Regierung jederzeit von der Opposition abgesetzt werden könnte. Minderheitsregierungen haben in Österreich keine Tradition, auch Van der Bellen betont stets, wie wichtig eine “verlässliche Mehrheit” für eine Regierung sei.
(Redaktionelle Hinweise: GRAFIK 0220-25 88 x 107 mm)