Mehr als vier Monate sind seit der Nationalratswahl am 29. September vergangen und noch immer ist keine neue Regierung in Sicht. Nur einmal – vor 62 Jahren – dauerte es in der Zweiten Republik nach Nationalratswahlen länger, bis eine neue Regierung angelobt wurde. Sollte es nun nicht überraschend schnell gehen bei den blau-schwarzen Koalitionsverhandlungen und bis kommenden Mittwoch schon die neuen Ministerriege ihr Amt antreten, wird auch die bisherige Rekorddauer überboten.
Die bisher längste Regierungsbildung seit 1945 dauerte insgesamt 129 Tage: Nach der Wahl vom 18. November 1962 zogen sich die Verhandlungen zwischen ÖVP und SPÖ monatelang hin, bevor sich die beiden Parteien schließlich widerstrebend – ein letztes Mal vor der Phase der Alleinregierungen – auf eine Neuauflage der Großen Koalition einigten. Die Regierung unter Bundeskanzler Alfons Gorbach (ÖVP) wurde am 27. März 1963 von Bundespräsident Adolf Schärf ernannt.
Der laufenden Regierungsbildungsprozess steht mit dem heutigen Freitag bei Tag 124. Geknackt ist damit ab Mitternacht bereits der Rekord der bisher zweitlängsten Dauer. Vor 25 Jahren dauerte es insgesamt 124 Tage bevor die erste schwarz-blaue Koalition ins Amt kam. Die komplizierte Ausgangssituation nach der Wahl am 3. Oktober 1999 hat durchaus einige Parallelen zur aktuellen Lage aufzuweisen: Die stimmenstärkste SPÖ schloss eine Koalition mit der erstmals auf Platz zwei gelandeten FPÖ aus, die drittgereihte ÖVP wollte in Opposition gehen. Wochenlange Koalitionsverhandlungen zwischen SPÖ und ÖVP scheiterten, dann ging es ruckzuck. Nur zwei Wochen später wurde am 4. Februar die – parallel schon vorgebaute – erste schwarz-blaue Koalition unter ÖVP-Chef Wolfgang Schüssel angelobt.